Lexikon der Biologie: Mitteleuropäische Grundsukzession
Mitteleuropäische Grundsukzessionw [von latein. successio = Nachfolge], der in weiten Teilen Mitteleuropas (Europa) in den Grundzügen gleiche Ablauf der Vegetationsentwicklung (Vegetation) während des Spät- und Postglazials (Eiszeit) ab ca. 10.500 v.Chr. (Beginn des Postglazials ca. 8000 v.Chr.). Die Aufklärung der Mitteleuropäischen Grundsukzession erfolgte mit Hilfe der Pollenanalyse und der Auswertung subfossiler, gut erhaltener Pflanzenreste. Nach den jeweils vorherrschenden Pflanzen, insbesondere der Gehölze, unterscheidet man die folgenden Zeitabschnitte: In der Älteren Tundrenzeit bis ca. 10.000 v.Chr. herrschte in Mitteleuropa eine waldlose Vegetation mit alpischen und arktischen Pflanzen vor (Tundra), die bei der späteren Erwärmung verdrängt wurden und nur als Eiszeitrelikte überdauerten. Im Norden und Süden bilden sie heute das arktisch-alpische Florenelement (arktisch-alpin). Während der Wärmeschwankungen der Älteren Kiefernzeit bis ca. 8800 v.Chr. (Allerödzeit) drangen Baum-Birken und Kiefern in das ehemalige Tundrengebiet vor. Die Jüngere Tundrenzeit ist durch einen Klimarückschlag (Klimaänderungen) und eine erneut waldarme Vegetation gekennzeichnet. In der Jüngeren Birken-Kiefern-Zeit (Allerödzeit) bis ca. 8000 v.Chr. (Vorwärmezeit) fand in Mitteleuropa wieder eine allmähliche Erwärmung statt, während Mittel- und Nordskandinavien noch eisbedeckt waren. Während der bis ca. 5500 v.Chr. anhaltenden Haselzeit (Frühe Wärmezeit, Boreal) war die Bedeutung von Bäumen noch gering. In der folgenden Eichenmischwaldzeit bis ca. 2500 v.Chr. (Mittlere Wärmezeit: Atlantikum und Beginn der späten Wärmezeit: Subboreal) erreichte die Erwärmung schließlich ihren Höhepunkt, und Arten von Eiche, Linde, Ulme und Esche herrschten vor. Ab ca. 3000 v.Chr. macht sich in Mitteleuropa auch zum ersten Mal der Einfluß des Menschen auf die Vegetations- und Landschaftsentwicklung (Landschaft) in den Pollenprofilen bemerkbar. Als Zeugnisse für den Beginn des Ackerbaus gelten Veränderungen des Verhältnisses von Baum- und Nichtbaumpollen (durch Rodungen verursacht) und das Auftreten der Pollen von Getreiden, Unkräutern und Ruderalgesellschaften. Ascheschichten (Asche) in den Bodenprofilen deuten auf Brandrodung. In der Buchen-Eichenzeit bis ca. 500 v.Chr. (Ende der Späten Wärmezeit) findet eine Abkühlung und Förderung der Buche statt. Die Buchenzeit (Nachwärmezeit, Subatlantikum) schließlich dauert bis heute an. In verschiedenen Gebieten ist die Mitteleuropäische Grundsukzession überlagert von den Einwanderungen weiterer Holzarten wie Fichte, Tanne und Hainbuche (aus den Eiszeitrefugien). So trat die Fichte im Bayerischen Wald während der Haselzeit, im Harz erst während der Eichenmischwaldzeit auf. Im Schwarzwald ist die Tanne seit der Eichenmischwaldzeit nachweisbar. Seit Beginn der Zeit der Wirtschaftsforste Ende des 19. Jahrhunderts treten vermehrt Nadelholzpollen auf. Neben Rückschlüssen aus der Analyse der Pollenprofile haben auch verschiedene Moorfunde (Moor) Hinweise auf die kulturelle Evolution des Menschen geliefert. Seit der Altsteinzeit haben Moore die Jagdwaffen und -beute des Menschen bewahrt und zeugen von der Abhängigkeit des altsteinzeitlichen Jägers (Jäger- und Sammlervölker, Naturvölker) vom Ren und in der Mittelsteinzeit vom Wald-Wild. Von der Jungsteinzeit an haben Haustierfunde (Haustiere) einen bedeutsamen Anteil an den Tierfunden. Hölzerne Moorwege wurden über den ganzen Zeitabschnitt der seßhaften Besiedlung gebaut. Mooropferfunde informieren über die Bekleidung in der Bronze- und Eisenzeit; Gefäße aus Keramik, Bronze und Gold enthalten oft noch pflanzliche oder tierische Nahrungsmittelreste und vermitteln ein Bild der Ernährung des Menschen (Evolutionsmedizin). Bodengeschichte, Dryaszeit, Glazialflora, Holozän (Abb.).
F.G.
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