Direkt zum Inhalt

Kompaktlexikon der Biologie: Anoxie

Anoxie, Sauerstoffmangel, 1) Botanik: Zustand der Unterversorgung mit Sauerstoff, dem Pflanzen z.B. nach Überschwemmungen ausgesetzt sind. Dabei kommt es in den Wurzeln zum Absterben von Zellen, da der Wechsel vom aeroben zum anaeroben Stoffwechsel mit einer Ansäuerung des Cytoplasmas einhergeht und dadurch wichtige Stoffwechselwege irreversibel gehemmt werden. Das für die Aufnahme von Nährelementen benötigte ATP ist bei A. in geringerer Konzentration vorhanden, wodurch die Energie für die notwendigen Transportwege von der Wurzel in den Spross fehlen. Daher wirkt sich A. auch auf den Spross aus, dessen ältere Blätter früher als üblich Seneszenzmerkmale aufweisen. Die von den geschädigten Wurzeln verursachte Unterversorgung mit Wasser führt zudem zu einem Welken der Blätter, dem Pflanzen z.T. durch Schließen der Stomata entgegenwirken. Auch die Wurzeln von Sumpf- und Wasserpflanzen sind gegenüber A. sehr empfindlich. Allerdings verfügen Pflanzen wie Reis über ein speziell ausgebildetes Aerenchym (Durchlüftungsgewebe), mit dessen Hilfe alle unter Wasser befindlichen Pflanzenorgane mit Sauerstoff versorgt werden. Bei monokotylen und dikotylen Landpflanzen führt A. an der Sprossbasis und in der Wurzelspitze zu einer gesteigerten Synthese des Pflanzenhormons Ethylen, das zum selektiven Absterben von Zellen und so zur Ausbildung von Interzellularräumen führt, über die die Sauerstoffaufnahme leichter erfolgen kann. Allerdings überleben die meisten Pflanzengewebe nicht lange unter anaeroben Bedingungen, sodass die Wurzelspitzen wie im Falle von Mais bereits nach 20 – 24 Stunden absterben.

2) Zoologie: Da insbesondere Gehirn- und Herzstoffwechsel ihre Energie überwiegend aus oxidativen Abbauprozessen beziehen, führt eine Unterbrechung der Zufuhr von Sauerstoff infolge Mangels an energiereichen Phosphaten rasch zu Funktionsstörungen. Im Gehirn wird z.B. die Übertragung der Speicherinhalte vom Kurzzeitgedächtnis zum Langzeitgedächtnis verhindert. Im Herz treten bei normaler Körpertemperatur nach 30 Minuten andauernder Anoxie irreversible Strukturveränderungen des Myokards auf.

  • Die Autoren

Redaktion:
Dipl.-Biol. Elke Brechner (Projektleitung)
Dr. Barbara Dinkelaker
Dr. Daniel Dreesmann

Wissenschaftliche Fachberater:
Professor Dr. Helmut König, Institut für Mikrobiologie und Weinforschung, Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Professor Dr. Siegbert Melzer, Institut für Pflanzenwissenschaften, ETH Zürich
Professor Dr. Walter Sudhaus, Institut für Zoologie, Freie Universität Berlin
Professor Dr. Wilfried Wichard, Institut für Biologie und ihre Didaktik, Universität zu Köln

Essayautoren:
Thomas Birus, Kulmbach (Der globale Mensch und seine Ernährung)
Dr. Daniel Dreesmann, Köln (Grün ist die Hoffnung - durch oder für Gentechpflanzen?)
Inke Drossé, Neubiberg (Tierquälerei in der Landwirtschaft)
Professor Manfred Dzieyk, Karlsruhe (Reproduktionsmedizin - Glück bringende Fortschritte oder unzulässige Eingriffe?)
Professor Dr. Gerhard Eisenbeis, Mainz (Lichtverschmutzung und ihre fatalen Folgen für Tiere)
Dr. Oliver Larbolette, Freiburg (Allergien auf dem Vormarsch)
Dr. Theres Lüthi, Zürich (Die Forschung an embryonalen Stammzellen)
Professor Dr. Wilfried Wichard, Köln (Bernsteinforschung)

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.