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Kompaktlexikon der Biologie: Abscission

Abscission, Abwurf von Blättern, Blüten und Früchten, gelegentlich auch von Zweigen (z.B. bei Pappeln), wodurch eine Beseitigung von nicht mehr erforderlichen, funktionsunfähigen Organen erreicht wird. Die A. wird durch die Ausbildung eines Trennungsgewebes (der A.-zone) ermöglicht, wobei sich die dort vorhandenen Zellen morphologisch und biochemisch verändern. Cellulasen und Pektinasen führen zu einem Aufweichen der Zellwände, indem sie Bestandteile der Zellwand abbauen. Beim Blattfall wird das Trennungsgewebe an der Basis des Blattstiels angelegt. Während immergrüne Holzpflanzen und Tropenpflanzen ihre Blätter während des ganzen Jahres erneuern, kommt es bei sommergrünen Pflanzen der gemäßigten Breiten im Herbst zum Blattfall. Unter ungünstigen Umweltbedingungen wie dem Auftreten großer Trockenheit oder Kälte kann es jedoch zum vorzeitigen Blattabwurf kommen, um zu große Wasserverluste zu vermeiden.

Die A. wird durch mehrere Phytohormone reguliert, wobei Ethylen, das mit Abscisinsäure und Auxinen antagonistisch interagiert, die größte Bedeutung zukommt. Die hormonelle Kontrolle des Blattabwurfs beginnt mit einem sich abschwächenden Auxingradienten im Blatt, wodurch die Sensitivität der A.-zone gegenüber Ethylen erhöht wird ( vgl. Abb. ). Dadurch wird die Synthese der die A.-Zone abbauenden Enzyme induziert. Sehr hohe Auxinmengen im Blatt führen allerdings zu einer verstärkten Bildung von Ethylen, sodass auxinanaloge Verbindungen auch als Entlaubungsmittel zum Einsatz kommen. Das im Vietnamkrieg verwendete Agent Orange enthielt als aktive Verbindung ein solches Auxinanalog.

Die A. von Blüten und Früchten wird hormonell in ähnlicher Weise gesteuert, wobei die A.-zone analog an der Basis der Blüten- und Fruchtstiele ausgebildet wird. Auf diese Weise können Blüten, die nicht bestäubt und befruchtet wurden, abgeworfen werden. Beim Fruchtfall werden vielfach nicht nur die reifen Früchte entfernt, um die in ihnen enthaltenen Samen zu verbreiten. Die A. von heranreifenden Früchten lässt sich z.B. beim Apfel beobachten und kann eine Verdünnung des Fruchtansatzes bewirken, wodurch die Ausbildung von zu kleinen Früchten umgangen wird.

Im Zusammenhang mit der Domestikation vieler Nutzpflanzen haben viele Arten die Fähigkeit zur A. ihrer Früchte weitestgehend verloren. Während die Ähren der wilden Vorfahren des Weizens nach Erreichen der Samenreifen zerfallen und sich die Karyopsen somit verbreiten können, zeichnen sich moderne Weizenarten durch eine feste Ährenachse aus. Dadurch lassen sich die Getreidekörner leichter und relativ unabhängig vom Zeitpunkt der Samenreife abernten.



Abscission: Darstellung der Auxin- und Ethylenwirkung während der Abscission

  • Die Autoren

Redaktion:
Dipl.-Biol. Elke Brechner (Projektleitung)
Dr. Barbara Dinkelaker
Dr. Daniel Dreesmann

Wissenschaftliche Fachberater:
Professor Dr. Helmut König, Institut für Mikrobiologie und Weinforschung, Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Professor Dr. Siegbert Melzer, Institut für Pflanzenwissenschaften, ETH Zürich
Professor Dr. Walter Sudhaus, Institut für Zoologie, Freie Universität Berlin
Professor Dr. Wilfried Wichard, Institut für Biologie und ihre Didaktik, Universität zu Köln

Essayautoren:
Thomas Birus, Kulmbach (Der globale Mensch und seine Ernährung)
Dr. Daniel Dreesmann, Köln (Grün ist die Hoffnung - durch oder für Gentechpflanzen?)
Inke Drossé, Neubiberg (Tierquälerei in der Landwirtschaft)
Professor Manfred Dzieyk, Karlsruhe (Reproduktionsmedizin - Glück bringende Fortschritte oder unzulässige Eingriffe?)
Professor Dr. Gerhard Eisenbeis, Mainz (Lichtverschmutzung und ihre fatalen Folgen für Tiere)
Dr. Oliver Larbolette, Freiburg (Allergien auf dem Vormarsch)
Dr. Theres Lüthi, Zürich (Die Forschung an embryonalen Stammzellen)
Professor Dr. Wilfried Wichard, Köln (Bernsteinforschung)

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