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Kompaktlexikon der Biologie: Vespidae

Vespidae, Papierwespen, soziale Faltenwespen, Fam. der Hautflügler (Hymenoptera) mit ca. 3000 bekannten Arten, in Mitteleuropa etwa 60. Zu den V. gehören die umgangssprachlich als Wespen bezeichneten, typisch schwarz-gelb oder schwarzbraun gefärbten, bis 35 mm großen (Hornisse, Vespa crabro) Staaten bildenden Insekten. Der längliche Kopf mit typisch nierenförmigen, großen Augen trägt 12- bzw. 13gliedrige (Männchen) Fühler und kräftige, beißendkauende Mundwerkzeuge. Die zwei Paar Flügel an den hinteren Brustsegmenten sind durch Häkchenreihen miteinander verbunden und werden in der Ruhe durch je eine Längsfalte (Name!) in den Vorderflügeln schmal zusammengelegt. Der Hinterleib setzt an dem Brustabschnitt mit einer tiefen Einschnürung (Wespentaille) an, durch die lediglich die Speiseröhre, einige Nervenstränge und Sehnen ziehen. Der gut bewegliche Hinterleib endet in einem Wehrstachel, dessen Giftdrüsen ein Gemisch von Proteinen, Aminosäuren sowie Histamin, Serotonin und Acetylcholin enthalten. Der Stich der V. ist durch die lokale Giftwirkung (Schwellung, Rötung) schmerzhaft, aber außer bei allergischen Personen oder bei Stich in den Mund-Rachen-Raum für den Menschen nicht gefährlich. Der Stachel bleibt durch den Aufbau der Widerhaken im Gegensatz zu dem der Honigbiene nicht in der menschlichen Haut stecken.

Wie bei der Honigbiene, den Ameisen (Formicidae) und den Hummeln gibt es hier eine sterile Kaste: Die Königin des Staates und die Arbeiterinnen entstehen aus befruchteten Eiern; die Arbeiterinnen haben unvollständig ausgebildete Eierstöcke und sind steril. Die Männchen entstehen aus unbefruchteten, haploiden Eiern der Königin. Die befruchtete, überwinternde Königin gründet im Frühjahr alleine den neuen Wespenstaat. Bis zum Schlüpfen der ersten Brut muss sie allein für den Nestbau und die Ernährung sorgen. Die dann schlüpfenden Individuen sind Arbeiterinnen; sie übernehmen alle Arbeiten im und außerhalb des immer individuenreicher werdenden Nestes, während die Königin nun im Staat verbleibt. Die Brut und auch die Imagines sind Allesfresser; die Nahrung wird von den Arbeiterinnen in Stücke zerschnitten oder zerkaut herbeigebracht und/oder erbeutet und im Nest an die Larven und andere Mitglieder des Staates verfüttert. Die Larven geben ihrerseits ein Sekret ab, das von den Imagines aufgeleckt wird. Im Spätsommer entwickeln sich aus den Larven Männchen und Weibchen; in unseren Breiten stirbt der Staat im Spätherbst mit Ausnahme der begatteten jungen Königinnen ab; diese überwintern in Schlupfwinkeln und gründen im nächsten Frühjahr neue Staaten. Das Nest der V. wird aus Papier (deshalb „Papierwespen“) gebaut, das die Arbeiterinnen aus zerkautem Pflanzenmaterial herstellen; dieses wird mit Speichel und oft mit Holzstückchen oder Erde vermischt. Die Farbe variiert je nach Herkunft des Baustoffes von Grau bis Braun (Holz). Mehrere Stockwerke von waagerecht angeordneten Waben, deren Zellen bei einheimischen Arten nach unten geöffnet sind, werden entweder mit Säulchen untereinander gehängt (stelocyttarer Nesttyp einheimischer Arten) oder an der Außenwand befestigt (phragmocyttarer Nesttyp vieler tropischer Arten). Die Waben werden nach außen oder unten für neue Brutzellen erweitert. Das ganze Nest wird zur Isolierung mit mehreren Schichten Papier nach außen umschlossen. Für den Ort, an dem ein Nest angelegt wird, sind artspezifische Vorlieben für Licht, Wärme und Feuchtigkeit ausschlaggebend; es gibt Nester in der Erde, in Bäumen und in Mauerritzen und anderen Hohlräumen. Trotz ihrer Warnfärbung werden die V. und ihre Nester von zahlreichen Feinden heimgesucht: Vögel, wie z.B. Wespenbussard, Neuntöter oder Bienenfresser beißen den Hinterleib mit dem Stachel vor dem Fressen ab; auch Raubfliegen und Spinnen erbeuten V. Neben Fächerflüglern, Dickkopffliegen, Schlupfwespen u.a. Insekten parasitieren die zu den V. gehörenden Kuckucksfaltenwespen (Gattungen Pseudovespula und Vespula), die selbst keine Arbeiterinnen-Kaste ausbilden, in den Staaten anderer Arten. Von den einheimischen Arten sind insbesondere vier Arten zu Kulturfolgern geworden, dies sind die beiden Langkopfwespen-Arten Dolichovespula saxonica und Dolichovespula sylvestris, die meist frei hängende Nester in Dächern, Schuppen, mitunter auch in Rollladenkästen bauen, und zwei Arten der Kurzkopfwespen (Vespula vulgaris und Vespula germanica), die ihre Nester oft im Boden, z.B. in Mauselöchern, die sie erweitern, anlegen.

Literatur: Bellmann, H.: Bienen, Wespen, Ameisen. Hautflügler Mitteleuropas, Stuttgart 1995.

  • Die Autoren

Redaktion:
Dipl.-Biol. Elke Brechner (Projektleitung)
Dr. Barbara Dinkelaker
Dr. Daniel Dreesmann

Wissenschaftliche Fachberater:
Professor Dr. Helmut König, Institut für Mikrobiologie und Weinforschung, Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Professor Dr. Siegbert Melzer, Institut für Pflanzenwissenschaften, ETH Zürich
Professor Dr. Walter Sudhaus, Institut für Zoologie, Freie Universität Berlin
Professor Dr. Wilfried Wichard, Institut für Biologie und ihre Didaktik, Universität zu Köln

Essayautoren:
Thomas Birus, Kulmbach (Der globale Mensch und seine Ernährung)
Dr. Daniel Dreesmann, Köln (Grün ist die Hoffnung - durch oder für Gentechpflanzen?)
Inke Drossé, Neubiberg (Tierquälerei in der Landwirtschaft)
Professor Manfred Dzieyk, Karlsruhe (Reproduktionsmedizin - Glück bringende Fortschritte oder unzulässige Eingriffe?)
Professor Dr. Gerhard Eisenbeis, Mainz (Lichtverschmutzung und ihre fatalen Folgen für Tiere)
Dr. Oliver Larbolette, Freiburg (Allergien auf dem Vormarsch)
Dr. Theres Lüthi, Zürich (Die Forschung an embryonalen Stammzellen)
Professor Dr. Wilfried Wichard, Köln (Bernsteinforschung)

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