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Lexikon der Biochemie: Antidepressiva

Antidepressiva, Medikamente mit stimulierender und antidepressiver Wirkung. Depressionen sind vermutlich auf ein neurochemisches Ungleichgewicht zweier oder dreier biogener Amine (Noradrenalin, Serotonin und wahrscheinlich Dopamin) im Gehirn zurückzuführen.
Zur Entstehung von Depressionen werden verschiedene Modelle diskutiert. Der Monoaminhypothese zufolge, ist die Depression auf einen Mangel an Noradrenalin und/oder Serotonin zurückzuführen. Bei erblicher Neigung zu Depressionen können auch die entsprechenden Rezeptoren vermindert funktionsfähig sein. Bestimmte Pharmaka mit antidepressiver Wirkung, wie z.B. das in den 1960er Jahren entwickelte Iproniazid, wirken als Hemmer der Monoamin-Oxidase (EC 1.4.3.4; MAO-Hemmer) und verzögern oder verhindern den Abbau der natürlichen Catecholamine (Adrenalin, Noradrenalin, Dopamin), die folglich in erhöhten Konzentrationen weiterbestehen. Für die antidepressive Wirkung der MAO-Hemmer ist vermutlich die Inhibierung der MAO-A in noradrenergen und serotonergen Nervenenden verantwortlich. Da gleichzeitig auch MAO-B in dopaminausschüttenden Neuronen inhibiert werden, kommt es zu Nebenwirkungen und starken, zum Teil lebensbedrohenden Wechselwirkungen mit adrenalinähnlichen Substanzen (in Nasensprays, Asthma- und Erkältungsmitteln und Cocain) und tyraminhaltigen Lebensmitteln (Käse, Rotwein). Bei neuentwickelten spezifisch auf MAO-A wirkenden A. (z.B. Moclobemid) treten keine starken Nebenwirkungen auf.
Ein zweites Modell (Rezeptordesensitivierungstheorie) führt den Noradrenalinmangel auf eine zu starke Rückaufnahme durch die präsynaptischen Nervenenden zurück, wodurch die postsynaptischen Rezeptoren hypersensitiviert werden. Durch Blockieren der Noradrenalinrückaufnahme mittels trizyklischer A. (TCA) stehen am Rezeptor ausreichende Transmittermengen zur Verfügung und die Empfindlichkeit der Rezeptoren normalisiert sich langsam. Zu den klassischen TCA zählen Imipramin und Amitriptylin, sowie deren metabolische Zwischenprodukte Desipramin und Nortriptylin (Abb.).
Ein drittes Modell (Serotoninhypothese), eine Abwandlung der Rezeptordesensitivierungstheorie, basiert auf der Beobachtung, dass die Hemmung der Serotoninrückaufnahme klinisch wirksamer ist als die Noradrenalinrückaufnahme. Der Serotonintransporter (653 Aminosäuren, vermutlich 12 bis 13 Transmembrandomänen) hat starke Ähnlichkeit mit GABA-, Dopamin- und Noradrenalintransportern. Seine Aktivität wird durch cAMP reguliert. Serotoninspezifische Rückaufnahmehemmer (serotonin-specific reuptake inhibitors, SSRI), sind z.B. Fluoxetin, Parotexin und Sertralin (Abb.).



Antidepressiva. Strukturen einiger antidepressiv wirkender Substanzen.

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