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Kompaktlexikon der Biologie: Rinder

Rinder, Bovinae, zu den Hornträgern (Bovidae) gehörende Unterfamilie mit vier Gatt.: Asiatische Büffel (Bubalus), afrikan. Büffel oder Kaffernbüffel (Syncerus), Eigentliche Rinder (Bos) und Bisons oder Wisente (Bison). R. haben einen plumpen Körperbau, einen breiten Kopf, der bei beiden Geschlechtern Hörner trägt und ein unbehaartes und stets feuchtes „Flotzmaul“. Das Fell ist meist kurzhaarig und anliegend, der Schwanz besitzt eine Endquaste. R. sind Herdentiere, die in sehr unterschiedlichen Lebensräumen (z.B. Wälder, Grassteppen, Gebirge – sofern Wasser vorhanden ist) existieren können und ihr Wohngebiet weder verteidigen noch markieren. Sie sind reine Pflanzenfresser, die wiederkäuen (Ruminantia, Pansensymbiose). Geruchssinn und Gehör sind leistungsstark, das Sehvermögen ist weniger ausgeprägt. Die R. sind eine stammesgeschichtlich vergleichsweise junge Tiergruppe mit Hauptentfaltung während der Eiszeiten. Wildrinder leben heute noch in ihrer Urheimat Asien und in Afrika; in Europa und in Nordamerika wurden sie in historischer Zeit nahezu ausgerottet. Weltweit verbreitet sind heute ihre von Menschen in den Hausstand überführten Nachfahren. Das in vielen Rassen gezüchtete Hausrind (Bos primigenius taurus; Schulterhöhe 120 bis 135 cm, Körpergewicht 400 – 700 kg), eines der ältesten Haustiere des Menschen, stammt vom Auerochsen oder Ur (Bos [Bos] primigenius) ab, einem ausgerotteten Wildrind, das ursprünglich aus Indien stammt (seit dem Tertiär nachgewiesen) und in Deutschland erst seit 250000 Jahren durch Skelettfunde belegt ist.

Die ursprünglichsten und mit Schulterhöhen von etwa 70 und 86 cm kleinsten der heute lebenden Wildrinder sind die zwei zur Gattung Bubalus gehörenden Arten der Gemsbüffel oder Anoa (Untergatt. Anoa) auf Sulawesi. Zur zweiten asiatischen Untergatt. (Bubalus) gehört der deutlich kräftigere Wasserbüffel oder Arni (Bubalus [Bubalus]arnee), die Stammform des Hausbüffels; er kommt in kleinen Beständen noch in vorderindischen Sumpfgebieten vor. Der Afrikan. Büffel oder Kaffernbüffel (Syncerus caffer) ist südlich der Sahara einer der verbreitetsten Paarhufer. Im Unterschied zu den asiatischen Büffeln wurde der Kaffernbüffel bis heute nicht domestiziert. Er kommt in zwei Unterarten vor, die sich in Körperbau und Fellfarbe deutlich unterscheiden, aber miteinander kreuzbar sind. Charakteristisch für den Eigentlichen Kaffernbüffel oder Schwarzbüffel (Syncerus caffer caffer) ist der massive Stirnhelm, der durch die beiden miteinander verschmolzenen Hornansätze gebildet wird.

Die weitaus formenreichste Gatt. der R. bilden die Eigentlichen Rinder (Bos). Es werden vier Untergatt. unterschieden: Bos mit dem Auerochsen oder Ur, die Stirnrinder (Bibos) mit dem in Südostasien beheimateten Gaur (Bos [Bibos] gaurus), dem mit bis zu 2 m Schulterhöhe gewaltigsten Wildrind und dem wesentlich kleineren Banteng (Bos [Bibos] javanicus), der in kleinen verstreuten Beständen auf den Inseln des Malaiischen Archipels und in Nordaustralien (vermutlich verwilderte Haustierformen) vorkommt. Die domestizierte Form des Gaur ist der Gayal (Bos[Bibos] gaurus frontalis). Beide Arten sind in ihren Beständen stark bedroht. Die dritte Untergatt. ist Novibos, mit dem bis 1,9 m schulterhohen, ursprünglich in Südostasien verbreiteten und heute fast ausgerotteten Kouprey (Bos [Novibos] sauveli). Einziger noch lebender Vertreter der Untergatt. Poephagus ist der bis über 2 m schulterhohe Yak (Bos [Poephagus] mutus), der in Restbeständen in den Hochsteppen Tibets in bis 4700 m Höhe vorkommt. Auch der Yak ist vom Aussterben bedroht. Alle Arten der Eigentlichen Rinder sind Stammformen von Hausrindern.

  • Die Autoren

Redaktion:
Dipl.-Biol. Elke Brechner (Projektleitung)
Dr. Barbara Dinkelaker
Dr. Daniel Dreesmann

Wissenschaftliche Fachberater:
Professor Dr. Helmut König, Institut für Mikrobiologie und Weinforschung, Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Professor Dr. Siegbert Melzer, Institut für Pflanzenwissenschaften, ETH Zürich
Professor Dr. Walter Sudhaus, Institut für Zoologie, Freie Universität Berlin
Professor Dr. Wilfried Wichard, Institut für Biologie und ihre Didaktik, Universität zu Köln

Essayautoren:
Thomas Birus, Kulmbach (Der globale Mensch und seine Ernährung)
Dr. Daniel Dreesmann, Köln (Grün ist die Hoffnung - durch oder für Gentechpflanzen?)
Inke Drossé, Neubiberg (Tierquälerei in der Landwirtschaft)
Professor Manfred Dzieyk, Karlsruhe (Reproduktionsmedizin - Glück bringende Fortschritte oder unzulässige Eingriffe?)
Professor Dr. Gerhard Eisenbeis, Mainz (Lichtverschmutzung und ihre fatalen Folgen für Tiere)
Dr. Oliver Larbolette, Freiburg (Allergien auf dem Vormarsch)
Dr. Theres Lüthi, Zürich (Die Forschung an embryonalen Stammzellen)
Professor Dr. Wilfried Wichard, Köln (Bernsteinforschung)

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