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Lexikon der Biochemie: Ethylen

Ethylen, Ethen, Fruchtreifungshormon, ein gasförmiges Pflanzenhormon, das in pflanzlichem Gewebe weit verbreitet ist und die Fruchtreifung, den Blatt- und Fruchtabfall, sowie das Altern der Pflanze beschleunigt (Mr 28,05Da, Sdp. -102,4°C). Exogenes E. bewirkt ein schnelleres Reifen und Ausfärben von Früchten und induziert Blühen und Samenkeimung. Die Ethylenbiosynthese nimmt als Einleitung der entwicklungsbedingt programmierten Seneszenz und als Antwort auf umweltbedingten Stress zu. Es wird vermutet, dass der Ethylenrezeptor ein Zn2+- bzw. Cu2+-enthaltendes Metalloprotein ist, der jedoch noch nicht charakterisiert wurde. Die beiden Kohlenstoffatome des E. stammen biosynthetisch gesehen von den beiden Methylengruppen des L-Methionins ab, wobei 1-Aminocyclopropan-1-carboxylat (ACC) auftritt. Die Produktion von ACC ist mit einem Reaktionszyklus, dem sog. Yang-Zyklus, verknüpft, in welchem die Methylgruppe und der Schwefel des L-Methionins zurückgewonnen werden und der Rest des L-Methioninmoleküls kontinuierlich auf Kosten der Kohlenstoffatome von Ribose neu synthetisiert wird (Abb.). Dieser kontinuierliche Ersatz von L-Methionin ist wahrscheinlich notwendig, weil es eine der am wenigsten verbreiteten Aminosäuren ist. Wenn fünf Kohlenstoffatome den Zyklus in Form von ACC verlassen, werden sie durch Inkorporation des Adenosinteils von ATP aufgefüllt. Der Zyklus wird durch das cytosolische Enzym 1-Aminocyclopropan-1-carboxylat-Synthase (ACC-Synthase) katalysiert. Die ACC-Synthese stellt den geschwindigkeitsbestimmenden Schritt der Ethylensynthese dar. Faktoren, die die Synthese von E. fördern (Auxin, Cytokinine + Auxin, Ca2+ + Cytokinine, E. selbst und Stressfaktoren, wie Verletzung, Anaerobiose, Hitze, Kälte, Cd2+, Li+, UV-Licht und Pathogene) bewirken eine Aktivitätszunahme der ACC-Synthase. Die Umwandlung von ACC in E. wird durch ein membrangebundenes Enzym, die ACC-Oxidase (mögliche Membranstellen sind der Tonoplast und das Plasmalemma) katalysiert. Die Reaktion benötigt molekularen Sauerstoff und Ascorbat. CO2 wirkt in vivo als Stimulator und das gereinigte Enzym zeigt in vitro einen bestimmten Bedarf an CO2. Die Rolle des CO2 in Bezug auf die Stöchiometrie der Umsetzung ist jedoch nicht ersichtlich. Es wird auch Fe2+ benötigt, das vermutlich ein normaler Bestandteil des Enzyms ist. Die Stöchiometrie der Reaktion wird in der Abb. dargestellt.
Die ACC-Synthase wurde aus verschiedenen Quellen kloniert (485 Aminosäurereste im Tomatenenzym). Alle Gene zeigen einen hohen Konservierungsgrad, insbesondere in sieben Bereichen, von denen einer einen Lysylrest der aktiven Bindungsstelle enthält, der Pyridoxalphosphat und S-Adenosyl-L-methionin bindet. Gene für die ACC-Oxidase wurde ebenfalls aus mehreren Quellen isoliert und kloniert (ACC-Oxidase aus Tomate 315 Aminosäurereste). Auch dieses Protein weist einen hohen Konservierungsgrad auf.
Die genetische Analyse des Signaltransduktionswegs von E. wurde durch die Verwertung des "Triple-Response"-Phänotyps der Arabidopsis erleichtert. "Triple-Response"-Phänotypen sind Mutanten, die erhöhte Ethylenmengen produzieren. Die dreifache Antwort besteht in: 1) der Hemmung der Epikotyl- und Wurzelverlängerung, 2) der radialen Verdickung der Epikotyl- und Wurzelzellen und 3) der Entwicklung einer horizontalen (diagravitropen) Wuchsform. Die Wirkung von Inhibitoren der Ethylenwahrnehmung und -biosynthese und das Verhalten von Mutanten, die nicht in der Lage sind, auf E. zu reagieren, wurde untersucht. Hierbei wurde gezeigt, dass die Induktion der "Triple Response" vollständig von der Fähigkeit der Pflanze abhängt, E. wahrzunehmen und darauf zu antworten.
Mit Hilfe geeigneter Arabidopsis-Mutanten konnte die Existenz von 15 Genen im Ethylen-Signaltransduktionsweg demonstriert werden. Eine Schlüsselkomponente des Signalwegs scheint das Genprodukt zu sein, das bei den ctr1-Mutanten von Arabidopsis defekt ist. Das prognostizierte Produkt des klonierten CTR1-Gens enthält Domänen, die für eine Serin-Threonin-Protein-Kinase typisch sind, und zeigt strukturelle Ähnlichkeit mit der mitogenaktivierenden Protein-Kinase-Kinase-Kinase (MAPKKK). Bemerkenswerterweise wirken MAPKKK, MAPKK und MAPK bei verschiedenen Eukaryonten in Phosphorylierungskaskaden als Reaktion auf verschiedene entwicklungsbedingte Signale und Stresssignale. [A. Theologis Cell70 (1992) 181-184; H. Kende Annu. Rev. Plant Physiol. Plant Mol. Biol. 44 (1993) 283-307; J.R. Ecker Science268 (1995) 667-675; C. Chang "The ethylene signal transduction pathway in Arabidopsis: an emerging paradigm?" Trends Biochem. Sci. 21 (1996) 129-133; D.J. Osborne et al. "Evidence for a Non-ACC Ethylene Biosynthesis Pathway in Lower Plants" Phytochemistry42 (1996) 51-60]



Ethylen. Biosynthese von Ethylen in pflanzlichem Gewebe. Der obere Zyklus ist unter der Bezeichnung Yang-Zyklus bekannt. Aus den beiden Methylengruppen des S-Adenosyl-L-methionins gehen über die beiden Methylengruppen von ACC schließlich die beiden Kohlenstoffatome des Ethylens hervor (gekennzeichnet durch ausgemalte Kreise). A = Adenin.

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