Lexikon der Biologie: Corpora allata
Corpora allata [von *corpo –, latein. allatus = herangetragen], paarige, rundliche, in der Regel transparente Hormondrüsen ( vgl. Abb. ) der Insekten ektodermalen Ursprungs, die in der Schlundregion meistens ventrolateral, aber hinter den Corpora cardiaca liegen und mit diesen über je einen Nerv verbunden sind. Je ein weiterer Nervenstrang führt zum Suboesophagealganglion (Unterschlundganglion). Gemeinsam mit den Corpora cardiaca bilden die Corpora allata den retrocerebralen endokrinen Drüsenkomplex, der eng mit dem stomatogastrischen Nervensystem verbunden ist ( vgl. Abb. ). Die Corpora allata (CA) sind Bildungsstätte des Juvenilhormons (JH; meistens Epoxifarnesylsäuremethylester = JH3) und beeinflussen die Synthese einer Reihe in der Reproduktion wichtiger Proteine. Hierzu gehört das im Fettkörper gebildete Vitellogenin, aber auch alle Proteine, die in den männlichen akzessorischen Drüsen gebildet werden und der Ausbildung einer Spermatophore dienen. Durch die Kontrolle der energieaufwendigen Proteinsynthese greifen die CA somit indirekt in den Kohlenhydratmetabolismus des Fettkörpers ein und beeinflussen insbesondere die Hämolymph-Trehalose-Konzentration. Das JH der CA hat mindestens zwei essentielle Aufgaben. Im Larvenstadium sorgt es für die Aufrechterhaltung des larvalen Häutungscharakters, und im Adultstadium erfüllt es die Funktion eines Sexualhormons. Entfernung der Corpora allata (Allatektomie) bei einer Larve im frühen letzten Larvenstadium induziert die Häutung und eine vorzeitige Metamorphose, was bei holometabolen Insekten (Holometabola) zu Zwergpuppen bzw. bei hemimetabolen Insekten (Hemimetabola) zu Zwergimagines führt. Im Gegensatz hierzu hat die Implantation zusätzlicher CA ins frühe letzte Larvenstadium die Ausbildung eines weiteren Larvenstadiums und damit die Genese einer Riesenimago zur Folge, was aber nur in einigen wenigen Fällen gezeigt werden konnte. Werden die CA jedoch unmittelbar nach der Imaginalhäutung entfernt, so bleiben alle weiblichen und männlichen Reproduktionsorgane unreif. Es wird kein Vitellogenin gebildet (und damit auch keine Eier), die Synthese des Kokonsekrets in den lateralen Ovidukten bleibt aus, und das Receptaculum seminis (Receptaculum) verharrt undifferenziert. Analoges gilt auch für die männlichen akzessorischen Drüsen. Bei einigen Insekten wird sogar das Sexualverhalten durch Elimination der Paarungsbereitschaft beeinflußt. Die biosynthetische Aktivität der CA wird durch sog. Allatotropine bzw. Allatostatine gesteuert. – In wenigen Fällen, z. B. beim Tabakschwärmer Manduca sexta (Schwärmer), stehen die Corpora allata in der Funktion eines Neurohämalorgans. Neurosekretorische Fasern aus der Pars lateralis transportieren das prothorakotrope Hormon (PTTH) in die Corpora allata, von wo aus es an die Hämolymphe abgegeben wird und die Prothoraxdrüse zur α-Ecdyson-Synthese (Ecdysteroide) veranlaßt. Corpora-allata-Hormon, Gliederfüßer, Häutungsdrüsen, Insektenhormone, Oberschlundganglion.
R.H.
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Corpora allata Zentral- und stomatogastrisches Nervensystem sowie retrocerebraler endokriner Drüsenkomplex der Wanderheuschrecke Locusta migratoria: a Lage im Kopf, b freipräpariert und neurosekretorisches System angefärbt, c histologischer Schnitt durch ein Corpus allatum. Ant r. = rechte Antenne, Ao = Aorta (Vorderteil des Herzens), Bns = Bündelung neurosekretorischer Fasern zum NCC1, Ca = Corpus allatum (paarig), Ccg = Corpus cardiacum, glandulärer Teil, Ccs = Corpus cardiacum, speichernder Teil, Dc = Deutocerebrum, Fg = Frontalganglion, Fko = Frontalkonnektiv, Hcg = Hypocerebralganglion, Lbn = Labralnerv (paarig), Lbp = Labialpalpus, Lbr = Labrum, Lo r. = Lobus opticus rechts, N.ant.r. = rechter Antennennerv, Nca2 = Corpus allatum Nerv-2, NCC1 = Nervus corporis cardiacis-1 (paarig), NCC2 = Nervus corporis cardiacis-2 (paarig), Nr = Nervus recurrens, Oc m. = medianer Ocellus, Oc r. = rechter Ocellus, Oe = Oesophagus, Pc = Protocerebrum, Pi = Pars intercerebralis, Pl = Pars lateralis (paarig), Sk = Schlundkonnektiv (paarig), Sko = Schlundkommissur, Spdr = Speicheldrüsen, Tc = Tritocerebrum, Usg = Unterschlundganglion, Vd = Vorderdarm, Vg = Ventrikularganglion (paarig), Vn = Ventrikularnerv (paarig) |
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