Kompaktlexikon der Biologie: Sexualerziehung
Sexualerziehung, Bereich der Persönlichkeitserziehung, der die körperliche und seelische sexuelle Entwicklung von Kindern und Jugendlichen umfasst. S. soll ohne unnötige Tabus Wissen zu allen Fragen vermitteln, die in den jeweiligen Altersstufen zur körperlichen und seelischen Entwicklung und zum Erwachsenwerden, zum Umgang mit der eigenen Sexualität und der Sexualität in der Gesellschaft auftauchen. Sie soll zu einer positiven Einstellung zum Körper und zur Sexualität verhelfen, die Fähigkeit zum angemessenen sprachlichen Ausdruck im Bereich Sexualität fördern sowie Selbstwertgefühl, Wertempfinden, Toleranz und sittliche Entscheidungsfähigkeit fördern und zur Liebes- und Bindungsfähigkeit erziehen. Darüber hinaus kann S. als integrierter Teil der Gesamterziehung dabei helfen, sexuellem Missbrauch und Schwangerschaften bei Teenagern vorzubeugen. Welche Inhalte altersgemäß sind, sollten jeweils die Kinder und Jugendlichen selbst bestimmen können. Die Beantwortung der Fragen sollte immer offen und sachlich richtig sein, so früh wie möglich die richtige Benennung der Geschlechtsorgane mit einbeziehen und auch die Themen Liebe, Zärtlichkeit, geschlechtliche Vereinigung und Zeugung, Schwangerschaft und Geburt mit einschließen.
Die elterliche S. sollte direkt nach der Geburt beginnen, mit einer warmen, engen Eltern-Kind-Beziehung, die körperliche Nähe und Hautkontakt zwischen Säugling und Eltern zulässt. Wichtig ist darüber hinaus Geduld bei der Reinlichkeitserziehung und eine verständnisvolle Reaktion auf die Erforschung des eigenen Körpers (genitale Reizung/Masturbation) bzw. die gegenseitige Erkundung in Form der so genannten Doktorspiele. Kindliche Verliebtheit sollte von den Eltern ernst genommen werden. Rechtzeitig vor der Pubertät sollten die Kinder auf die körperlichen und seelischen Veränderungen, die mit der Pubertät einhergehen, vorbereitet werden. Eine wichtige Rolle bei der elterlichen S. und damit der künftigen Einstellung der Kinder zur Sexualität spielt ihre eigene Einstellung zur Sexualität.
Die schulische S. wird in den Lehrplänen der einzelnen Bundesländer, vor allem den Grundschulbereich betreffend, unterschiedlich gewichtet und wurde lange Zeit überwiegend eher vernachlässigt als gefördert. Erst seit die Öffentlichkeit zunehmend die weite Verbreitung sexuellen Missbrauchs von Kindern wahrnimmt, und auch bedingt durch das Auftreten der überwiegend durch sexuelle Kontakte übertragenen Krankheit Aids, wird auch schulische S. wieder wichtiger gesehen. Die Lehrkräfte, die Sexualkunde unterrichten, müssen als Voraussetzungen für ein Gelingen der schulischen S. neben umfassendem fachlichem Wissen auch Offenheit, Ehrlichkeit und Toleranz mitbringen. Sie sollten ihren eigenen Standpunkt im Bereich Sexualität reflektiert haben und die Fähigkeit besitzen, die Intimgrenze der Schüler, aber auch ihre eigene wahrzunehmen und zu wahren. Wichtig ist auch, dass die Lehrkräfte eine Atmosphäre schaffen können, in der über Sexualität und ihre Vielfältigkeit frei gesprochen werden kann und in der die aufkommenden Fragen zur Sexualität von den Schülern und Schülerinnen auch wirklich gestellt werden. (adrenogenitales Syndrom, Protandrie, Empfängnisverhütung, Geschlecht, Geschlechtshormone, Geschlechtsmerkmale, Geschlechtsorgane, Geschlechtsverkehr, Homosexualität, Menstruationszyklus, Schwangerschaft, Schwangerschaftsabbruch, Sexualverhalten und zugehöriges Essay: Biologische Wurzeln im Sexualverhalten des Menschen, sexuell übertragbare Krankheiten)
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