Lexikon der Biologie: Braunalgen
Braunalgen, Brauntange, Phaeophyceae, Fucophyceae, nach der bisherigen Systematik Klasse der Algen mit 11 Ordnungen ( vgl. Tab. ), nach der neueren Systematik Klasse der Heterokontophyta mit nur noch 5 Ordnungen (Cutleriales, Dictyotales, Ectocarpales, Fucales und Laminariales); eine natürliche Entwicklungsgruppe, die sich von den übrigen Arten durch ihre Morphologie, Cytologie und Physiologie abtrennt. Die etwa 1500 Arten sind in ca. 240 Gattungen zusammengefaßt. Bis auf die wenigen Arten der 3 Gattungen Pleurocladia, Lithoderma und Bodanella sind alle Meeresbewohner. Sie bilden vor allem im Litoral- (Watt) und oberen Sublitoralbereich felsiger Küsten kühlerer Meere große, flächendeckende Bestände. Die einfachsten Arten sind trichal, verzweigt, andere besitzen einen echten Gewebethallus oder zum Teil über 70 m lange plektenchymatische, sehr differenziert gebaute Thalli. Die Braunfärbung der Plastiden (Phaeoplasten) ist bedingt durch Überlagerung des Chlorophylls insbesondere durch Fucoxanthin (Algen, Tab.). Wichtigste Reservestoffe sind neben Lipiden der Zuckeralkohol Mannitol (D-Mannit) und das dextrinähnliche Polysaccharid Chrysolaminarin (Laminaran, Laminarin); letzteres wird in Vakuolen gespeichert. In kleinen Vakuolen (Physoden) wird das gerbstoffartige, sauer reagierende Fucosan gebildet. Die Zellwände bestehen aus einem fibrillären Cellulosegerüst, das durch Alginsäure bzw. deren Metallsalze (Alginate) versteift ist. Deren Anteil kann bis zu 40% des Frischgewichts betragen. Daneben findet sich in den Zellwänden noch das leicht verschleimende Kohlenhydrat Fucoidan, das die Algen bei Ebbe vor Austrocknung schützt. Vegetative Fortpflanzung bei einfachen Formen durch Thalluszerfall ist häufig (Sargassum-Arten im Sargassomeer haben nur vegetative Fortpflanzung; Fucales); Sphacelaria (Sphacelariales) bildet Brutkörper. Sexuelle Fortpflanzung erfolgt durch Iso-, Aniso- oder Oogamie. In ihrer Ontogenie durchlaufen alle Braunalgen einen heterophasischen, hetero- oder isomorphen Generationswechsel ( vgl. Abb. ); lediglich bei den Fucales ist die Haplophase auf die Gametenbildung beschränkt. Zur Sicherung einer ausreichenden Befruchtungsrate ist es notwendig, daß die Geschlechtszellen gleichzeitig reif und freigesetzt werden. An den europäischen Küsten erfolgt das zu Springflutzeiten (Lunarperiodizität). Das Auffinden der Gameten wird durch Sexuallockstoffe (u. a. Multifiden, Ectocarpen, Fucoserraten), die von den weiblichen Gameten ausgeschieden werden, gefördert. – Die Braunalgen sind eine phylogenetisch alte Pflanzengruppe. Fossile Funde sind aus dem Silur (Silurium) und Devon bekannt. Die Braunalgen haben große wirtschaftliche Bedeutung. Schon vor 5000 Jahren wurden sie zur Ernährung, als Tierfutter und Heilmittel genutzt, in den Küstenregionen auch als Felddünger. Im Mittelalter bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden aus Braunalgen Iod, Soda und Pottasche gewonnen (u. a. zur Glasfabrikation). In Ostasien werden Laminaria (Laminariales) und Alaria-Arten als Gemüse und Suppenbeilage (Kombu) verwendet. Die Alkali- und Erdalkaliderivate der Alginsäure ergeben mit Wasser hochviskose Lösungen; die schwerlöslichen Erdalkaliderivate werden als Appreturmittel in der Textilindustrie oder zur Herstellung von Linoleum, Kunstleder und anderem verwendet, während die leichter emulgierenden Alkalisalze als Geliermittel in Pudding, Speiseeis und anderem dienen. Der Jahresbedarf an Alginsäurederivaten ist steigend. Vielfach werden die Algenbestände (aus den Gattungen Laminaria, Fucus, Ascophyllum, Sargassum, Macrocystis, Nereocystis;vgl. Abb. ) bewirtschaftet (Meereswirtschaft). Algen III , Algen V .
R.B./A.Se.
Braunalgen
Die jüngste Zusammenfassung (1999) der Ergebnisse molekulargenetischer, biochemischer und morphologischer Untersuchungen zur Systematik des Pflanzenreichs zeigt, daß die Braunalgen innerhalb der Stramenopiles (Stramenopilaten, die die Heterokontophyta sowie die Oomycetes umfassen) zu einer eigenständigen Abstammungslinie des Pflanzenreichs gehören, die neben die Abstammungslinien der Pilze, Rotalgen und Grünen Pflanzen (mitsamt den Grünalgen) gestellt wird.
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