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Kompaktlexikon der Biologie: Amoebina

Amoebina, Amöben, in der herkömmlichen Systematik Ord. der Wurzelfüßer (Rhizopoda), deren Vertreter in der phylogenetischen Systematik im Wesentlichen der polyphyletischen Gruppe der Amoebozoa zugeordnet sind, heterotrophen Einzellern mit Pseudopodien, die nach derzeitigem Kenntnisstand keine Mikrotubuli als stabilisierende und bewegungsaktive Elemente enthalten. Außerdem fehlen Geißeln und Centriolen. Diese Einteilung ist vorläufig, da sich die Amoebozoa, ebenso wie eine Reihe anderer Organismengruppen zurzeit nicht sicher zuordnen lassen (Einzeller). Die beschalten Amöben werden herkömmlich in eine eigene Ordnung gestellt (Testacea), stehen jedoch in der phylogenetischen Systematik vorerst bei den Amoebozoa (als Testacealobosea).

Amöben haben keine feste Gestalt, die Pseudopodien ( vgl. Abb. ) können innerhalb von Sekunden oder Minuten gebildet werden und dienen sowohl der Fortbewegung als auch der Nahrungsaufnahme (durch Umfließen der Nahrungspartikel oder Beutetiere und anschließende Phagocytose). Das Cytoplasma ist oft in Ekto- und Endoplasma geteilt und enthält häufig mehrere Zellkerne. Bei ungünstigen Umweltbedingungen bilden manche Formen Cysten (Dauerstadien), wobei einige A. feuchter Lebensräume vor der Encystierung Aggregate bilden. Geschlechtliche Fortpflanzung ist nur in wenigen Fällen nachgewiesen, meist erfolgt Vermehrung durch Zwei- oder Vielfachteilung. Viele Arten leben im Darmkanal höherer Tiere und des Menschen, i.d.R. als harmlose Kommensalen. Ein mitunter gefährlicher Krankheitserreger ist Entamoeba histolytica, der Erreger der Amöbenruhr. Auch können einige frei lebende Amöben (Gatt. Acanthamoeba) fakultativ parasitisch werden und vor allem bei Personen mit geschwächtem Immunsystem tödlich verlaufende Hirnhautentzündungen verursachen. Amoeba gingivalis ist ein häufiger Bewohner des Mundes, insbesondere zwischen den Zähnen. Die bekannteste und bestuntersuchte Art der A. ist wohl Amoeba proteus, ein bis 600 μm großer Allesfresser, der sich bevorzugt von Bakterien und Pantoffeltierchen ernährt und dementsprechen in leicht fauligen, bakterienreichen Tümpeln lebt.



Amoebina: Amöbe aus Klärschlamm; gut zu erkennen sind die Pseudopodien

  • Die Autoren

Redaktion:
Dipl.-Biol. Elke Brechner (Projektleitung)
Dr. Barbara Dinkelaker
Dr. Daniel Dreesmann

Wissenschaftliche Fachberater:
Professor Dr. Helmut König, Institut für Mikrobiologie und Weinforschung, Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Professor Dr. Siegbert Melzer, Institut für Pflanzenwissenschaften, ETH Zürich
Professor Dr. Walter Sudhaus, Institut für Zoologie, Freie Universität Berlin
Professor Dr. Wilfried Wichard, Institut für Biologie und ihre Didaktik, Universität zu Köln

Essayautoren:
Thomas Birus, Kulmbach (Der globale Mensch und seine Ernährung)
Dr. Daniel Dreesmann, Köln (Grün ist die Hoffnung - durch oder für Gentechpflanzen?)
Inke Drossé, Neubiberg (Tierquälerei in der Landwirtschaft)
Professor Manfred Dzieyk, Karlsruhe (Reproduktionsmedizin - Glück bringende Fortschritte oder unzulässige Eingriffe?)
Professor Dr. Gerhard Eisenbeis, Mainz (Lichtverschmutzung und ihre fatalen Folgen für Tiere)
Dr. Oliver Larbolette, Freiburg (Allergien auf dem Vormarsch)
Dr. Theres Lüthi, Zürich (Die Forschung an embryonalen Stammzellen)
Professor Dr. Wilfried Wichard, Köln (Bernsteinforschung)

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