Lexikon der Biologie: Spermatogenese
Spermatogenesew [von *spermato- , griech. genesis = Entstehung], Spermiogenese i.w.S., 1) Botanik: die Bildung der Spermatozoide durch mitotische Zellteilungen (Mitose) und anschließende Differenzierung. 2) Zoologie: Spermienbildung, der gesamte Vorgang der Bildung der Spermien von den Urkeimzellen (Urgeschlechtszellen) bis zu den fertigen, d.h. ausdifferenzierten Spermien. Man unterscheidet 5 Stadien (Stufen): 1) Die Umhüllung der Urkeimzellen durch somatische Zellen (Bildung von Spermatocysten) oder die Wanderung der Urkeimzellen ins zukünftige Hodengewebe (Hoden) hinein, bei manchen Wirbeltieren über die Blutbahn. 2) Vermehrung: mitotische Proliferation der Spermatogonien. Bei semelparen Arten (mit einmaliger Fortpflanzung) werden gemäß dem Schema (Gametogenese [Abb.]) alle Spermatogonien aufgebraucht. Bei iteroparen Arten (mit mehrmaliger Fortpflanzung) entwickeln sich nicht alle Spermatogonien zu Spermatocyten; einige bleiben als „Stammspermatogonien“ für spätere Fortpflanzungsperioden erhalten. Beim Menschen beginnt diese Phase in der Pubertät unter dem Einfluß der gonadotropen Hormone (follikelstimulierendes Hormon [FSH], luteinisierendes Hormon [Interstitialzellen stimulierendes Hormon, ICSH) der Hypophyse. Bei diesen Teilungen bildet sich ein Stamm von etwa einer Milliarde Spermatogonien (vom sog. Typ B), die sich ständig weiter teilen. 3) Wachstum: nach der letzten mitotischen Teilung wachsen die Spermatogonien zu Spermatocyten I. Ordnung heran ( vgl. Abb. 1 ). Spätestens mit Auftreten der sog. synaptischen Komplexe ist der nächste Abschnitt erreicht. 4) Reifung (Reduktion): die oft langdauernde 1. Meiose mit anschließender Zellteilung (Bildung von 2 Spermatocyten II. Ordnung), danach die meist schnell ablaufende 2. Meiose und Zellteilung zu insgesamt 4 gleich großen Spermatiden ( vgl. Infobox 1 ), die im allgemeinen 1/4 des Volumens der Spermatocyte I. Ordnung haben. 5) Spermiohistogenese, Spermiogenese (i.e.S., Spermioteleosis, Spermiocytogenese;vgl. Infobox 2 und vgl. Abb. 2 ): die Umwandlung zu fertigen Spermien, d.h. eine Differenzierung ohne weitere Zellteilung. Dabei laufen folgende, zum Teil miteinander verknüpfte Vorgänge ab: a) Ausbildung eines proakrosomalen Vesikels aus einem spezialisierten Golgi-Apparat, später Umbildung zur Akrosom-Vakuole (Akrosom). b) Chromatin-Kondensation (Chromatin; oft vorher Ersatz der Histone), Verkleinerung des Kern-Volumens, Kernstreckung und schließlich Abstoßung der Kernporen enthaltenden Bereiche der Kernhülle. c) Längsstreckung der Spermatide, meist mit besonderen Mikrotubuli-Systemen (Mikrotubuli; „Manschette“). d) Umgestaltung der Mitochondrien: Fusion zu wenigen großen kugelförmigen Gebilden oder länglichen Nebenkernen bzw. Nebenkernderivaten. e) Auswachsen des Flagellums (Flagellen) vom distalen Centriol aus. Bisweilen treten in der Centriol-Region Chromatoid-Körper oder Centriol-Satelliten auf. f) Cytoplasma-Abstoßung als Restkörper, cytoplasmatischer Tropfen oder ähnliches, bei Höheren Wirbeltieren zeitgleich mit dem Freiwerden (Spermiation) der Spermien ins Lumen der Hodenkanälchen. Mit dieser Cytoplasma-Reduzierung steht die Spermatogenese im großen Gegensatz zur Oogenese, die durch extreme Cytoplasma-Vermehrung charakterisiert ist (Gametogenese). Nur bei einigen aflagellaten Spermien, z.B. bei manchen Zecken und Fadenwürmern, gibt es ebenfalls ein zusätzliches Wachstum. g) Veränderung der Spermienoberfläche, insbesondere beim Aufenthalt im Nebenhoden. h) Die Kapazitation der Spermien im weiblichen Organismus bildet den Abschluß, wird aber meist nicht mehr zur Spermatogenese gerechnet. – Die Dauer der Spermatogenese liegt bei vielen Tieren in der Größenordnung von Wochen, z.B. Schwämme (2), Maus (5), Hund (9) und Mensch (11). Bei manchen holometabolen Insekten (Holometabola) findet der größte Teil der Spermatogenese schon in den letzten Larven- und im Puppenstadium (Larvalentwicklung) statt. – Zumindest die meiotischen und postmeiotischen Spermatogenese-Stadien sind oft streng gegen die Körperflüssigkeit (Blut und Lymphe bzw. Hämolymphe) abgeschlossen durch Bildung von Spermatocysten (Spermatogenese-Stadien, umhüllt von Cysten-Zellen) oder durch andere Permeabilitätsbarrieren (junctions; Blut-Hoden-Schranke). Geschlechtsorgane, Hertwig (O.W.A.), Keimbahn (Abb.), Testosteron.
U.W./D.Z.
Spermatogenese
Abb. 1: Querschnitt (lichtmikroskopische Aufnahme, Vergrößerung ca. 500fach) durch ein menschliches Hodenkanälchen mit Spermatogenesestadien; nur deren Zellkerne sind deutlich abzugrenzen. Außen (vereinzelte große, kompakte Zellkerne): Spermatocyten 1. Ordnung (2 × 2n); mittlere Zone (kleinere, etwas lockerer gefärbte Zellkerne): Spermatocyten 2. Ordnung (Präspermatiden) 2 × 1n); lumenseitig: abgabereife haploide Spermien mit kleinen kompakten Kernen und langer Geißel.
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