Lexikon der Biologie: Baldrian
Baldrianm [von mittellatein. valeriana = Echter Baldrian], Valeriana, Gattung der Baldriangewächse mit über 200, auf der Nordhalbkugel und in Südamerika weit verbreiteten Arten, die sich dank ihrer Vielgestaltigkeit (es gibt Stauden, verholzte Halbsträucher und sogar Lianen) an die unterschiedlichsten Standortbedingungen angepaßt haben. Bekannteste Art ist der in ganz Eurasien bis Japan beheimatete Arznei-Baldrian (Echter Baldrian, Großer Baldrian, Katzen-Baldrian oder Gemeiner Baldrian), Valeriana officinalis ( vgl. Abb , ä Baldriangewächse , Kulturpflanzen XI), der seines morphologischen Formenreichtums wegen heute allerdings in eine Anzahl selbständiger Arten unterteilt wird. Die 25–100 (200) cm hohen Pflanzen besitzen einen kurzen, walzenförmigen Wurzelstock und einen einfachen, gefurchten, hohlen, unten kurzhaarigen Stengel mit mehreren Blattpaaren, deren unpaarig gefiederte Spreiten 5–23 lanzettliche bis lineale Fiedern aufweisen. Die in einer wiederholt dreispaltigen, schirmförmigen Trugdolde stehenden Blüten besitzen eine 4–5 mm lange, trichterige, fünfzipfelige, rotlila bis weiße Krone und 3 Staubblätter. Der Kelchsaum entwickelt sich nach der Blüte zu einer federigen Haarkrone (Flughaare), die zur Ausbreitung der einsamigen Frucht beiträgt. Etwa von Mai bis September blühend, ist der Arznei-Baldrian im Saum von Bach- und Flußufern sowie Staudenfluren (Holunderblättriger Baldrian und Ausläufer-Arznei-Baldrian, Valeriana sambucifolia, in Deutschland bestandsgefährdet; Valeriana procurrens), auf Moorwiesen, Waldlichtungen und an Gräben (Breitblättriger Baldrian und Wiesen-Arznei-Baldrian, Valeriana exaltata, Valeriana pratensis) sowie in Halbtrockenrasen, in lichten Wäldern und im Saum sonniger Büsche (Schmalblättriger Arznei-Baldrian, Valeriana collina) zu finden. Weitere in Mitteleuropa vorkommende Baldrian-Arten sind unter anderem der in Wäldern und Geröllfluren der Gebirge Mittel- und Südeuropas vorkommende, bis 60 cm hohe Berg-Baldrian (Valeriana montana), der sich durch ungeteilte, eiförmige bis eilanzettliche, spitze, ganzrandige oder gezähnte Laubblätter auszeichnet, der ebenfalls in den Gebirgen Mittel- und Südeuropas beheimatete Dreiblättrige Baldrian oder Stein-Baldrian (Valeriana tripteris; ä Baldriangewächse ), dessen obere Stengelblätter eine dreiteilige Spreite aufweisen, und der auf nassen Wiesen, moorigen Waldstellen sowie in Flach- und Quellmooren wachsende Kleine Baldrian oder Sumpf-Baldrian (Valeriana dioica), dessen obere Blätter eine fiederspaltige bis fiederteilige Form mit lanzettlichen Abschnitten und großer, ovaler Endfieder aufweisen. In alpinen Felsrasen der Ost- und Westalpen beheimatet ist der geschützte Echte Speik (Valeriana celtica, Alpenpflanzen ), dessen etherisches Öl bei der Seifen- und Parfümherstellung verwendet wird. – Von alters her als Heil- und Gewürzpflanze bekannt und geschätzt, wurde der Arznei-Baldrian z. B. zur Bekämpfung der Pest eingesetzt, als Abwehrmittel gegen bösen Zauber angewendet oder, wie noch heute, zur Parfümherstellung benutzt. Die moderne Pharmazie verwendet vor allem die auf Herabsetzung der Reflexerregbarkeit und Dämpfung des psychomotorischen Bereichs des Zentralnervensystems beruhende nervenberuhigende, schlaffördernde und krampflösende Wirkung. Baldrian ist Bestandteil von Beruhigungs- und Schlafmitteln (Baldrianpräparate). Als Droge dient vor allem der Wurzelstock, der neben anderen Substanzen das Glykosid Valerid, die Alkaloide Chatinin und Valerin sowie das etherische Baldrianöl enthält. Letzteres besteht unter anderem aus Bornylisovalerianat, -formiat und -acetat, Sesquiterpenen sowie dem für die sedative Wirkung der Droge verantwortlichen Isovaleriansäureester Valtrat ( vgl. Abb. ). Der charakteristische Geruch des Baldrianöls entsteht durch freiwerdende Isovaleriansäure(Baldriansäure) und wirkt bekanntlich außerordentlich anziehend auf Katzen (Katzenkraut, Hexenkraut). Die Einnahme von zu großen Mengen von Baldrian bewirkt Vergiftungserscheinungen, die sich in Kopfschmerzen, Unruhe, Schlafstörungen und Störungen der Herztätigkeit bis hin zu zentralen Lähmungen äußern. Bodenzeiger, Borneol.
N.D.
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