Lexikon der Biologie: Kuckucke
Kuckucke, Gauche, Cuculidae, Familie der Kuckucksvögel mit 40 Gattungen und je nach Auffassung 130–140 Arten in allen Erdteilen, fehlen lediglich in den arktischen Regionen und einigen Wüstengebieten. 14–70 cm groß, meist unauffällig grau, braun und schwarz gefärbt; schlank und langschwänzig, meist mit gutem Flugvermögen; die nördlichen Arten sind ausgesprochene Langstreckenzieher. Von den 4 Zehen kann die äußere nach hinten gewendet werden. Ernähren sich von Kerbtieren und halten sich meist im Baumbereich auf, einige Arten, wie der nordamerikanische Erdkuckuck oder Rennkuckuck (Geococcyx californianus; Nordamerika III), auch am Boden. Die Kuckucke fressen auch stark behaarte Raupen, die von den meisten anderen Vögeln gemieden werden. Die zunächst im Magen verbleibenden Haare werden später wieder ausgewürgt. Kennzeichnend ist oft die Stimme; relativ tiefe, mit einem U-Laut erklingende Rufe tragen recht weit. Etwa 50 Arten sind Brutparasiten. Sie bauen keine eigenen Nester, sondern legen ihre Eier (Vogelei) in die Nester anderer Vogelarten. Je nach Ausprägungsgrad des Brutparasitismus brüten sie nicht und füttern auch die Jungen nicht; dies wird von den Wirtseltern – in der Regel Sperlingsvögeln – besorgt ( vgl. Abb. ). Der Ani (Crotophaga ani) und weitere Crotophaga-Arten, die Mittel- und Südamerika bewohnen, leben gesellig und brüten sogar gemeinsam. Amerikanische Regenkuckucke (Coccyzus) legen die Eier in die Nester fremder Vögel, eventuell nur bei Verlust des eigenen dürftigen Nestes, brüten dann aber selbst und ziehen ihre Jungen auf. Diese verschiedenen Parasitierungsstufen geben eine Vorstellung davon, wie der Brutparasitismus in der Evolution entstanden sein könnte. Besonders gut untersucht sind die Verhältnisse bei unserem einheimischen, ca. 33 cm großen Kuckuck (Cuculus canorus;vgl. Abb. und Europa X ). Das Männchen ist grau mit schwarz-weiß gesperberter Unterseite, das Weibchen grau oder braun. Von April bis September übersommern die Vögel in Wäldern, Moorgebieten, Kulturland und Gebirgen. Sie sind polygam. Die Weibchen beobachten die potentiellen Wirtsvögel und legen jeweils 1 Ei in mehrere Nester, wobei sie oft ein Wirtsvogelei entfernen. Die relativ kleinen Eier ähneln in ihrer Färbung – genetisch bedingt – häufig stark den Wirtsvogeleiern (Vogeleier I). Die Weibchen suchen bevorzugt die Vogelart aus, deren Eier ihren eigenen am ähnlichsten sind. Das ist die Art, in deren Nest sie selbst erbrütet wurden, wogegen die Männchen weder auf eine spezielle Wirtsart aus sind noch die Herkunft der Weibchen für sie eine Rolle spielen muß. Demzufolge sorgen die Männchen durch Nichtspezialisierung für den Artzusammenhalt, die Weibchen sind voneinander so streng getrennt, wie es für Arten üblich ist. Bei etwa 90 der 130 in Deutschland heimischen Singvogelarten wurden Kuckuckseier gefunden, besonders bevorzugte Wirte sind Bachstelze (Stelzen), Baumpieper (Pieper), Zaunkönig und Teichrohrsänger (Rohrsänger; vgl. Infobox ). Der frischgeschlüpfte Jungkuckuck verhindert Nahrungs-Konkurrenz, indem er Wirtseier und Stiefgeschwister aus dem Nest wirft. Das Gewicht steigt von anfangs 3 g auf ca. 100 g an, bis der Jungkuckuck nach 21–23 Tagen das Nest verläßt. Auch danach bettelt er noch sehr auffällig und wird dann nicht nur von den Stiefeltern, sondern auch von anderen Vögeln gefüttert. Der 39 cm große, eine Kopfhaube tragende Häherkuckuck (Clamator glandarius) besiedelt offenes Gelände und Olivenhaine in Südeuropa; seine bevorzugte Wirtsvogelart ist die Elster. Der nah verwandte asiatische Koromandel-Häherkuckuck (Clamator coromandus;Asien VII ) parasitiert vor allem bei Häherlingen (Timalien). Bei den Spornkuckucken (Centropus), die in offenen Gebieten Afrikas, Südasiens und Australiens beheimatet sind, treiben beide Eltern Brutpflege. Adoption, frühontogenetische Anpassung, Jungenerkennung.
M.N./O.H.
Kuckucke
1 Kuckuck (Cuculus canorus);2 Mönchsgrasmücke füttert einen Jungkuckuck.
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