Lexikon der Biologie: Eutrophierung
Eutrophierungw [von eutroph], 1) Zunahme der Primärproduktion in Gewässern, besonders in Oberflächengewässern und Meeren, durch natürliche oder künstliche Nährstoffanreicherung. Die Eutrophierung erfolgt vor allem durch die Zunahme an Nitraten und Phosphaten, die für die Primärproduzenten häufig einen Minimumfaktor (Minimumgesetz) darstellen. In großen Mengen gelangen diese Nährsalze durch Abwässer (Abwasser) und Oberflächenabschwemmungen aus überdüngten (Düngung) landwirtschaftlichen Flächen in die Gewässer und rufen dort, besonders in den Sommermonaten, in stehenden Gewässern und langsamen Fließgewässern eine Massenentwicklung von Algen hervor (Algenblüte, Wasserblüte) und damit auch von tierischem Plankton (Konsumenten). Massenvorkommen von Algen wirken sich vor allem auf das Lichtklima (Lichtfaktor), den Gehalt an Sauerstoff, den pH-Wert und auf den Umsatz des anorganischen Stickstoffs aus. Das abgestorbene Plankton sinkt ab und wird von aeroben Bakterien unter Sauerstoffverbrauch abgebaut (mineralisiert; Mineralisation). Eine hohe Belastung führt, zumindest in den unteren Schichten, zu einem Sauerstoffmangel, so daß Gärung und Fäulnis beginnen, unter Bildung von Faulschlamm (Sapropel), Methan und giftigen Gasen, wie Ammoniak und Schwefelwasserstoff. Im Extremfall wird der Sauerstoff vollständig verbraucht; es findet ein „Umkippen“ des Gewässers statt und damit ein Absterben von Fischen (Fischsterben) und den anderen Höheren Wasserorganismen ( vgl. Tab. ). – Die Nettoproduktion an Biomasse (Tab.) in mg Kohlenstoff pro m2 und Tag in einem eutrophen See beträgt etwa 600–8000, in einem oligotrophen (nährstoffarmen) See dagegen nur 50–300. Der Gehalt an Phosphat-Phosphor eines eutrophen Sees beträgt etwa 0,04–0,19 mg/l, eines oligotrophen Sees etwa 0,005–0,013 mg/l. Es wird geschätzt, daß 1 g Phosphat-Phosphor einen Zuwachs von 100 g Biomasse ermöglicht, bei deren Absterben etwa 150 g Sauerstoff verbraucht werden (Sauerstoffzehrung; biochemischer Sauerstoffbedarf). Phosphate und Nitrate, die die Eutrophierung beschleunigen, kommen hauptsächlich aus der Landwirtschaft (besonders Mais- und Rebenanbau, Pflanzenschutzmittel) sowie aus häuslichen Abwässern und Gewerbe- und Industriebetrieben. Die Phosphorfracht in deutschen Fließgewässern konnte von 1974 bis 1986 um ca. ein Drittel von jährlich ca. 100000 t auf 70000 t hauptsächlich durch die Einführung Phosphat-freier Waschmittel und der weitergehenden Phosphorentfernung in Kläranlagen vermindert werden. Die Phosphoreinträge in Deutschland betrugen 1995 26080 t, d.h. ca. 2 Drittel weniger als 1985. Ursachen für die Minderung sind der Ausbau von Kläranlagen, der Umstieg auf phosphatfreie Reinigungsmittel (Waschmittel) und die Verbesserung industrieller Techniken. Auch Nitrat-Stickstoff läßt sich heute durch bestimmte Verfahrensweisen in Kläranlagen weitgehend aus dem Abwasser entfernen. (Die Stickstoffeinträge wurden von 1985–1995 um 31% auf 455200 t gemindert.) Auch bei einer natürlichen Entwicklung von Binnengewässern werden nährstoffarme Seen langsam eutrophiert. Ursache sind Ablagerungen von abbaubaren Stoffen (z.B. Blättern), die von außerhalb natürlich entstanden sind und eingetragen werden. 2) Nährstoffanreicherung in Waldböden. 1998 waren davon in Deutschland über 90% der Waldflächen betroffen. Abwasserteiche, alternativer Landbau, Artenschutz, Brachsenkraut, Cyanobakterien, Nährstoffhaushalt, Naturschutz, Rieselfelder, Selbstreinigung, Stickstoffauswaschung.
S.M./F.G./G.S.
Lit.: Klapper, H.: Eutrophierung und Gewässerschutz. Wassergütebewirtschaftung, Schutz und Sanierung von Binnengewässern. Jena 1992. Lewis et al. (Hrsg.): Eutrophication and Land Use. Berlin 1984.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.