Lexikon der Biochemie: Biotinenzyme
Biotinenzyme, biotinabhängige Enzyme, die Carboxylierungsreaktionen katalysieren. Die Biotingruppe ist über eine Amidbindung an die ε-Aminogruppe eines spezifischen Lysinrests des Enzymproteins gebunden, d.h. die B. enthalten einen Biotinyllysylrest. Freies (+)-ε-N-Biotinyl-L-Lysin kommt in Hefeextrakt vor und wird als Biocytin bezeichnet. Während der Katalyse wird das N-Atom 1' des Biotinrests in einer ATP-abhängigen Reaktion carboxyliert:
ATP + HCO
+ Biotinyl-Enzym (I) → ADP + Pi + Carboxybiotinyl-Enzym (II).
Die Carboxylgruppe wird dann von Enzym (II) auf das Carboxylasesubstrat übertragen: (II) + Substrat → (I) + carboxyliertes Substrat (Abb.).
Carboxylierungsreaktionen findet man z.B. bei der Biosynthese der Fettsäuren, beim Abbau von Leucin und Isoleucin, sowie beim Abbau von Fettsäuren mit ungerader Anzahl an C-Atomen. Bei der Fettsäurebiosynthese katalysiert die Acetyl-CoA-Carboxylase (EC 6.4.1.2) folgende Reaktion:
Acetyl-CoA + HCO
+ H+ + ATP → Malonyl-CoA + ADP + Pi.
Das Monomere dieses Enzyms ist aus vier verschiedenen Untereinheiten aufgebaut. Eine dieser Untereinheiten, die Biotin-Carboxylase (III), katalysiert die Carboxylierung des Biotinrests. Dieser Biotinrest ist an die zweite Untereinheit kovalent gebunden und wird Biotin-Carboxyl-Carrier-Protein (Biotin-CCP) genannt:
Biotin-CCP + HCO
+ H+ + ATP → Carboxy-Biotin-CCP + ADP + Pi.
Im zweiten Reaktionsschritt katalysiert die dritte Untereinheit, die Carboxyl-Transferase (IV), die Übertragung der Carboxylgruppe auf Acetyl-CoA:
Carboxy-Biotin-CCP + Acetyl-CoA → Biotin-CCP + Malonyl-CoA.
Im Biotin-Carboxyl-Carrier-Protein fungiert der Biotinrest als schwenkbarer Arm für den Transfer des Hydrogencarbonats zwischen der Biotin-Carboxylase und dem Acetyl-CoA, das im aktiven Zentrum der Carboxyl-Transferase gebunden ist.
Bei der Bildung von Oxalacetat aus Pyruvat wird die Carboxylierungsreaktion durch die Pyruvat-Carboxylase (EC 6.4.1.1) katalysiert. Diese besteht aus vier Untereinheiten, an die jeweils ein Molekül Biotin kovalent gebunden ist und die jeweils ein Mg2+-Ion enthalten.
1) Biotinyl-Enzym + ATP + CO2 + H2O → Carboxybiotinyl-Enzym + ADP + Pi;
2) Carboxybiotinyl-Enzym + Pyruvat → Biotinyl-Enzym + Oxalacetat.
Beim Abbau von Fettsäuren mit ungerader Anzahl von C-Atomen wird die Carboxylierung des Propionyl-CoA zum Methylmalonyl-CoA ebenfalls durch Propionyl-CoA-Carboxylase katalysiert :
Carboxybiotinyl-Enzym + CH3-CH2-CO-SCoA → Biotinyl-Enzym + CH3-CH(COOH)-CO-SCoA. Die gleiche Reaktion tritt beim Abbau von Isoleucin, Leucin und Valin auf.
Biotinenzyme. Struktur des Biotinyl-Enzyms (I) und des Carboxybiotinyl-Enzyms (II).
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