Lexikon der Biologie: Clostridien
Clostridien [von *clostr -], Gattung Clostridium (Prazmowski, 1880), alle anaeroben Bakterien, die durch eine Endosporenbildung ausgezeichnet sind und keine Sulfatatmung aufweisen; sie enthalten normalerweise keine Katalase, nur in einigen Stämmen wurden Spuren nachgewiesen. Über 120 Arten sind benannt, über 300 beschrieben. Clostridien sind im allgemeinen gerade oder leicht gekrümmte, in der Regel grampositive Stäbchen (0,3–1,6 × 1–14 μm), meist beweglich (peritriche Begeißelung, Bakteriengeißel). Die Zellwände enthalten normalerweise meso-Diaminopimelinsäure. Die vegetativen Zellen sind durch die großen Endosporen oft angeschwollen, die – ausgereift – Trockenheit, Hitze und aerobe Bedingungen überstehen, so daß sie überall verbreitet sind. Eine Keimung erfolgt aber nur unter anaeroben Bedingungen. Die Clostridien haben einen ausgeprägten Gärungsstoffwechsel, einige sind aber chemolithotroph (s. u.). Die Stämme sind anaerob (meist streng anaerob), nur wenige aerotolerant. Clostridien kommen hauptsächlich als Saprophyten im Boden (Bodenorganismen), in Süß- und Meerwasser-Sedimenten und im Darmtrakt (Darmflora) von Mensch und Tieren vor. Es gibt mesophile, thermophile (Optimum 60–75 °C) und psychrophile Formen. In der Natur spielen Clostridien eine bedeutende Rolle in der Nahrungskette beim anaeroben Abbau organischer Substanzen (anaerobe Nahrungskette). Clostridien vergären eine Vielzahl in der Natur vorkommender Substanzen ( vgl. Tab. ), Polymere, wie Cellulose und Stärke, Zucker, Alkohole, Aminosäuren, Purine, Steroide und eine Reihe anderer organischer Substrate. Bei der Vergärung von Kohlenhydraten oder Pepton entsteht normalerweise ein Gemisch von Alkoholen und Säuren (oft Buttersäure), außerdem werden meist CO2 und H2 als Endprodukte freigesetzt. Von zahlreichen Arten werden Proteine abgebaut (Fäulnis), wobei auch übelriechende Stoffwechselprodukte entstehen (z. B. Indol, Skatol, Cadaverin, Putrescin). Die meisten Clostridien nutzen eine Vielzahl von Substraten, einige Arten sind aber Spezialisten, die nur wenige Substrate verwerten können. Die chemolithotrophen Arten nutzen H2 (Wasserstoff) als Energiedonor und CO2 (Kohlendioxid) als Elektronenakzeptor (Carbonatatmung, acetogene Bakterien). Einige Arten können molekularen Stickstoff (N2) fixieren. – Nach ihrem Stoffwechsel werden Clostridien in 4 Gruppen (Typen) unterteilt ( vgl. Tab. ). Einige Clostridien sind verantwortlich für den Verderb von Futter- und Nahrungsmitteln (z. B. Silage, Käse); sie enthalten wichtige Krankheitserreger und Toxinproduzenten ( vgl. Tab. ), die tödliche Vergiftungen verursachen können (Clostridienneurotoxine). Sporenkeimung und das Wachstum in Nahrungsmitteln können durch natürliche Säuerung mit Milchsäurebakterien (pH-Werte < 5,0) oder Zusatz von Essigsäure, Milchsäure oder anderen Säuren, durch Nitritzusatz (Nitrite, Pökeln) oder Räuchern verhindert werden. Faulendes Fleisch (Fleischfäulnis) mit Clostridientoxinen wird von Indianern als Pfeilgift verwendet. – Zur Identifizierung dienen die Sporenanordnung, Wuchsform ( vgl. Abb. ), biochemischen Leistungen, Hämolyse, Antigenstruktur und Pathogenitätsnachweis im Tier, neuerdings auch molekulargenetische Methoden. – L. Pasteur fand 1861 beim Untersuchen der Buttersäuregärung, daß auch ein "Leben ohne Sauerstoff" möglich ist. S.N. Winogradskij entdeckte bei Clostridium pasteurianum, daß es auch eine Stickstoffixierung freilebender Bakterien gibt. Die proteolytische Stoffwechselaktivität, die besonders bei pathogenen Formen vorkommt, wurde von Stickland (1934) bei Clostridium sporogenes aufgeklärt (Stickland-Reaktion). Abwasser, Biotechnologie, Clostridiencytotoxine, Clostripain, Eitererreger, Gasbrandbakterien, Gasvakuolen, Leberbouillon, Nicolaier (A.).
G.S.
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