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Lexikon der Biochemie: Lantibiotika

Lantibiotika, ribosomal synthetisierte polyzyklische Peptidantibiotika mit Sulfidbrücken und α,β-Didehydroaminosäure-Bausteinen, deren Bezeichnung auf die ungewöhnlichen Thioetheraminosäuren meso-Lanthionin und 3-Methyllanthionin zurückzuführen ist. Neben den beiden genannten Bausteinen (2S,6R)-Lanthionin und (2S,3S,6R)-Methyllanthionin findet man in den L. seltene ungesättigte Aminosäuren, wie 2,3-Didehydroalanin und (Z)-2,3-Didehydrobutyrin, und das (2S,9S)-Lysinoalanin (Abb. 1). Die Kettenlänge der L. bewegt sich zwischen 19 und 34 Aminosäureresten. Aufgrund unterschiedlicher Strukturprinzipien teilt man die L. sinnvollerweise in zwei Subtypen ein: Typ A sind L. vom Nisin-Typ und Typ B vom Duramycin-Typ. Zum Typ A gehören Pep5, Nisin, Subtilin, Epidermin, Gallidermin (Mr 2.164Da; 22 AS), Mersacidin (Mr 1.825Da; 20 AS) und Actagardin (Mr 1.890 Da; 19 AS). Wichtige Vertreter des Typs B sind Cinnamycin (Ro 09-0198, Lanthiopeptid; Mr 2.041Da; 19 AS), Duramycine und Ancovenin (Mr 1.959Da; 19 AS).

L. werden vielfach genutzt: Nisin findet Verwendung in der Nahrungsmittelkonservierung, Epidermin wird gegen Akne und Ekzeme eingesetzt, Ancovenin wirkt als Inhibitor des Angiotensin-Conversionssenzyms und hat daher Bedeutung bei der Blutdruckregulation. Auch Subtilin wird als Konservierungsmittel verwendet, während Duramycine als Inhibitoren der Phospholipase A2 wirken. L. werden von Mikroorganismen verschiedener Gattungen wie beispielsweise Staphylococcus, Lactococcus, Bacillus und Streptomyces produziert. Die antibiotische Wirkung richtet sich überwiegend gegen grampositive Keime. Daher sollten L. besser zu den Bacteriocinen als zu den üblichen Antibiotika gezählt werden. Im Zuge der Biosynthese entstehen die L. aus Vorläuferproteinen, den Prä-Lantibiotika. Posttranslationell werden Serin- und Threoninreste enzymatisch zu 2,3-Didehydroalanin bzw. (Z)-2,3-Didehydrobutyrin dehydratisiert, gefolgt von einer stereospezifischen Addition von vier Cystein-Thiolgruppen an vier der α,β-Didehydroaminosäuren unter Sulfidringbildung. Durch Addition von Lysin an Didehydroalanin kann weiterhin Lysinoalanin gebildet werden. Das modifizierte Prä-Pro-Peptid wird dann durch spezifische Proteinkanäle durch die Bakterienzellwand transportiert, auf der Membranaußenseite wird die Signalsequenz durch eine Signalpeptidase abgespalten. Das Prinzip wird vereinfacht am Beispiel der Subtilinbiosynthese demonstriert (Abb. 2). L. werden von grampositiven Bakterien gebildet, wirken aber auch gegen diesen Bakterientyp. Das bedeutet, dass sich die Produzentenzellen gegen die auch für sie toxischen L. schützen müssen. Es wird angenommen, dass die schützende Funktion dem hydrophilen Signalpeptid zukommt. Solange diese Sequenz mit dem modifizierten L. kovalent oder durch intermolekulare Wechselwirkungen verbunden ist, ist ein Schutz gegen die toxische Wirkung auf die Zellwand gegeben. [G. Jung Angew. Chem. 103 (1991) 1067; G. Jung u. H. G. Sahl (1991), Nisin and Novel Lantibiotics ESCOM, Leiden]



Lantibiotika. Abb. 1. Ungewöhnliche Aminosäurebausteine in Lantibiotika.



Lantibiotika. Abb. 2. Biosynthese von Lantibiotika am Beispiel von Subtilisin.

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