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Kompaktlexikon der Biologie: Blatt

Blatt, Grundorgan der höheren Pflanzen, das seitlich an der Sprossachse höherer Pflanzen entsteht. Das B. ist in erster Linie ein Organ der Fotosynthese und Transpiration. Im Verlauf der Stammesgeschichte haben sich zwei Blatttypen entwickelt: das Mikrophyll der Bärlappe (Lycopodiopsida) und Schachtelhalme (Equisetopsida) und das Megaphyll oder Makrophyll der Farne i.e.S. (Pteridopsida) und der Samenpflanzen (Spermatophyta).

Mikrophyll. Das Mikrophyll besitzt in der Regel nur ein höchstens einmal gabelig geteiltes Leitbündel und ist auf wenige ursprüngliche Formen der Farnpflanzen (Pteridophyta) beschränkt. Die Blattepidermis mit Spaltöffnungen (Stomata) umgibt bei den meisten Arten ein wenig differenziertes Parenchymgewebe (Parenchym), das das Leitbündel einschließt. Das Mikrophyll ist i.Allg. klein, erreichte aber bei den Schuppenbäumen (Lepidodendrales) des Karbons bis zu 1 m Länge und 10 cm Breite. Seine Organisation blieb aber primitiv.

Megaphyll. Den Grundtyp des Megaphylls stellt das gefiederte Laubblatt dar. Alle anderen Blattformen lassen sich phylogenetisch und zum Teil fossil belegt von ihm ableiten. Äußerlich gliedert es sich in den Blattgrund, den Blattstiel und die in diesem Fall in Teilflächen aufgeteilte Blattspreite. Der Blattgrund kann an seinen Rändern zu basalen Blattanhängen, den Nebenblättern auswachsen, die besser Stipeln genannt werden, da sie nicht immer laubartig, sondern auch als Schuppen, Dornen oder Drüsen ausgebildet werden. Die Stipeln vereinigen sich bei einigen zweikeimblättrigen Pflanzen in der Mediane zu zungen-, kapuzen- und manschettenförmigen Gebilden. Der Blattgrund kann aber auch als verdicktes Blattgelenk entwickelt sein und bei Blattbewegungen mitwirken. Häufiger ist der Blattgrund stark verlängert und bildet eine schützende Blattscheide.

Die Blattform ist sehr variabel. Die B. können ungeteilt oder geteilt sein. Ungeteilte B. können u.a. eiförmig, elliptisch, lanzettlich, lineal, nieren-, pfeil- oder spießförmig sein ( vgl. Abb. ) . Der Blattrand kann dabei ganzrandig, gezähnt, gesägt oder gelappt sein. Die geteilten oder zusammengesetzten B. können gefingert oder gefiedert sein, wobei man unpaarig gefiederte mit einem Endblättchen von paarig gefiederten mit zwei Endblättchen unterscheidet. Bei doppelt gefiederten B. sind die Fiederblättchen nochmals gefiedert. Die Blattspreiten sind meist von heller gefärbten, hervorstehenden Blattrippen und Blattadern (Blattnerven) durchzogen.

Das Leitbündelsystem ist bei den Farnen i.e.S. und bei den Dikotyledonen i.d.R. netzartig verzweigt und bei den Monokotylen im Allgemeinen parallel oder streifig angeordnet ( vgl. Abb. ). Die Nadelblätter der Nadelhölzer sind grundsätzlich dichotom-parallelnervig und besitzen meist zwei Leitbündel.

Aufbau des Blattes. Die Oberseite des B. wird von einer Epidermis begrenzt, der eine Cuticula, eine Schutzschicht gegen Wasserverdunstung, aufgelagert ist. Dann folgt ein chloroplastenreiches Palisadenparenchym, das aus einer bis mehreren Lagen gestreckter, chloroplastenreicher, senkrecht zur Oberfläche angeordneter Zellen besteht ( vgl. Abb. ). Es ist das eigentliche Assimilationsgewebe. Daran schließt sich das Schwammparenchym an, das aus unregelmäßigen Zellen besteht, zwischen denen sich große Interzellularen befinden. Die Zellen des Schwammparenchyms besitzen nur wenige Chloroplasten und können Wasser und Reservestoffe speichern. Leitbündel durchziehen das B. in engen Abständen. Palisaden- und Schwammparenchym bilden zusammen das Mesophyll. Die Blattunterseite wird wieder von einer Epidermis begrenzt, in der sich meist sehr zahlreiche Spaltöffnungen befinden. In der Regel enthält nur die untere Epidermis Spaltöffnungen. Zwei chloroplastenhaltige Schließzellen regulieren die Öffnungsweite der Spaltöffnungen. Über die Spaltöffnungen steht das Mesophyll mit der Außenluft in Verbindung. Durch die Spaltöffnungen werden die Wasserdampfabgabe sowie Aufnahme und Abgabe von Kohlenstoffdioxid und Sauerstoff geregelt. Der Bau der Leitbündel im B. entspricht dem des Stängels. Betrachtet man das B. als eine seitliche Ausstülpung der Sprossachse, so liegt entsprechend dem Innen und Außen bei der Achse der Holzteil (Xylem) oben und der Siebteil (Phloem) unten.

