Lexikon der Biologie: Bacillus-thuringiensis-Toxin
Bacillus-thuringiensis-Toxins, Abk. Bt-Toxin, insektizid wirkendes Protein (insektizide Proteine), das von Bacillus thuringiensis während der Sporenbildung (Endosporen) als Protoxin gebildet wird. Das für dieses Protein codierende Gen wurde bereits isoliert und charakterisiert. Während der Sporenbildung synthetisiert Bacillus thuringiensis große Mengen des Proteins, das sich zu Kristallen zusammenlagert. Nimmt ein Insekt mit seiner Nahrung diese Kristalle auf, so werden die Proteine von den Verdauungssäften des Insekts freigesetzt und gespalten und damit zum wirksamen Toxin umgewandelt. Die Spaltprodukte binden an Rezeptoren der Darmwand, dringen in die Zellmembran des Darmepithels ein und zerstören diese durch Porenbildung ( vgl. Abb. ). Dadurch kommt es zu einer Vermischung des Darminhalts mit der Hämolymphe und zum Tod (Sepsis) des Insekts. Da nur wenige, nahe verwandte Insektenarten Bindungsstellen für das Bacillus-thuringiensis-Toxin besitzen, kann das Toxin zur biologischen Schädlingsbekämpfung verwendet werden. Heute sind über 30 ähnliche Proteine mit unterschiedlichen Wirkspektren und deren Gene bekannt. Sie wurden aus anderen Bacillus-Arten (z. B. Bacillus larvae, Bacillus sphaericus) isoliert. Das Bacillus-thuringiensis-Toxin wirkt auf Schmetterlingslarven, andere Toxine auf Stechmückenlarven, Käfer oder Fadenwürmer letal. – Da die Toxine unter UV-Strahlung rasch ihre Wirkung verlieren, ist ihr Einsatz zur Zeit noch gering. Um dieses Problem zu umgehen, werden zwei Wege beschritten: 1) Die für das Toxin codierenden Gene werden solcherart verändert, daß Toxine von längerer Lebensdauer entstehen, und die Sporen dieser veränderten Bakterien werden auf die Felder ausgebracht. 2) Die Gene für das Toxin werden in das Genom von Nutzpflanzen eingeführt. Insekten, die an diesen Pflanzen fressen, entwickeln sich langsamer oder sterben sogar ganz ab. Mehrere solcher sog. Bt-Pflanzen sind schon auf dem Markt, darunter so wichtige Nutzpflanzen wie Baumwolle (Baumwollpflanze), Kartoffeln (Kartoffelpflanze), Mais, verschiedene Gemüsesorten (Gemüse) und Reis. Da diese Pflanzen nicht nur bei akutem Insektenbefall, sondern ständig Bt-Toxine erzeugen, wird dadurch die Verbreitung von toxinresistenten Insektenpopulationen begünstigt. Insektenresistenz gegen Bt-Toxine ist allerdings schon vor der Einführung transgener Pflanzen bekannt geworden – vermutlich durch exzessiven Einsatz des Toxins bei der biologischen Schädlingsbekämpfung. Anfang der 80er Jahre trat dieses Problem erstmals in Zuckerrohrplantagen in Hawaii auf. Im Zusammenhang mit der Neueinführung von Bt-Baumwolle Mitte der 90er Jahre sind auch in Nordamerika Fälle von Massenbefall durch Bt-resistente Insekten beobachtet worden. Um die Resistenzentwicklung zu verlangsamen (sog. resistance management), empfehlen die entsprechenden Firmen, das transgene Saatgut mit konventionellem Saatgut zu mischen, um so den Selektionsdruck auf die Insektenpopulation zu vermindern. In den meisten Fällen scheint die Resistenz auf eine Veränderung in der Struktur der Rezeptoren im Insektendarm zurückzugehen, wodurch die Bindung des Toxins vermindert wird. Manche dieser Veränderungen verleihen sogar eine multiple Resistenz (d. h. gegen eine ganze Reihe von Bt-Toxinen; Mehrfachresistenz). Darüber hinaus kommen jedoch auch komplexere Resistenzstrategien vor, wie pH-Änderungen der Verdauungssekrete (wodurch die Freisetzung der Toxine im Darm verhindert wird) oder Verhaltensänderungen (bevorzugter Fraß von Pflanzenteilen mit niedrigem Toxinpegel). Langfristig wird im Rahmen des "resistance management" versucht, neue, wirksamere Toxine zu finden, gegen die noch keine Resistenzen vorhanden sind. Außerdem wird daran gearbeitet, das Toxin nicht stetig, sondern induzierbar zu bilden, so daß die Pflanzen nur bei massivem Schädlingsbefall Bt-Toxine erzeugen. Alternativ wird das Toxin-Gen unter der Kontrolle von gewebsspezifischen Promotoren in das pflanzliche Genom eingeführt, so daß nur bestimmte, besonders wichtige Pflanzenorgane (bei der Baumwolle etwa die Blütenknospen, aus denen sich die Samenkapseln entwickeln) geschützt sind. Biopestizide, Entwicklungshemmer, gentechnische Schädlingsbekämpfung.
P.N.
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