Lexikon der Biochemie: Sekundärstoffwechsel
Sekundärstoffwechsel, ein eigenständiger Bereich des Gesamtstoffwechsels, der in Ruhephasen oder unter Limitierung verstärkt wird. Der S. basiert auf einem genetischen Material, das wahrscheinlich durch Genduplikation aus dem des Grundstoffwechsels entstanden ist. Er knüpft häufig an den für das Zellwachstum und die Vermehrung essenziellen Primärstoffwechsel an.
Die Sekundärmetabolite werden ausgehend von Verbindungen des Grundstoffwechsels gebildet. Die meisten Reaktionen des S. werden durch spezifische Enzyme katalysiert. Sie ähneln den Enzymen des Grundstoffwechsels in vieler Hinsicht, d.h. sie katalysieren ähnliche Reaktionen, haben ähnliche Konstanten (z.B. hinsichtlich ihrer Affinität zu Substraten und Hemmstoffen) und zeigen ähnliche Regulationen. Enzyme, Vorstufen, Zwischen- und Endprodukte des S. sind kompartimentiert und werden innerhalb der Zellen kanalisiert, so dass die Enzyme des Primärstoffwechsels und S. aus unterschiedlichen Vorstufenpools gespeist werden können. Spontane, d.h. nicht Enzym-katalysierte Reaktionen spielen nur in wenigen Fällen, z.B. bei der Bildung spezieller hochmolekularer Sekundärmetabolite, wie Huminsäuren, Lignine und Melanine sowie bei verschiedenen Ringschlüssen eine Rolle.
Die Funktion des S. kann einerseits in der metabolischen Ausscheidung von Stoffen gesehen werden, insbesondere solcher ohne bekannte Funktion, wie Pflanzenalkaloide und von Acetat abstammende Verbindungen (Polyketide) bei Mikroorganismen. Andererseits kann es besonders für Mikroorganismen vorteilhafter sein, den Sekundärmetabolismus ablaufen zu lassen, um den Stoffwechsel mit einer niedrigen Rate aufrechtzuerhalten, als ihn nach Beendigung des Wachstums vollständig abzuschalten. Die von Bu'lock [H.B.Woodruff in Biochemical Studies of Antimicrobial Drugs, 16th Symposium of the Society For General Microbiology (1996) 22-46, Cambridge University Press] favorisierte Hypothese des unausgeglichenen Wachstums, nimmt an, dass die Mechanismen, die den Primärstoffwechsel regulieren, nicht ausreichen, um die Überproduktion einiger Verbindungen zu verhindern, wenn das ausgeglichene Wachstum beendet wird. Da diese Verbindungen für die Zelle toxisch sein können, lenkt der Sekundärstoffwechsel die Synthese auf die Produktion von harmlosen Produkten um, die ausgeschieden werden. Gemäß dieser Theorie sollte der Sekundärmetabolismus die Langzeitlebensfähigkeit erhöhen. Es gibt einige Hinweise darauf, dass die Lebensfähigkeit des Mikroorganismus Pseudomonas aeruginosa reduziert wird, wenn er unter Bedingungen wächst, die den Sekundärmetabolismus verhindern.
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