Abweichungen von dem angeführten Aufbau des B. sind oft die Folge von Anpassungen an besondere Standortverhältnisse. So können z.B. Pflanzen trockener Standorte eine mehrschichtige Epidermis haben. Pflanzen intensiv besonnter Standorte besitzen oft auf der Oberseite und Unterseite des B. Palisadengewebe. Untergetauchte B. von Wasserpflanzen haben demgegenüber meist kein Palisadenparenchym ausgebildet, sondern nur Schwammparenchym mit stark entwickelten Interzellularen, die als Luftspeicher fungieren. Auch den Nadelblättern fehlt oft das Palisadenparenchym. Bei solchen B. gleichen sich die beiden Blattseiten in ihrer äußeren Erscheinung wie in ihrer inneren Struktur. Man bezeichnet sie daher als äquifazial, während man bei B., deren Mesophyll in dorsal liegendes Palisadenparenchym und ventral liegendes Schwammparenchym gegliedert ist, von bifazialen B. spricht. Wenn sich die gesamte Fläche der Blattspreite nur aus der Unterseite der Blattanlagen entwickelt, die um die unterdrückte Unterseite herum wächst, entstehen unifaziale B. Diese zeigen in der Regel eine drehrunde Gestalt (z.B. beim Schnittlauch).

Eine Reihe von Pflanzen zeigt an ihren Blättern Auswüchse. Lassen diese sich aus Epidermiszellen ableiten, so sind es Haarbildungen (Pflanzenhaare), die als tote Gebilde dem Transpirationsschutz dienen oder als lebende Strukturen z.B. Drüsenhaare sind. Emergenzen gehen aus der Epidermis und darunter liegendem Parenchymgewebe hervor.

Die Anordnung der B. an der Sprossachse variiert je nach Pflanzenart (Blattstellung). Auch die Umbildungen von Blättern in Ranken oder Dornen etc. (Blattmetamorphosen) sind typisch für bestimmte Pflanzenarten.



Blatt: Blattquerschnitt: 1 Schematische Darstellung. 2 Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme



Blatt: Formen der Blattspreite bei einfachen Blättern: a linealisch (lineal), b nadelförmig, c pfriemlich, d borstlich, e lanzettlich (länglich), f sichelförmig, g eilanzettlich, h elliptisch (oval), i verkehrt-eiförmig, k keilförmig, l spatelig, m sprossförmig, n pfeilförmig o dreieckig, p rautenförmig, q herzförmig, r nierenförmig, s kreisrund, t unsymmetrisch



Blatt: Formen der Blattnervatur: a parallelnervig, b bogennervig, c fiedernervig, d handnervig

  • Die Autoren

Redaktion:
Dipl.-Biol. Elke Brechner (Projektleitung)
Dr. Barbara Dinkelaker
Dr. Daniel Dreesmann

Wissenschaftliche Fachberater:
Professor Dr. Helmut König, Institut für Mikrobiologie und Weinforschung, Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Professor Dr. Siegbert Melzer, Institut für Pflanzenwissenschaften, ETH Zürich
Professor Dr. Walter Sudhaus, Institut für Zoologie, Freie Universität Berlin
Professor Dr. Wilfried Wichard, Institut für Biologie und ihre Didaktik, Universität zu Köln

Essayautoren:
Thomas Birus, Kulmbach (Der globale Mensch und seine Ernährung)
Dr. Daniel Dreesmann, Köln (Grün ist die Hoffnung - durch oder für Gentechpflanzen?)
Inke Drossé, Neubiberg (Tierquälerei in der Landwirtschaft)
Professor Manfred Dzieyk, Karlsruhe (Reproduktionsmedizin - Glück bringende Fortschritte oder unzulässige Eingriffe?)
Professor Dr. Gerhard Eisenbeis, Mainz (Lichtverschmutzung und ihre fatalen Folgen für Tiere)
Dr. Oliver Larbolette, Freiburg (Allergien auf dem Vormarsch)
Dr. Theres Lüthi, Zürich (Die Forschung an embryonalen Stammzellen)
Professor Dr. Wilfried Wichard, Köln (Bernsteinforschung)

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