Lexikon der Biochemie: Neubergsche Gärung
Neubergsche Gärung, Bezeichnung für den Ablauf der Reaktionen und Nebenwege des anaeroben Kohlenhydratabbaus (Glycolyse). Als 1. N. G. wird der komplexe Vorgang der alkoholischen Gärung bezeichnet. Die 2. N. G. verläuft in Hefen bei Zugabe von Natriumhydrogensulfit (Sulfitgärung), das den normalerweise als Wasserstoffakzeptor dienenden Acetaldehyd abfängt (Abb.). Das unter diesen Bedingungen anfallende überschüssige NADH reduziert Dihydroxyacetonphosphat zu Glycerin-1-phosphat (oder -3-phosphat) mittels Glycerin-1-phosphat-Dehydrogenase (Baranowski-Enzym; EC 1.1.1.8). Damit wird der Oxidoreduktionszyklus der Glycolyse aufrechterhalten. Eine Phosphatase (EC 3.1.3.21) dephosphoryliert Glycerin-1-phosphat zum freien Glycerin (Glyceringärung).
Glycerin kann durch eine unspezifische Alkohol-Dehydrogenase in der Leber unter NADH-Bildung zu Glycerinaldehyd dehydriert werden. Die Reaktionen der 2. N. G. spielen auch in der Insektenmuskulatur eine wichtige Rolle. Da hier die Lactat-Dehydrogenase, die üblicherweise Pyruvat reduziert, nur in geringer Aktivität vorliegt, dient nicht Pyruvat, sondern Dihydroxyacetonphosphat als Wasserstoffakzeptor. Die Synthese von Glycerin-1-phosphat ist für die Bildung der Phospholipide in der Leber und für den Wasserstofftransport vom Cytoplasma in die Mitochondrien von Bedeutung (Wasserstoffmetabolismus). Glycerin-1-phosphat entsteht auch durch die Glycerin-Kinase, die freies Glycerin mittels ATP phosphoryliert.
Eine 3. N. G. läuft unter alkalischen Bedingungen ab. Zwei Moleküle Glucose werden in zwei Moleküle Glycerinaldehyd und unter Decarboxylierung über Pyruvat in zwei Moleküle Acetaldehyd gespalten. Glycerinaldehyd wird zu Glycerin reduziert. Acetaldehyd unterliegt einer Dismutation, wobei äquivalente Mengen Ethanol und Acetat entstehen.
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