Kompaktlexikon der Biologie: Regeneration
Regeneration, allg. Erneuerung, Wiederherstellung. In der Biologie der Ersatz von verletzten, abgestorbenen oder verloren gegangenen Körperteilen, z.B. von Zellteilen bei Einzellern, oder von Zellen, Geweben und Körperteilen bei Vielzellern (Metazoa). Regenerationserscheinungen treten bei Pflanzen und Tieren auf.
1) Bei Pflanzen ist die Fähigkeit zur R. i.Allg. sehr stark ausgeprägt. Sie wird in der Pflanzenzucht bei der Vermehrung durch Stecklinge und bei der Veredelung durch Pfropfung wirtschaftlich genutzt. Bei den pflanzlichen R. handelt es sich entweder um einen Ersatz durch Auswachsen bereits vorgebildeter, ruhender embryonaler Anlagen oder aber um eine völlig adventive Neubildung (Adventivbildung).
2) Bei Tieren unterscheidet man verschiedene Formen der R. Unter physiologischer R. oder Restitution versteht man den periodischen (z.B. Feder- oder Schuppenkleid) oder ständigen (z.B. Epidermis der Haut von Säugetieren) Ersatz von Strukturen. Als reparative oder restaurative R. bezeichnet man den Ersatz von durch Unfall oder Autotomie verloren gegangenen Körperstrukturen. Die Fähigkeit zur reparativen R. ist unterschiedlich ausgebildet. So können z.B. Schwämme (Porifera), Hydra (Süßwasserpolyp) und Planarien (Tricladida) alle Körperteile regenerieren, Tiere mit Zellkonstanz, z.B. Fadenwürmer (Nematoda) und Rädertiere (Rotatoria) gar nicht. Selbst relativ nah verwandte Tiere regenerieren unterschiedlich gut, so bilden Schwanzlurche (Urodela) ganze Extremitäten neu, die meisten Froschlurche (Anura) verschließen nur die Wunde. Die Regenerationsfähigkeit kann sich auch im Laufe der Individualentwicklung ändern. Beispielsweise regenerieren Kaulquappen Extremitäten, Frösche hingegen nicht; Seestern-Arme werden regeneriert, Seesternlarven können verloren gegangene Körperteile nicht ersetzen.
Verloren gegangene Strukturen können formal auf zwei Arten wieder hergestellt werden. Bei morphallaktischer R. oder Morphallaxis werden fehlende Teile durch Umorganisation der Reststruktur ersetzt (z.B. bei Hydra). Bei komplexer aufgebauten Tieren (auch bei Einzellern, z.B. Pantoffeltierchen) wird die fehlende Struktur vom Wundrand her wieder aufgebaut (Epimorphose). Vielzeller bilden am Wundrand ein Regenerationsblastem aus reembryonalisierten Zellen unterschiedlicher geweblicher Herkunft; diese teilen sich und differenzieren das Regenerat. Wird eine verloren gegangene Struktur von Zellen eines anderen Gewebes gebildet, spricht man von Metaplasie (z.B. Linsen-R. vom oberen Irisrand). Verloren gegangene Strukturen können identisch regeneriert werden (z.B. Extremitäten der Schwanzlurche), weniger kompliziert (z.B. unsegmentierter Knorpel statt Wirbel im regenerierten Eidechsenschwanz) oder unvollständig wiederaufgebaut werden (bei präimaginalen Insekten kleinere Beine mit unvollständiger Gliederzahl). Nach Lage des Regenerates unterscheidet man terminale R., bei der nur distale Strukturen ersetzt werden (z.B. Extremitäten), und interkalare R., bei der in einem Kontinuum fehlende Strukturen nach dem Kontinuitätsprinzip.ersetzt werden, z.B. Strukturen innerhalb eines Insektensegments. – Ein Spezialfall der R. ist die kompensatorische Hypertrophie: die verbleibenden Strukturen vergrößern sich übernormal, sodass die Funktion des Gesamtorganismus wiederhergestellt wird; z.B. vergrößert sich nach Resektion selbst noch ein Viertel der menschlichen Leber durch Vergrößerung der verbleibenden Leberlappen.
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