Lexikon der Astronomie: Wurmlöcher
Wurmlöcher sind Systeme aus einem Schwarzen und einem Weißen Loch und sehr spekulativ. Nichtsdestotrotz erlaubt die Theorie die Existenz dieser Gebilde, die jedoch noch nie astronomisch beobachtet wurden. Das eine Ende des Wurmlochs, das Weiße Loch, sollte sehr auffällig in Erscheinung treten, weil aus ihm Materie und Strahlung austritt! Es handelt sich um eine sichtbare Singularität, die eigentlich nach dem Prinzip der Kosmischen Zensur (Roger Penrose) verboten ist. Insofern kollidieren die Objekte mit Theoremen, die die Allgemeine Relativitätstheorie (ART) vorsieht. Aus diesem Grund und auch in Ermangelung einer astronomischen Beobachtung, die ein Weißes Loch nahe legt, gelten Wurmlöcher eher als gedankliches Konstrukt.
schicker Name in Einsteins Theorie
In der ART heißen Wurmlöcher auch Einstein-Rosen-Brücke und können – falls sie verwandt sind mit der Schwarzschild-Geometrie – mit der Kruskal-Lösung dargestellt werden. Im Allgemeinen beschreiben Theoretiker Wurmlöcher mit dem Ansatz einer sphärisch symmetrischen, statischen Metrik (vergleiche Birkhoff-Theorem). Es ist allerdings nicht klar, wie sinnvoll dieser Zugang ist. Zunächst ist er nur durch seine Einfachheit motiviert.
Exot hält die Tür auf
Um den schmalen Raumzeit-Kanal (engl. throat) zwischen Schwarzem und Weißem Loch passieren zu können, ist eine Form 'exotischer Materie' erforderlich, die betrachtet von bestimmten Beobachtern eine negative Energiedichte aufweist (Morris & Thorne, 1988). Deshalb sind Wurmlöcher keine Vakuumraumzeiten, sondern bedingen einen nicht verschwindenden Energie-Impuls-Tensor, nämlich denjenigen der exotischen Materie. Exotische Materie verletzt die so genannte gemittelte Null-Energie-Bedingung (engl. averaged null energy condition, ANEC). Die Theorie zeigt, das es Wurmloch-Lösungen gibt, die nur eine minimale Menge exotischer Materie erfordern, um passierbar (z.B. für einen Menschen) zu sein (Visser et al., 2003). Möglicherweise bringen schon Quantenfelder (bisher nutzte man Skalarfelder) lokal diese Menge auf (Hochberg et al., 1997).
Topologisches
Die Topologien der Wurmlöcher können je nach Lösung sehr unterschiedlich sein. Verschiedene Raumzeiten (Minkowski-Metrik, Robertson-Walker-Metrik etc.) lassen sich 'ankoppeln'.
Bisher lassen sich Wurmlöcher zumindest als interessante Objekte ansehen, die man mit den Mitteln der ART und auch Quantentheorie studieren kann. Ob sie in der Natur existieren ist fragwürdig. Vor allem verwundert, dass man keinerlei kosmische Kandidaten beobachtet hat, die nur durch Wurmloch-Lösungen erklärt werden könnten.
Auswahl wissenschaftlicher Veröffentlichungen
- Hochberg et al., gr-qc/9701064
- Hochberg & Visser, gr-qc/9704082
- Visser & Hochberg, gr-qc/9710001
- Visser et al., gr-qc/0301003
- Kuhfittig, gr-qc/0401048
- Kardashev et al., astro-ph/0610441
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