Lexikon der Biologie: Immunglobulin-Gene
Immunglobulin-Gene, Gene, die für den konstanten und den variablen Teil der leichten (L-Ketten) und schweren Kette (H-Ketten) des Immunglobulins codieren. Sie liegen zunächst in der Keimbahn-Konfiguration vor und werden im Laufe der B-Zell-Entwicklung durch den Prozeß des Immunglobulin-Gen-Rearrangements in eine funktionelle Konfiguration überführt. Von dem rearrangierten Immunglobulin-Gen kann das vollständige Primärtranskript abgelesen und durch Spleißen und Translation das Immunglobulin hergestellt werden. Der Gen-Cluster für die Immunglobulin-schwere-Kette liegt beim Menschen auf Chromosom 14, das der κ-leichten-Kette auf Chromosom 2 und das der λ-leichten-Kette auf Chromosom 22 (Chromosomen; Chromosomenkarte I
Chromosomenkarte II
Chromosomenkarte III
Chromosomenkarte IV
). In der Keimbahn-Konfiguration sind die Segmente, die für die variablen Teile der Immunglobulin-Ketten (variable Region) codieren, voneinander getrennt. Diese Segmente ( vgl. Abb. ) umfassen bei den leichten Ketten die V- (variablen) Segmente (ca. 40 bei κ, ca. 30 bei λ; V-Gensegmente) und die J- (joining-) Segmente (5 bzw. 4 funktionelle Segmente; J-Gensegmente). Bei der schweren Kette existieren ca. 60 V-Segmente, 6 J-Segmente und zusätzlich ca. 27 D-(diversity-) Segmente. In allen Gen-Clustern liegt jedoch noch eine weitere Anzahl nicht-funktioneller Pseudogene. Während des Immunglobulin-Gen-Rearrangements (ein Beispiel für somatische Rekombination) wird je eines dieser Segmente durch Deletion der dazwischenliegenden DNA mit einem der anderen Segmente zusammengebracht. An den Fusionsstellen der Segmente kann es zum Einschub zusätzlicher Nucleotide kommen. Die V-, D- und J-Segmente werden größtenteils zufallsmäßig miteinander kombiniert, wenn es auch Hinweise für eine gewisse Reihenfolge in der Benutzung der V-Segmente während der Entwicklung des Immunsystems gibt. Diejenigen Teile der variablen Region des Immunglobulins, welche die Spezifität bestimmen, die CDRs (CDR), werden durch das V-Segment (CDR1 und 2) sowie durch das D- und J-Segment (CDR3) codiert. Zusätzlich zeigen CDR1 und 2 während der Affinitätsreifung eine deutlich erhöhte Mutationsrate (1/103) gegenüber anderen Genloci (1/1010; somatische Mutationen, Hypermutationen). So erklärt sich die Vielzahl an Immunglobulin-Spezifitäten aus der Vielzahl der möglichen Kombinationen der Gensegmente. Bei einigen Spezies (Vögel, Kaninchen, Schafe) wird die Rezeptor-Diversität auf anderen Wegen erreicht. Ihre Immunglobulin-Gene bestehen nur aus je einem oder wenigen, sich ähnelnden, funktionellen V-, D- und J-Segmenten. Bei Vögeln und Kaninchen werden die bereits rearrangierten Gene in der Bursa Fabricii bzw. dem Bursa-Äquivalent durch Genkonversion mit benachbarten Pseudogenen diversifiziert. Schafe erreichen dies durch extensive somatische Mutation. – Vor jedem V-Segment liegt ein Promotor. Die Exonen, die für die verschiedenen Klassen (Isotyp) des Immunglobulins codieren, liegen hintereinander „stromabwärts“ (downstream) von den VDJ-Segmenten der schweren Kette in der Reihenfolge μ (IgM), δ (IgD), γ (IgG), ε (IgE) und α (IgA). Vor diesen Exonen liegen jeweils enhancer, welche die transkriptionelle Aktivität des V-Segment-Promotors erhöhen. Zunächst werden nur Primärtranskripte für IgM gebildet, später für IgM und IgD (alternatives Spleißen). Soll ein anderer Immunglobulin-Isotyp mit der Spezifität exprimiert werden, die durch das VDJ-Segment gegeben ist, so werden während des Klassensprungs ebenfalls durch somatische Rekombination die weiter downstream liegenden Segmente, die für den neuen Isotyp codieren, mit dem VDJ-Segment zusammengebracht. Von den meisten Immunglobulin-Genen können darüber hinaus durch alternatives Spleißen 2 Transkripte hergestellt werden: eines, das für die sekretierte Form des Immunglobulins codiert, und eines, von dem das membrangebundene Immunglobulin der Zelloberfläche als Teil des B-Zell-Rezeptors produziert wird. T-Zell-Rezeptor-Gene.
U.T./O.L.
Immunglobulin-Gene
Gene für die schwere Kette und die beiden leichten Ketten der Immunglobuline der Maus. Wie aus der Abb. zu erkennen, e>istieren für die Lambda-Kette nur wenige V-Segmente. Abstände in Kilobasen (kb).
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