Lexikon der Biologie: Kreuzungszüchtung
Kreuzungszüchtung, Kombinationszüchtung, Züchtung mit dem Ziel, auf verschiedene Elternformen verteilte Erbanlagen (Gen) durch Kreuzung zu einem neuen Genotyp zu kombinieren und durch Auslese und weitere Kreuzungen erblich konstante Populationen zu erzeugen, die homozygot (Homozygotie) für die neukombinierten Erbanlagen sind. Genetische Grundlage der Kreuzungszüchtung ist die 3. Mendelsche Regel (Rekombinationsgesetz), nach der bei di- und polyhybriden Erbgängen die Merkmalskombinationen in der 2. Filialgeneration unabhängig aufspalten und genotypische Neukombinationen auftreten. Es ist dabei auch möglich, daß Neukombinationen Merkmale hervorbringen, die bei keinem der Eltern vorhanden waren. Generell wird Kreuzungszüchtung vereinfacht durch Verwendung von Eltern, die bezüglich der zu kombinierenden Merkmale homozygot sind, d.h., es sollten Vertreter reiner Linien oder Inzuchtlinien verwendet werden. In der Pflanzenzüchtung können auch durch Züchtung von Haploiden und deren anschließende Diploidisierung (Diploidie) gewonnene homozygote Pflanzen eingesetzt werden (Haploidenzüchtung, Haploidie). Je nach Zuchtziel bzw. genetischer Grundlage der zu kombinierenden Merkmale wird Kreuzungszüchtung nach verschiedenen Methoden durchgeführt:
a) Die Kombination der Erbanlagen für 2 verschiedene, monogen oder oligogen bedingte Merkmale: Bei autogamen Pflanzen (Autogamie) wird nach der Stammbaummethode (Pedigreemethode, Linienzüchtung) nach Kreuzung von Vertretern verschiedener Linien, die jeweils eines der zu kombinierenden Merkmale besitzen, die maximale genetische Varianz in der 2. Filialgeneration für den Beginn der Auslese der gewünschten Merkmalskombination genutzt. Mit den ausgelesenen Individuen werden neue Linien (i.e.S.) begründet, innerhalb derer weitere züchterische Maßnahmen durchgeführt werden, da zunächst für die gewünschten Merkmale meist noch Heterozygotie vorliegt. Die sog. Ramschmethode oder Populationsmethode, die sich vor allem für autogame Pflanzen, deren Großanbau kostengünstig ist, eignet, nutzt die automatische Zunahme an Homozygoten bei freiem Abblühen und beginnt erst in der 4. od 5. Filialgeneration mit der Auslese, in der unter Umständen schon Homozygotie für die gewünschte Merkmalskombination vorliegen kann. Bei der Kreuzungszüchtung allogamer (Allogamie), meist heterozygoter Pflanzen werden entweder auf die entsprechenden Merkmale selektierte und auf ihre Kombinationseignung überprüfte Einzelpflanzen gekreuzt (sog. Pärchenzüchtung), oder es werden Bestandskreuzungen durchgeführt, aus deren Nachkommenschaft die geeigneten Pflanzen ausgelesen werden. Die Auslese beginnt in der 1. Filialgeneration, da schon hier die gewünschten Merkmalskombinationen auftreten können. In der Tierzucht werden im Rahmen der Kreuzungszüchtung die gewünschten Kombinationstypen aus einer Kreuzungsnachkommenschaft ausgelesen und durch Inzucht konsolidiert. Die Rinderzucht führte z.B. durch Kreuzung zwischen hitzeresistenten indischen Zebus und europäischen Kulturrassen zu tropentauglichen Fleischrassen.
b) Die Kombination verschiedener, ein einziges quantitatives Merkmal gleichsinnig beeinflussender Gene (Transgressionszüchtung): Die Vereinigung von auf verschiedene Eltern verteilten Polygenen kann Genotypen hervorbringen, welche die elterliche Leistungsfähigkeit übertreffen (Transgression). Transgression läßt sich jedoch nicht generell voraussagen, und es müssen meist viele Testkreuzungen (Nachkommenschaftsprüfung) durchgeführt werden, um Transgression zu erzielen. Als günstig hat sich erwiesen, möglichst heterogenes Ausgangsmaterial zu verwenden, also z.B. Kreuzungspartner aus geographisch entfernten Entstehungsgebieten zu wählen.
c) Die Kombination der Erbanlagen eines Merkmals mit den Erbanlagen eines Merkmalskomplexes; die Kombination der Erbanlagen für 2 verschiedene polygen bedingte Merkmale: Im Rahmen der Rückkreuzungsmethode werden Bastarde der 1. Filialgeneration mit einem Elter gekreuzt (Rückkreuzung). Diese Methode wird bei der sog. Verdrängungszüchtung eingesetzt, die sich besonders eignet, wenn ein monogenes Merkmal mit einem Merkmalskomplex kombiniert werden soll (z.B. die Krankheits-Resistenz einer Getreide-Landsorte mit den Eigenschaften einer krankheitsanfälligen Hochertrags-Sorte; Kulturpflanzen, Resistenzzüchtung). Dazu werden die negativen Merkmale der resistenten Linie (schlechter Ertrag) durch wiederholte Rückkreuzung mit dem ertragreichen Elter verdrängt. In der Nachkommenschaft wird jeweils auf Resistenz ausgelesen, von den Resistenten werden diejenigen erneut rückgekreuzt, die den besten Ertrag aufweisen. Bei der Konvergenzzüchtung, die 2 polygene Merkmale zu vereinigen sucht, werden Kreuzungsnachkommen in 2 Serien mit dem jeweils anderen Elter mehrmals gekreuzt, so daß sich dessen Polygene (Polygenie) anhäufen. Die Merkmale der so entstandenen verbesserten Linien werden in einer abschließenden Kreuzung kombiniert. Baur (E.), Mendel (G.), Pflanzenzüchtung, Tierzüchtung.
D.W.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.