Lexikon der Biologie: Eulenvögel
Eulenvögel, Strigiformes, Ordnungmeist nachtaktiver Vögel mit 25 Gattungen und ca. 174 Arten, die auf 2 Familien (Schleiereulen, Eulen) verteilt sind. Großer Kopf mit nach vorn gerichteten, von einem strahlenförmigen Federkranz (Schleier) umgebenen Augen ( ö vgl. Abb. ), sehr weiches graues oder braunes, gesprenkeltes Gefieder; wurden früher auch als „Nachtgreifvögel“ bezeichnet wegen einiger äußerer Ähnlichkeiten mit den Greifvögeln (spitzer Hakenschnabel, scharfe gebogene Krallen); diese Merkmale sind jedoch rein konvergente Entwicklungen als Folge einer ähnlichen Ernährungsweise, das Jagen von Kleinsäugern und Vögeln; mit den Greifvögeln nicht näher verwandt, vielmehr stehen sie aufgrund des Skelettbaus, des Darmsystems und der Befiederung den Schwalmvögeln nahe. Unverdauliche Nahrungsreste wie Haare, Federn und Knochen werden als Gewölle ausgespien; hieraus läßt sich jeweils das Nahrungsspektrum ermitteln. Die Weichheit des Gefieders, insbesondere auch an der Flügelvorderkante, ermöglicht einen geräuschlosen Flug. Das optische Auflösungsvermögen ist höher als beim Menschen, bedingt durch eine größere Stäbchenzahl pro Netzhaut-Flächeneinheit (Netzhaut); ebenso ist die zeitliche Auflösung optischer Bilder höher; die Gesichtsfelder der nach vorne gerichteten Augen überlappen sich in einem weiten Bereich und erlauben damit ein ausgeprägtes räumliches Sehen; der relativ kleine Blickwinkel wird dadurch kompensiert, daß der Kopf bis zu 270° gedreht werden kann. Als besonders wichtig für die meist nächtliche Jagd sind die Hörempfindlichkeit und die Fähigkeit des Richtungshörens (akustische Ortung) gut ausgeprägt; aus der zeitlichen Differenz des auf beide Ohröffnungen auftreffenden Schalls wird – wie beim Menschen – die Richtung ermittelt; bewegliche befiederte Hautfalten am Ohr und der Gesichtsschleier dienen als Schalltrichter; bei manchen Arten unterstützen beidseitig unterschiedlich gestaltete Ohröffnungen das Richtungshören. Experimentell konnte jüngst bei der Schleiereule nachgewiesen werden, daß ein Lernen im Nestlingsalter erforderlich ist, um später eine künstliche Verstellung der Sehachse zur akustisch georteten Beute zu kompensieren und sich ihr vor dem Zuschlagen richtig zuzuwenden, wozu untrainierte Altvögel nicht in der Lage waren. Viele Eulenvögel verfügen über ein umfangreiches Stimmrepertoire; es sind meist auf „u“ und „i“ klingende Laute; die Balzrufe der Männchen sind im Spätwinter und Frühjahr in windarmen, klaren Nächten zu hören. Die Eulenvögel nisten meist in dunklen Höhlungen von Bäumen, Gebäuden und Felsen; die amerikanische Kanincheneule (Speotyto cunicularia, Nordamerika III) brütet in verlassenen Erdhöhlen von Kleinsäugern; eigentliche Nester werden nicht gebaut, lediglich die bodenbrütende Sumpfohreule (Asioflammeus,Eulen) sammelt trockene Pflanzenteile als Nistunterlage. Gelegegröße und Anzahl der zur Brut schreitenden Paare variieren vielfach stark in Abhängigkeit vom Nahrungsangebot. Die weißen kugeligen Eier (2–14 pro Gelege) werden von dem in der Regel größeren Weibchen bebrütet, und zwar bereits von der Ablage des ersten Eies an; dies hat zur Folge, daß die nach 4–5 Wochen schlüpfenden Jungen innerhalb einer Brut unterschiedlich groß sind („Orgelpfeifen“); in nahrungsarmen Jahren können speziell die kleinsten Jungen („Nesthäkchen“) verhungern und den stärkeren Nestgeschwistern zum Opfer fallen; dadurch erhöhen sich deren Überlebenschancen; dieser Mechanismus ist als verfeinerte Anpassung an ein schwankendes Nahrungsangebot anzusehen. Die Eulenvögel sind vielerorts vor allem infolge fortschreitender Lebensraumzerstörung im Bestand gefährdet (nach der Roten Liste 6 von 8 der in Deutschland brütenden Arten); mit Schutzmaßnahmen wie Anbringen von Nisthöhlen, Gefangenschaftsaufzucht mit nachfolgender Freilassung ist Hilfe möglich.
M.N./O.H.
Eulenvögel
Waldkauz (Strix aluco)
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