Lexikon der Biochemie: mikrobieller Elektronentransport
mikrobieller Elektronentransport, die Energiegewinnung von Mikroorganismen durch oxidative Elektronentransportphosphorylierung. Die Elektronentransportketten in Hefen und Pilzen entsprechen im wesentlichen denen höherer Organismen (Atmungskette). Die Elektronentransportwege einiger Hefen und Pilze besitzen allerdings einige Eigenschaften, die nicht in allen Mitochondrien auftreten. Dazu gehört, dass 1) der P/O-Quotient aufgrund eines Defekts der ersten Phosphorylierungsstelle nur den Wert 2 besitzt, 2) durch eine Flavin-abhängige (Cytochrom-b2-enthaltende) Lactat-Dehydrogenase Lactat direkt mit der Elektronentransportkette in Kontakt treten kann, 3) manche Hefen und Pilze Cyanid-insensitive Oxidationswege besitzen, welche beim Ubichinon abbrechen und zu keiner messbaren ATP-Produktion führen. Hingegen weist die in der inneren Cytoplasmamembran bzw. mesosomalen Strukturen lokalisierte bakterielle Atmungskette eine größere Variabilität hinsichtlich der Redoxträger und eine relative Unempfindlichkeit gegenüber Hemmstoffen (z.B. Rotenon, Antimycin A) auf. Im Einzelnen treten beim bakteriellen Elektronentransport folgende Besonderheiten auf: 1) Bakterien enthalten zahlreiche Flavoprotein-(FMN-/FAD-) abhängige Dehydrogenasen, die einen Elektronentransport vom Substrat (neben Succinat und NADH auch Glycerinphosphat, Malat, Lactat, Formiat, D-Alanin u.a.) auf Chinone oder direkt auf Cytochrome (vor allem vom b-Typ) ermöglichen.
2) Neben dem Ubichinon (meist CoQ8) der Mitochondrien kommen in Bakterien auch solche vom Naphthochinontyp (Menachinone, MK; oder K-Vitamine) vor. Alle aeroben Bakterien enthalten mindestens ein Chinon. Während in grampositiven Bakterien meist nur Menachinon vorkommt, enthalten gramnegative Bakterien entweder nur Ubichinon oder Ubichinon und Menachinon. Grampositive Anaerobier besitzen nur geringe Mengen an Ubi- und Menachinon. 3) Cytochrome kommen bei den verschiedenen Bakterien in unterschiedlichen Kombinationen vor. Häufig treten mehrere terminale Oxidasen auf. Neben Cytochrom aa3, welches mit der in den Mitochondrien vorkommenden Cytochrom-Oxidase identisch ist (z.B. in Paracoccus), fungieren Cytochrom o (mit Häm B als prosthetischer Gruppe), a1 (z.B. in Acetobacter), Cytochrom d oder d1 als terminale Oxidasen. 4) Statt Sauerstoff sind bei fakultativen Anaerobiern auch andere Elektronenakzeptoren möglich (z.B. Nitrat, Nitrit, Sulfat, Thiosulfat).
In Abhängigkeit von den Wachstumsbedingungen kommt es zu Veränderungen der Atmungskette. Unter limitierten Bedingungen treten häufig Verzweigungen der Atmungskette mit verschiedenen terminalen Oxidasen auf.
Neben der oxidativen können einige Bakterien (phototrophe Bakterien) auch die photosynthetische Elektronentransportphosphorylierung (Photosynthese) sowie die Substratkettenphosphorylierung zur ATP-Bildung nutzen.
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