Lexikon der Biochemie: Fettsäureabbau
Fettsäureabbau, Fettsäurekatabolismus, erfolgt hauptsächlich durch β-Oxidation. Die α- und ω-Oxidation stellen Nebenwege dar.
Die β-Oxidation ist ein zyklischer (spiralförmiger) Prozess, durch den die Fettsäuren schrittweise vom Carboxylende her abgebaut werden. In jeder Runde des Zyklus werden zwei Kohlenstoffatome in Form von Acetyl-CoA abgespalten und das β-Kohlenstoffatom wird oxidiert:
R-CH2-CH2-CO~SCoA
R-CO-CoA + CH3-CO~SCoA.
Abb. 1 zeigt die "Fettsäurespirale". Die Initiierungsreaktion besteht in der Aktivierung der Fettsäure zum Acyl-CoA mit Hilfe einer Acyl-CoA-Synthetase (EC 6.2.1.3), ein Vorgang, für den ATP benötigt wird:
R-CH2-CH2COOH + ATP + HS-CoA → R-CH2-CH2-CO~SCoA + AMP + PPi.
Das Acyl-CoA wird durch Acyl-CoA-Dehydrogenase (EC 1.3.99.3; ein FAD-Enzym) zu 2,3-Dehydroacyl-CoA oxidiert. Diese Verbindung wird hydratisiert und dann oxidiert zu 3-Ketoacyl-CoA. Letztere wird gespalten (thiolysiert), wobei Acetyl-CoA und ein neues Acyl-CoA gebildet werden. Das neue Acyl-CoA ist zwei Kohlenstoffatome kürzer als das ursprüngliche und wird sofort einer weiteren β-Oxidation unterzogen. In jeder Runde der Fettsäurespirale entsteht ein Molekül Acetyl-CoA, das im Tricarbonsäure-Zyklus weiter oxidiert wird. Die vollständige Oxidation eines Moleküls Steroyl-CoA erzeugt 148 Moleküle ATP (aus 18 C-Atomen entstehen 9 Moleküle Acetyl-CoA; 1 Acetyl-CoA ergibt im Tricarbonsäure-Zyklus 12 Moleküle ATP; zusätzlich werden bei jedem der 8 β-Oxidationsschritte 5 Moleküle ATP gebildet). Die Energie, die am Ende in den Phosphatbindungen von 148 ATP-Molekülen gespeichert ist, entspricht 50 % der Verbrennungswärme der Fettsäure.
Unter der Vorraussetzung, dass die Fettsäure eine gerade Anzahl an C-Atomen enthält, kann sie durch β-Oxidation vollständig zu Acetyl-CoA abgebaut werden. Wenn die Fettsäure eine ungerade Anzahl an C-Atomen enthält, führt die schrittweise Entfernung von jeweils zwei Kohlenstoffatomen eventuell zu einer C3-Verbindung, z. B. Propionyl-CoA, die auf einem alternativen Stoffwechselweg metabolisiert werden muss. Dieser Weg ist in Abb. 2 dargestellt. Beträchtliche Mengen an Propionyl-CoA entstehen auch beim Abbau der verzweigtkettigen Aminosäuren Isoleucin und Valin. Der Hauptweg beinhaltet die Carboxylierung von Propionyl-CoA zu Methylmalonyl-CoA, worauf sich die vitamin-B12-abhängige Isomerisierung zu Succinyl-CoA anschließt. Die Ausscheidung von Methylmalonyl-CoA ist ein diagnostischer Hinweis auf Vitamin-B12-Mangel.
Zum Abbau verzweigtkettiger Fettsäuren werden verschiedene Wege beschritten, von denen einige aus dem Metabolismus verzweigtkettiger Aminosäuren (L-Leucin) abstammen. Fettsäuren mit kurzen Ketten werden in den Mitochondrien in ihr Fettsäureacyl-Derivat überführt, während Fettsäuren mit langen Ketten durch das endoplasmatische Reticulum und die äußere Mitochondrienmembran aktiviert werden können. Langkettige Fettsäuren können die innere Mitochondrienmembran nicht durchdringen und müssen in Form des Acyl-Carnitins (Abb. 3) in die Mitochondrien transportiert werden.
Die α-Oxidation von Fettsäuren kommt in keimenden Pflanzensamen vor. Eine Fettsäure-Peroxidase (EC 1.11.1.3) katalysiert die Decarboxylierung und gleichzeitige Bildung eines Aldehyds, wobei H2O2 als Wasserstoffakzeptor fungiert. Das Aldehyd kann entweder zu einer Fettsäure oxidiert oder einem Fettalkohol reduziert werden.
Bei der ω-Oxidation wird die endständige Methylgruppe einer Fettsäure durch Enzyme katalysiert, die in der mikrosomalen Fraktion von tierischen Zellen und in mikrobiellen Zellen vorkommen. Das Substrat besteht normalerweise in einer C8- bis C12-Fettsäure, die in zwei Schritten in die Dicarbonsäure überführt wird: 1) Hydroxylierung des ω-C-Atoms unter Bildung einer ω-Hydroxyfettsäure, ein Vorgang, für den Sauerstoff und NADPH benötigt werden; 2) Oxidation des hydroxylierten ω-C-Atoms zu einer Carboxylgruppe, katalysiert durch ein lösliches, nicht mikrosomales Enzym, das gewöhnlich NAD+-abhängig ist.
Abb. 1. Fettsäureabbau. Die Fettsäurespirale. Beim Abbau von Fettsäuren mit einer ungeraden Anzahl an C-Atomen entstehen im letzten Schritt Acetyl-CoA und Propionyl-CoA (weiterer Abbau von Propionyl-CoA s. Abb. 2).
Abb. 2. Fettsäureabbau. Abbau von Propionyl-CoA.
Auf dem Methylmalonyl-CoA-Weg wird Propionyl-CoA durch eine ATP-abhängige Carboxylierung in Methylmalonyl-CoA überführt. Die S-Methylmalonyl-CoA-Mutase (EC 5.4.99.2), ein cobamidabhängiges Enzym, wandelt Methylmalonyl-CoA in Succinyl-CoA um.
Auf dem Lactatweg wird Propionyl-CoA zu Acrylyl-CoA dehydriert. Durch α-Hydratisierung entsteht L-Lactoyl-CoA, das zu Lactat hydrolysiert wird.
In Pflanzenmitochondrien wird Acrylyl-CoA zu 3-Hydroxypropionyl-CoA hydratisiert, das zu Malonsäuresemialdehyd deacyliert und oxidiert wird. Dieses wird entweder direkt durch oxidative Decarboxylierung oder indirekt über Malonyl-CoA in Acetyl-CoA überführt.
Abb. 3. Fettsäureabbau. Die Rolle des Carnitins beim Transport von langkettigen Fettsäuren durch die innere Mitochondrienmembran. Die Carnitin-Acylcarnitin-Translocase ist ein integrales Membranaustauschtransportsystem. Die Carnitin-Acyltransferasen I und II sind auf der äußeren und inneren Oberfläche der inneren Mitochondrienmembran lokalisiert.
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