Lexikon der Biochemie: Pasteur-Effekt
Pasteur-Effekt, Hemmung der Glycolyse durch Atmung. Er wurde 1861 erstmals von L. Pasteur beschrieben, der beobachtete, dass Hefen unter anaeroben Bedingungen mehr Zucker verbrauchen als unter aeroben. Bei der anaeroben Glycolyse werden zwei Moleküle ATP je Glucosemolekül erzielt, im Vergleich zu 36 ATP bei vollständiger aerober Atmung von Glucose. Unter anaeroben Bedingungen muss also 18-mal mehr Glucose verbraucht werden als unter aeroben Bedingungen, um den gleichen Energiebetrag zu erhalten. Der P.-E. wird nur bei fakultativen Zellen beobachtet, d.h. bei Zellen, die ihren Stoffwechsel sowohl an aerobe als auch an anaerobe Bedingungen anpassen können, z.B. Hefezellen, Muskelzellen.
In Abwesenheit von Sauerstoff führen tierische Zellen die Glycolyse durch und produzieren Lactat, Hefezellen vergären Glucose zu verschiedenen Gärungsprodukten, z.B. Glycerin und Ethanol. Durch Zugabe von Sauerstoff nimmt die Lactatproduktion stark ab und das Lactat verschwindet schnell. Gleichzeitig sinkt die Geschwindigkeit der Glucoseaufnahme deutlich. Der P.-E. kann großenteils durch die allosterischen Eigenschaften der Phosphofructokinase (EC 2.7.1.11) beschrieben werden, dem geschwindigkeitsbestimmenden Enzym ("Schrittmacher") der Glycolyse. Dieses Enzym wird durch ATP inhibiert und durch ADP und AMP aktiviert. Die ATP-Inhibierung wird durch AMP, cAMP, Pi, Fructose-1,6-diphosphat und Fructose-6-phosphat aufgehoben, durch Citrat dagegen verstärkt. Der Citrat-Effekt ist für Hefe und aerob arbeitenden Muskel signifikant, die beide auch Fettsäuren und Ketonkörper als Hauptenergiequellen nutzen. Die Wirkung des cAMP kann im Fettgewebe wichtig sein, wo es die Citratinhibierung aufhebt.
Der P.-E. ist besonders für den Skelettmuskel von Bedeutung. Die Menge an ATP, die im Muskel vorhanden ist (5-7μmol je g Frischgewicht) ist ausreichend, um die Kontraktion für 1-5 Sekunden aufrechtzuerhalten. ATP, das aus Kreatinphosphat (Phosphokreatin) gewonnen wird, unterstützt die Kontraktion für einen weiteren kurzen Zeitraum. Die Rückphosphorylierung von ADP zu ATP hängt von der anaeroben Glycolyse von Glycogen zu Lactat ab. Die Aktivität der Phosphofructokinase ist stark erhöht, womit eine Geschwindigkeitssteigerung der Glycolyse einhergeht.
Ein quantitativer Index für den Effekt von Sauerstoff auf Glycolyse und Gärung ist durch den Meyerhofschen Oxidationsquotienten gegeben, der gewöhnlich bei 2 liegt: Ran.f – Ra.r)/RO2 (Ran.f = Geschwindigkeit der anaeroben Gärung; Ra.r = Geschwindigkeit der aeroben Atmung; RO2 = Geschwindigkeit der O2-Aufnahme).
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.