Kompaktlexikon der Biologie: Tauchen
Tauchen, Fortbewegung Luft atmender Tiere (und des Menschen) unter Wasser. Das T. ist mit einer Reihe von physiologischen Belastungen verbunden, die auf physikalischen Phänomenen beruhen. So wird eine Gasblase oder ein Luftbehälter mit gasdurchlässiger Wand mit zunehmender Tiefe komprimiert (Boyle-Mariotte-Gesetz) und zudem werden Gase an das umgebende Wasser abgegeben (Gesetz von Henry). Dies bedeutet z.B., dass ein tauchendes Insekt nicht zu tief tauchen darf, wenn es eine Luftblase am Körper als Atemvorrat mitnimmt, da die Luft sonst ins Wasser diffundiert und die Luftblase sich auflöst. Wasserinsekten verhindern z.B. über mechanische Verstrebungen (Plastron) das Schrumpfen der Luftblase. Umgekehrt ist bei einer Druckentlastung eine Flüssigkeit rasch mit Gas übersättigt, mit der Folge, dass sich Gasbläschen absondern, die umso größer werden, je weiter der Druck nachlässt; dies führt z.B. beim zu schnellen Auftauchen zur Dekompressionskrankheit, da sich Gasbläschen aus der Flüssigkeit der Zellen und aus dem Blut abscheiden. Im Extremfall tritt durch Luftembolie der Tod ein. Ein weiteres Problem ist die Wirkung des zunehmenden Drucks auf den Körper. In 50 m Wassertiefe ist der Druck bereits sechsmal so hoch wie an der Luft. Während der Blutdruck gleichermaßen mit dem Außendruck zunimmt und diesen dadurch ausgleicht, schrumpft die Lunge, die ja mit komprimierbarem Gas gefüllt ist (nach den Prinzipien von Boyle-Mariotte und Henry). Bei einer Tiefe von etwa 40 m hat die Lunge ihr Residualvolumen erreicht, d.h. sie kann nicht weiter schrumpfen, da durch den starren Brustkorb Grenzen gesetzt sind. Wird beim weiteren Tauchen der Druck in der Lunge geringer als der hydrostatische Druck des Blutes (der demjenigen des umgebenden Wassers entspricht), dringt Wasser vom Blut in die Lungenalveolen und man ertrinkt, ohne Wasser zu schlucken. Der Mensch löst diese Probleme durch technische Hilfen, Pressluftgeräte mit Lungenautomat, der automatisch bei jedem Atemzug die Luftmenge und den Druck der Atemluft den äußeren Gegebenheiten anpasst und so auch das Kollabieren der Lungen verhindert, spezielle Atemgasgemische, die den durch höhere Löslichkeit von Stickstoff im Blut unter hohem Druck ausgelösten Tiefenrausch verhindern helfen, spezielle Tauchanzüge, die vor Unterkühlung des Körpers schützen und langsames Aufsteigen mit allmählicher Dekompression zur Vermeidung der Dekompressionskrankheit und des Platzens luftgefüllter Hohlräume, speziell der Lunge.
Tauchende Tiere haben eine Reihe von Mechanismen entwickelt, um diese physikalischen Probleme zu lösen. Sie tauchen mit ausgeatmeten Lungen und erreichen, da der Brustkorb weniger starr ist, ein Residualvolumen von nahezu null, d.h. es können sich weniger Luftgase im Blut lösen. Luftbläschen, die sich beim Auftauchen aus der Körperflüssigkeit abscheiden, werden z.B. bei manchen Delfinen in einem besonderen Kapillarnetz gefangen und können so nicht ins Gehirn gelangen. Bei Walen wird vermutet, das der Blas außer Atemluft und Wasserdampf auch feinverteiltes Öl enthält; dieses könnte dazu dienen, den in großen Tiefen besser löslichen Stickstoff, der sich bevorzugt in lipophilen Substanzen löst, zu sammeln und nach dem Auftauchen abzublasen. Ein Tauchreflex bewirkt, dass der Herzschlag verlangsamt wird (Bradykardie) und gleichzeitig vor allem Gehirn und Herz gut durchblutet werden, auf Kosten aller anderen Organe und Körperteile. Tauchende Tiere haben zudem einen hohen Sauerstoffvorrat im Muskel in Form von sauerstoffbeladenem Myoglobin und hohe Energievorräte in Form von Kreatinphosphat; zudem können sie im Notfall in größerem Ausmaß als Landbewohner auf anaerobe Energiegewinnung umstellen.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.