Lexikon der Biologie: Körpergröße
Körpergröße. Die maximal erreichbare Körpergröße ist genetisch festgelegt, sie ist aber – insbesondere bei Poikilothermen (Poikilothermie) – durch Ernährungsbedingungen während der (Larval-)Entwicklung in weiten Grenzen modifizierbar. Die größten Tierformen sind im Wasser anzutreffen. Nur dieser Lebensraum erlaubt mit seinem Auftrieb so exzessive Körpergrößen wie die des Blauwals ( ööß vgl. Infobox ), der mit ca. 30 m Länge und bis ca. 130 t Gewicht (Körpergewicht) das größte Tier in Vergangenheit und Gegenwart überhaupt darstellt. Die größten Landtiere waren die Dinosaurier (Farbtafel) des Mesozoikums. Zu den gewaltigsten Formen gehörten dabei die pflanzenfressenden Sauropoden, wie der Brontosaurus mit ca. 18 m Länge, 14 m Höhe und einem Gewicht von etwa 30 t. Auch er lebte wohl weitgehend in seichten Gewässern, so daß eine gewisse Stützfunktion durch das Wasser gewährleistet war. („Rekordhalter" ist nach gegenwärtigem Kenntnisstand der vermutlich 30 m Länge und 18 m Höhe erreichende Sauroposeidon proteles.) Poikilotherme Tiere sind generell in den Tropen mit größeren Formen vertreten als in den gemäßigten Zonen; besonders auffällig ist dies bei Amphibien und Reptilien. Der Grund hierfür ist in den Überwinterungsmöglichkeiten (Überwinterung) in kälteren Klimazonen zu suchen, die für kleinere Tiere günstiger sind. Für homoiotherme Tiere (Homoiothermie) ist die Situation gerade umgekehrt. Da größere Tiere eine (im Verhältnis zum Körpervolumen) relativ kleinere Oberfläche als kleine Tiere besitzen, ist ihre Wärmeabstrahlung durch die Körperoberfläche geringer. Man findet daher innerhalb eines Verwandtschaftskreises von Homoiothermen in kälteren Gebieten die größeren Formen (Bergmannsche Regel; zur unterschiedlichen Ausgestaltung der Körperform: Allensche Proportionsregel, Abb.). Ein gewisser Zusammenhang zwischen Körpergröße und mittlerer Jahrestemperatur findet sich auch beim Menschen. In der Regel sind die Individuen in Populationen kälterer Gebiete größer als in den wärmeren. Ausnahmen finden sich bei den Bewohnern extrem kalter Gebiete (Lappen, Inuit), deren relativ geringe Körpergröße durch schlechte Ernährungsbedingungen und Kälteanpassungen in anderer Form (starkes Unterhautfettgewebe, hohe Körperfülle; Kälteadaptation) erklärt werden können. Bei Insekten ist die Körpergröße durch den Typ ihrer Atmung über ein Tracheensystem begrenzt (Atmungsorgane). Die Diffusionsgeschwindigkeit (Diffusion) des Sauerstoffs zu den Orten seines Verbrauchs im Insektenkörper ist zu gering, als daß eine übermäßige Körpergröße mit diesem Atmungstyp erreichbar wäre. Da die Diffusionsgeschwindigkeit aber mit steigender Temperatur zunimmt, finden sich größere Insektenformen wiederum in den Tropen. – Eng korreliert sind schließlich Körpergröße und Stoffwechselintensität. Innerhalb einer Tierklasse nimmt die Stoffwechselintensität mit wachsender Größe der Tiere ab: Eines der kleinsten Säugetiere, die Etruskerspitzmaus, verbraucht pro Gramm Körpergewicht 100- bis 175mal mehr Sauerstoff als ein Elefant, ihre Herzfrequenz liegt zwischen 1000 und 1300 pro Minute, die des Elefanten bei 30 bis 35. Beim Menschen ist besonders in den Industrieländern seit dem 19. Jahrhundert eine Zunahme der Körpergröße (Akzeleration) zu verzeichnen. Anthropometrische Aufwärts- und Abwärtstrends zeigen sich im Zusammenhang mit der sozio-ökonomischen Situation. So war zu Beginn der industriellen Revolution im Europa des späten 18. Jahrhunderts sowie für die 30er und 40er Jahre des 19. Jahrhunderts in Europa und in Nordamerika eine Abnahme der mittleren Körpergröße festzustellen. Die mittlere Körpergröße einer Population ist um so höher, je gleichmäßiger das Pro-Kopf-Einkommen und damit der biologische Lebensstandard verteilt sind. Das ist eine der Ursachen, warum z.B. die Niederländer größer sind als die US-Amerikaner, obwohl das Durchschnittseinkommen dort größer ist; es ist nämlich weniger gleichmäßig verteilt. Körpergröße spielt neben vielen anderen Parametern auch in der Partnerwahl eine Rolle: Frauen bevorzugen Männer, die größer als sie selbst sind (Attraktivität). Intelligenz ist heutzutage jedoch ein wichtigeres Partnerwahlkriterium für Frauen als die Körpergröße. Größeren Menschen wird ein höherer Status zugeschrieben, was häufig auch stimmt (so sind innerhalb von Berufsgruppen mit Rangstufen, z.B. Krankenpflege, Militär, die Ranghöheren im Mittel größer als die Rangniederen), und Menschen mit höherem Status werden zudem größer eingeschätzt als sie tatsächlich sind. – Beispiele zur Maximalgröße (-höhe) bei Pflanzen: Baum (Tab.), bei Pilzen: Hallimasch. Allometrie, Anthropometrie, Beckwith-Wiedemann-Syndrom, Biometrie, Cerebralisation, Copesches Gesetz, Gigantismus, Gigaswuchs, Größensteigerung, Haustierwerdung, hypophysärer Riesenwuchs.
K.-G.C./J.Be.
Lit.:Peters, R.H.: The Ecological Implications of Body Size. Cambridge 1986.
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