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Lexikon der Biologie: Gorilla

Gorillam [schon um 470 v.Chr. in punischen Texten gebrauchter Name, der sich aus der westafrikanischen Bezeichnung N'Guyala ableitet], Gorilla gorilla und Gorilla beringei, größte und in ihrem Erscheinungsbild imposanteste rezente Menschenaffen ( vgl. Abb. ). Männliche Gorillas werden bis zu 180 cm groß und bis zu 200 kg schwer (in Gefangenschaft auch oft darüber; weibliche: 150 cm/70–100 kg). Ihre Gliedmaßen sind relativ kurz und kräftig; der Kopf ist massig, bei männlichen Gorillas mit starkem knöchernem Scheitelkamm (Scheitelbein) als Ansatzstelle für die gut ausgebildete Kaumuskulatur; Gesicht (auch bei jungen Gorillas) schwarz, Fellfärbung dunkelbraun bis schwarz, voll ausgewachsene Männchen im Rücken- und Lendenbereich silbergrau. Bis vor kurzem unterschied man nur 1 Art mit 3 Unterarten, dem Westlichen Flachlandgorilla (Gorilla gorilla gorilla), dem Östlichen Flachlandgorilla oder Grauergorilla (Gorilla gorilla graueri) und dem Berggorilla (Gorilla gorilla beringei). Aufgrund neuerer genetischer Untersuchungen plädieren heute viele Forscher dafür, 2 separate Arten mit insgesamt 5 Unterarten zu unterscheiden: den Westlichen Gorilla (Gorilla gorilla) mit den beiden Unterarten Westlicher Flachlandgorilla (Gorilla gorilla gorilla) und Cross-River-Gorilla (Gorilla gorilla diehli) sowie den Östlichen Gorilla (Gorilla beringei) mit den Unterarten Berggorilla (Gorilla beringei beringei), Bwindi-Gorilla (Gorilla beringei bwindi) und Grauergorilla (Gorilla beringei graueri). – Der Westliche Flachlandgorilla kommt in Südkamerun, Äquatorialguinea, Gabun und im Südwesten der Zentralafrikanischen Republik und der Republik Kongo vor; das Vorkommen des Cross-River-Gorillas beschränkt sich auf ein kleines Areal im Grenzgebiet zwischen Nigeria und Kamerun. Das Verbreitungsgebiet des Östlichen Gorillas ist von dem der westlichen Art durch einen 1000 km breiten Korridor getrennt; der Grauergorilla lebt im Osten der Demokratischen Republik Kongo (vormals Zaire); das Verbreitungsgebiet des Berggorillas beschränkt sich auf das Virunga-Vulkangebiet im Länderdreieck Uganda-Ruanda-Demokratische Republik Kongo und das des Bwindi-Gorillas auf ein kleines Waldgebiet im Südwesten Ugandas. – Lebensraum der Gorillas sind Primär- und Sekundärwälder in Höhen bis über 3500 m. Sie halten sich vorwiegend auf dem Boden auf, wo sie sich typischerweise „auf allen Vieren“ im Knöchelgang fortbewegen; auf Bäume klettern sie nur selten (vorwiegend Jungtiere und Weibchen). Gorillas sind tagaktiv; die Nacht verbringen sie in Baum- oder Bodennestern, die sie aus belaubten Zweigen und Pflanzen bauen. Ihre Ernährung ist vorwiegend vegetarisch (Blätter, Früchte, Mark, junge Triebe), kleinere Wirbellose wie Ameisen und Termiten werden jedoch auch gefressen. In Menschenobhut können Gorillas über 50 Jahre alt werden. Die Geschlechtsreife erreichen Weibchen mit etwa 7 Jahren, Männchen mit etwa 11 Jahren. Die Weibchen bringen ab einem Alter von 10 Jahren nach einer Schwangerschaftsdauer von ca. 256 Tagen durchschnittlich alle 4 Jahre ein Junges zur Welt, das mindestens 3 Jahre lang gesäugt wird. Diese geringe Fortpflanzungsrate, verbunden mit einem hohen Betreuungsaufwand, zeichnet Gorillas als typische K-Strategen aus (Selektion). – Pionierarbeit in der Erforschung freilebender Berggorillas wurde vor allem durch die Amerikaner George Schaller und Diane Fossey geleistet. Gorillas leben in relativ stabilen Gruppen mit einem (gelegentlich auch mehreren) erwachsenen Männchen („Silberrücken-Männchen“) sowie meist mehreren Weibchen und deren Jungen. Weibchen schließen sich bei Erreichen der Geschlechtsreife meist gruppenfremden Männchen an; Männchen wandern ebenfalls häufig aus ihrer Geburtsgruppe aus und leben dann über längere Zeit entweder solitär („einzelgängerisch“) oder in reinen Männchen-Gruppen. Gorillas verständigen sich durch ein umfangreiches Repertoire an Lautäußerungen und Gebärden; beim Imponieren trommeln Männchen eindrucksvoll mit beiden Handflächen auf ihre Brust (Drohverhalten). Die Beziehungen zwischen Gruppenmitgliedern gelten als außerordentlich friedlich. Das Paarungssystem (Fortpflanzungssysteme) von Gorillas ist polygyn; auch in Gruppen mit mehreren Männchen besitzt das dominante Männchen ein (nahezu) absolutes Paarungsmonopol. Versuchen gruppenfremde Männchen, diese Position zu übernehmen, kommt es zu heftigen Kämpfen, die nicht selten für einen der Beteiligten tödlich verlaufen. Im Zuge solcher Gruppenübernahmen sind Kindestötungen durch das neue Alphamännchen häufig (Infantizid). – Bwindi-Gorillas, Berggorillas und Cross-River-Gorillas sind mit jeweils nur noch wenigen hundert Individuen akut vom Aussterben bedroht, aber auch die Westlichen Flachlandgorillas (nach neueren Schätzungen etwa 100.000 Individuen) und die Grauergorillas (etwa 10.000 Individuen) sind durch die fortschreitende Zerstörung ihres Lebensraums, durch Bejagung und durch kriegerische Auseinandersetzungen, die Schutzmaßnahmen unmöglich machen, in ihrem Bestand bedroht. Mensch, Stammbaum; Affen II , Afrika V , Paläanthropologie.

A.P.

Lit.:Meder, A.: Gorillas. Berlin 1993. Sommer, V., Amman, K.: Die Großen Menschenaffen. München 1998.

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