Lexikon der Biologie: Ektosymbiose
Ektosymbiose w [von *ekto –, griech. symbiōsis = Zusammenleben], Bezeichnung für diejenigen zwischenartlichen Wechselbeziehungen von Organismen, bei denen – der üblichen "Rollenverteilung" folgend – der Symbiont außerhalb des Wirtskörpers und nicht in demselben lebt (Gegensatz Endosymbiose). Bei den meisten Ektosymbiosen steht für einen Partner der Gewinn von Nahrung im Vordergrund der Beziehung. Eines der auffälligsten Beispiele für enge Wechselbeziehungen zwischen Tieren und Pflanzen (Zoophytosymbiosen) ist die Pollenübertragung bei zahlreichen Blütenpflanzen (Bedecktsamer) durch Tiere, die Zoogamie (Bestäubung). Weitere Beispiele für Zoophytosymbiosen: Insekten ganz verschiedener systematischer Gruppen haben sich im Verlauf ihrer stammesgeschichtlichen Entwicklung pflanzliche Nahrung zugänglich gemacht, ohne selbst über das cellulosespaltende Enzym Cellulase zu verfügen. Sie lassen sich die Cellulose oder das Lignin von bestimmten Pilzarten, die sie dazu eigens in Pilzgärten züchten, aufschließen und nehmen anschließend das vorverdaute Pflanzenmaterial und/oder Teile des Pilzes als Nahrung zu sich (Beispiel: Blattschneiderameisen). Auch die Höheren Termiten (Familie Termitidae) betreiben ähnliche Pilzkulturen, in ihrem Fall, um Holz als Nahrungsquelle zu nutzen. Weitere Beispiele für Pilzzucht betreibende Insekten sind die Ambrosiakäfer und die Holzwespen(Siricidae). Gallmücken(Cecidomyiidae) züchten Pilzrasen an der Innenwand der Gallenkammer. Bei vielen Pflanzen wird die Ausbreitung der Diasporen (Samen und Früchte) von Tieren (vor allem Insekten, Vögeln, Säugetieren) besorgt (Samenausbreitung, Zoochorie). Im Fall der Myrmekochorie sind die Wechselbeziehungen zwischen den tierischen Partnern (hier: Ameisen) und den Pflanzen besonders deutlich ausgeprägt und haben zu erstaunlichen Anpassungen geführt (Ameisenpflanzen). – Als Zoosymbiosen bezeichnet man symbiontische Wechselbeziehungen, bei denen beide Partner dem Tierreich angehören. In Afrika führen die Honiganzeiger, Vögel der Gattung Indicator, durch bestimmte Lautäußerungen und durch auffälliges Vorausfliegen den Honigdachs(Mellivora capensis), aber auch Eingeborene (!), zu den Nestern von Wildbienen. Der Honigdachs öffnet das Bienennest und frißt den Honig. Der Vogel hingegen bevorzugt das Bienenwachs, das durch Zusammenwirken von einem Bakterium (Micrococcus cerolyticus) und einem Pilz (Candida albicans;Candida) im Darm des Honiganzeigers (also mittels einer Endosymbiose) aufgeschlossen wird. Viele Ameisenarten nutzen den zuckerhaltigen Kot Pflanzensaft saugender Insekten (z. B. Blattläuse, Schildläuse, Zikaden), den sog. Honigtau, als Nahrungsquelle und schützen "dafür" ihre Futterlieferanten vor Freßfeinden (Trophobiose). Größere Landsäugetiere, wie etwa Büffel, Nashörner, Flußpferde, aber auch manche Reptilien (z. B. Krokodile, Meerechsen, Schildkröten), lassen sich von darauf spezialisierten Vogelarten – z. B. Madenhackerstare (Gattung Buphagus) und Krokodilwächter (Gattung Pluvianus) – von lästigen Hautparasiten befreien. Im Meer reinigen Putzerfische und Putzergarnelen andere Fische von Ektoparasiten (Putzsymbiose). Ebenfalls im Meer treffen wir auf Zoosymbiosen, bei denen sich der eine Partner das Gift der Nesselkapseln (Cniden) bestimmter Nesseltiere zur Abwehr von Freßfeinden zunutze macht. Am bekanntesten sind die Lebensgemeinschaften, welche Einsiedlerkrebse(Paguridae) mit Aktinien (Seeanemonen, Seerosen; vgl. Abb. ) eingehen, die sie gezielt aufsuchen und aktiv auf das von ihnen bewohnte Schneckengehäuse aufsetzen. Die von Natur aus sessilen Aktinien werden hierdurch "passiv beweglich" und können sich jeweils an den Mahlzeiten des Krebses beteiligen. In den Korallenriffen tropischer Meere suchen die danach benannten Anemonenfische Schutz zwischen den mit ganzen Batterien von Nesselkapseln bewehrten Tentakeln von Seeanemonen. Die "Gegenleistung" der Anemonenfische besteht vermutlich im Sauberhalten und im Beschützen der Aktinie vor Tentakel abfressenden Riff-Fischen. – Reine Phytosymbiosen lassen sich nur bei weiter Auslegung des Begriffs Ektosymbiose aufzeigen, wenn man z. B. die Lebensweise der Epiphyten und damit die Erscheinung der Epökie mit einbezieht. – Bei der Anwendung des Symbiosebegriffs i. w. S. (Symbiose) gilt auch die Erscheinung des "Ektoparasitismus" als eine Form der Ektosymbiose. In Europa und besonders im deutschen Sprachraum ist es jedoch üblich, unter Ektosymbiose nur diejenigen gesetzmäßigen Beziehungen zwischen verschiedenartigen Organismen zu verstehen, bei denen beide Partner einen Nutzen davon haben (Mutualismus). Symbiose.
H.Kör.
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