Lexikon der Biochemie: in-vitro-Selektion
in-vitro-Selektion, in-vitro-Evolution, SELEX (engl. systematic evolution of ligands by exponential enrichment), eine kombinatorische Methode zur Darstellung einer großen Zahl von RNA- und DNA-Oligonucleotiden sowie zur Isolierung spezifisch ligandenbindender Moleküle aus derartigen Pools. Mit diesem Verfahren ist es möglich, routinemäßig DNA- oder RNA-Moleküle zu isolieren, die mit hoher Affinität die unterschiedlichsten Liganden, wie andere Nucleinsäuren, Proteine und auch kleine organische Verbindungen (Aptamere) binden. Unter Umgehung von Design-Strategien ist es auf diesem Wege möglich, sehr seltene Moleküle mit spezifisch ligandenbindenden Eigenschaften aus extrem großen Pools aus Nucleinsäuren mit zufälliger Sequenz zu isolieren. Mit diesem Verfahren können beispielsweise Bindungsstellen für Proteine an Nucleinsäuren studiert werden, um neue Informationen über Protein-Nucleinsäure-Wechselwirkungen zu erhalten. Weiterhin ermöglicht diese Methode, Struktur und Funktion von Ribozymen zu untersuchen. Dadurch konnten die Substratspezifität von katalytischer RNA verändert und auch die katalytische Aktivität verbessert werden. Für die Durchführung des Verfahrens wird zunächst eine große Bibliothek von Oligodesoxynucleotiden von absolut zufälliger Sequenz oder eine Bibliothek degenerierter Oligodesoxynucleotide mit einer Vielzahl von Varianten durch chemische Methoden synthetisiert. Wenn erforderlich, kann diese Bibliothek aus DNA-Sequenzen auch durch in-vitro-Transcription in eine RNA-Bibliothek umkopiert werden. Nachfolgend wird der Pool mit dem Ziel der Anreicherung der funktionellen Moleküle Selektionsschritten unterzogen. Nach jedem Selektionsschritt wird der Pool der erhaltenen Moleküle amplifiziert, wodurch in den nachfolgenden Selektionsschritten die funktionellen Spezies weiter angereichert werden können. Für die Amplifikation wird die Polymerase-Kettenreaktion (PCR) eingesetzt, oder die Vermehrung erfolgt im Transcriptionsschritt. Die Azbbildung zeigt schematisch das Prinzip des Verfahrens, wobei die Selektion ligandenbindender DNA- oder RNA-Moleküle mit Hilfe der Affinitätschromatographie erfolgt. Obgleich zur Selektion von DNA-Molekülen reverse Transcription und Transcription nicht benötigt werden, sind zur Vermeidung der Bildung inaktiver Duplex-DNA aus komplementären Strängen asymmetrische PCR oder Einzelstrangreinigung erforderlich. [M. Famulok u. J.W. Szostak Angew. Chem.104 (1992) 1.001-1.011; G.F. Joyce Gene82 (1989) 83-87; C. Tuerk u. L. Gold Science249 (1990) 505-510]
in-vitro-Selektion
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