Lexikon der Biologie: Staphylococcus
Staphylococcusm [von griech. staphylē = Traube, kokkos = Kern, Beere], Staphylokokken, Gattung der Staphylococcaceae (Ordnung Bacillales, früher Familie Micrococcaceae), grampositive, unbewegliche, sporenlose, kugelige Bakterien (0,5–1,5 μm), die in unregelmäßigen Haufen oder traubenförmig zusammenbleiben (Bakterien [Abb.]). Die Basenzusammensetzung der DNA (Mol% G + C; GC-Gehalt) ist 30–38%, das Murein enthält mehr als 2 Mol Glycin pro Mol Lysin, Teichonsäuren sind vorhanden, das Wachstum ist fakultativ anaerob (alles Unterschiede zur Gattung Micrococcus). Staphylococcus-Arten lassen sich auf relativ einfachen Nährböden kultivieren. Auf Agarplatten entstehen kleine, glatte, flache, runde Kolonien, weiß, gelb oder orange gefärbt. Auf Blutagar können einige Stämme klare Hämolysehöfe (Hämolyse) bilden. Staphylococcus-Arten wurden von unterschiedlichen Habitaten isoliert. In höheren Populationen treten sie auf der Haut des Menschen (Hautflora) und im vorderen Nasen-Rachen-Raum (Mundflora) auf. Hauptarten, die auf der Haut vorkommen, sind: Staphylococcus epidermidis, Staphylococcus hominis, Staphylococcus haemolyticus und in geringerer Zahl Staphylococcus aureus und andere Staphylococcus-Arten. Von einigen Arten gibt es Unterarten, z.B. von Staphylococcus aureus und Staphylococcus hominis. In Krankenhäusern, bei Pflegepersonal und Patienten sind besonders hohe Keimgehalte festzustellen (Hospitalismus), oft auch gefährliche „Problemkeime“, da immer häufiger Stämme auftreten, die gegen fast alle Antibiotika (Antibiotika-Resistenz) resistent sind. Staphylococcus konnte auch von vielen Tieren, in geringer Konzentration aus Meer- und Süßwasser, Erdboden, Pflanzenoberflächen und -produkten, Fleisch und anderen Nahrungsmitteln isoliert werden. – Wichtigste Art ist Staphylococcus aureus (= Staphylococcus pyogenes;vgl. Abb. ), bereits 1881 von Ogston aus Abszessen und Wundinfektionen isoliert und beschrieben. Im Unterschied zu den anderen Staphylococcus-Arten besitzt Staphylococcus aureus eine Koagulase (Enzym), die im Citratplasma vieler Tierarten das Pro-Thrombin in seine aktive Form überführt, so daß eine Fibringerinnung eintritt, die der natürlichen Blutgerinnung sehr ähnlich ist. Weitere Virulenzfaktoren der pathogenen Staphylokokken sind in der Zelloberfläche eingelagerte immunologisch wichtige Komponenten, außerdem eine Reihe von Toxinen und Enzymen. Zu diesen krankheitsauslösenden Faktoren gehören auch der an der Zelloberfläche gebundene „Clumping-Faktor“, der zur Ausfällung von Fibrin führt, eine Polysaccharidkapsel, die vor einer Phagocytose schützt, eine Biofilmbildung (Biofilm) durch Adhäsine, die einen gewissen Schutz vor der körpereigenen Abwehr ergibt, eine gewebeschädigende Hyaluronidase (Hyaluronsäure), Erythrocyten-auflösende Hämolysine, Leukocidin, das Makrophagen und Granulocyten schädigt, die Enterotoxine, die Exfoliatin-Toxine, die Hautschädigungen verursachen, und das Toxin des toxic shock syndrome (septischer Schock). Letzteres wurde 1978 zum ersten Mal in den USA beschrieben und tritt meist bei jungen Frauen, die während der Menstruation sehr kleine Tampons benutzten, auf; Symptome: Fieber, Blutdruckabfall, Hautexanthem (scharlachähnlich), Erbrechen, Diarrhoe, oft auch Bewußtseinstrübung. – Staphylococcus aureus kann als harmloser Hautbewohner leben, aber auch unangenehme bis tödliche Erkrankungen hervorrufen. Voraussetzung für eine Erkrankung ist die Invasion des Erregers in das Gewebe, was nur bei einer lokalen oder allgemeinen Abwehrschwäche möglich ist. Einige typische Erkrankungen sind: Hauterkrankungen mit Infektionen der Talg- und Schweißdrüsenausgänge (Abszeß, Furunkel [Furunkulose], Karbunkel), Wundinfektionen; bei Eindringen der Erreger in die Blutbahn Staphylokokken-Sepsis und Staphylokokken-Endokarditis (mit rascher Herzklappenzerstörung), Staphylokokken-Pneumonie (Lungenentzündung); Staphylokokken-Angina, häufig als Hospitalinfektion; Staphylokokken-Scharlach (scharlachähnliche Erkrankung). – Häufig sind Vergiftungen durch hitzeresistente Enterotoxine (bei 30minütigem Erhitzen auf 100 °C nicht inaktiviert) von Staphylococcus aureus, die mit der Nahrung (Nahrungsmittelvergiftungen) aufgenommen werden (Intoxikation, keine Infektion). Die Keime müssen sich vorher in den Nahrungsmitteln vermehren und Toxine ausscheiden, meist in Milch und Milchprodukten, Eiprodukten (Hühnerei) und Fleischwaren (Fleisch). Die Infektion kann durch eitrige Wunden oder symptomlose Keimträger erfolgen. Die Staphylokokken-Nahrungsmittelvergiftung ruft Übelkeit, Erbrechen, Leibschmerzen, Diarrhoe und zum Teil auch Kreislaufstörungen hervor. – Auch Koagulase-negative Staphylococcus-Arten können Erkrankungen hervorrufen: Staphylococcus epidermidis ist ein Haut- und Schleimhautparasit, der auch eine Endokarditis und tödliche Septikämie verursachen kann. Staphylococcus saprophyticus wurde aus infizierten Harnwegen junger Frauen isoliert. Eitererreger, Micrococcus-Nuclease, Protein A, Strichtest, Vaginalflora.
G.S.
Staphylococcus
1Staphylococcus aureus:1 aus einer Bouillonkultur; 2 in einer rasterelektronenmikroskopischen Aufnahme; unterhalb der Bildmitte eine durch die beginnende Wirkung des Antibiotikums Ceftriaxon (ein Cephalosporin) aufgebrochene Bakterienhülle.
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