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Lexikon der Biologie: Sexualerziehung

Sexualerziehung [von *sexual- ], Teil der Persönlichkeits-Erziehung, der den Umgang mit der heranreifenden Sexualität zum Inhalt hat und die Sexualentwicklung begleitet. Der Umgang mit kindlichen Vorstufen (kindliche Entwicklung) der Erwachsenensexualität sollte nicht notgedrungen zustande kommen – allein, um das Kind vor Ängsten, Fehlentwicklungen und sexuellen Übergriffen (sexueller Mißbrauch) zu schützen (Gefahrenabwehrpädagogik), sondern um Sinnlichkeit, Zärtlichkeit und Vertrautwerden mit dem eigenen Körper zu fördern (Brutpflege). Sexualerziehung beginnt direkt nach der Geburt mit einer engen Eltern-Kind-Beziehung, die körperliche Nähe und Hautkontakt (Körperkontakt) zuläßt. Beim Säugling sind in wohligen Situationen (Stillen, Baden, Wickeln, Schmusen) bereits reflexartige Sexualerregungen, wie Erektionen des Penis oder Erregung der Clitoris mit Vaginalfeuchte, zu beobachten. Es handelt sich hier um frühzeitige Teilreifungen der Sexualentwicklung, die aktiviert werden, sobald Reize, wie z.B. zärtliche Berührung, Informationen an das Gehirn weitergeben, die als angenehm empfunden werden. Die Reaktionen der Eltern auf diese frühkindlichen Sexualreflexe gehören in den Bereich früher sexueller Erfahrungen. Jetzt plötzlich Erschrecken, Ekel (Ekelreaktion) oder Mißbilligung im Gesicht der Bezugsperson abzulesen oder mit Zuwendungsentzug bestraft (Bestrafung) zu werden, sind Erfahrungen, die zu einer verhängnisvollen Verknüpfung sexueller Gefühle mit Unbehagen, Aggressivität oder Angst führen können. Ein unbeeinflußt liebevoller Umgang mit dem Kind läßt diese ersten Anzeichen der teilgereiften Sexualität selbstverständlich erscheinen, bewahrt vor Negativassoziationen und erlaubt positive, kindliche Erfahrungen beim körperlichen Wohlbefinden. Dies ist nur gewährleistet, wenn es weder zur Hemmung noch zur Stimulierung kindlicher Sexualität kommt (Scham, Onanie). Das kindliche Interesse am eigenen Körper (Selbstexploration) und am Körper von Geschwistern und Eltern nimmt im 2.–3.Lebensjahr zu. Jetzt kann dem Kind ein sozial-adäquates sexuelles Betragen beigebracht werden, um ihm die soziale Einpassung in unsere Kulturwelt (Initiation, Kultur) zu erleichtern und um es zu schützen. Die Tatsache, daß es nicht üblich und nicht ungefährlich ist, in der Öffentlichkeit seinen nackten Körper oder seine Geschlechtsorgane zu zeigen, darf trotz aller Einschränkung nicht zu einer Störung der kindlichen Sicht positiver Körperlichkeit führen. In der massiven Unterdrückung sexuellen Explorierens, indem z.B. dererlei Handlungen mit Verboten und Strafen belegt werden, kann die Ursache für spätere Aggressions- und Sexualprobleme liegen. Etwa ab dem 4. Lebensjahr stellen Kinder in unserem Kulturkreis Fragen über die Herkunft von Babys. Diese sollten als Interessensfragen verstanden und altersgemäß beantwortet werden. – Die entscheidenden Elemente für die Entstehung des erwachsenen Sexualverhaltens sind die in der Pubertät ausreifende Triebkomponente der Sexualität (Sexualtrieb) und die Stimulierbarkeit, die Erregbarkeit durch sexuelle Auslöser. Vor der Pubertät fehlen diese charakteristischen Teile des erwachsenen Sexualverhaltens. Biologische Information (Aufklärung) über Zeugung (Begattung), Schwangerschaft und Geburt sollte in eine Zeit deutlich vor Beginn der Pubertät gelegt werden, so daß die altersgemäß aufbereiteten, sachlich richtigen Informationen ohne erotisch gefärbte Akzentuierung als interessante Tatsachen, aber ohne gefühlsbetonte Bedeutung und psychische Irritation aufgenommen werden können. Die in der Kindheit starke Bevorzugung von gleichgeschlechtlichen Vorbildern und Spielpartnern zeigt die positive Geschlechtsidentifikation dieser Altersgruppe. Mit Beginn der Pubertät verkehrt sich diese Vorliebe ins Gegenteil: nach dem 12. Lebensjahr bevorzugen die meisten Mädchen männliche Körperschema-Zeichnungen (Attraktivität, Körperschema, Mannschema) und nach dem 14. Lebensjahr die meisten Jungen weibliche Körperschemata (facial attractiveness, Hüftbetonung, Weibschema). Jetzt werden die geschlechtsspezifischen Auslöser für das Gegen-Geschlecht attraktiv. Speziell in der Pubertät sollte die Sexualerziehung Sexualität von den Bereichen „Leistung“ und „Wettbewerb“ abkoppeln und sie als Teilaspekt einer gegenseitigen Liebes-Partnerschaft (Liebe) beschreiben sowie differenzierte Kenntnisse über Empfängnis- (Empfängnisverhütung) und Krankheitsverhütung (Geschlechtskrankheiten, AIDS) vermitteln. Aktuelle Sexualerziehung zielt auf Partnerschaftlichkeit, Respekt vor der Individualität, Recht auf Selbstbestimmung und auf Gleichberechtigung (Reziprozität, Sexismus).

G.H.-S.

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