Lexikon der Biologie: Tracheensystem
Tracheensystem, Röhrensystem im Körper verschiedener Gliederfüßer, das der Atmung dient (Atmungsorgane). Es besteht aus röhrenförmigen Einstülpungen des Integuments, den Tracheen, durch deren Wandungen der Gasaustausch (Gaswechsel) erfolgt. Eine Trachee setzt sich aus einer einschichtigen Matrix (Tracheenepithel, Exotrachea) zusammen, der außen eine Grundmembran anliegt. Ins Lumen wird eine Cuticula abgeschieden. Sie besteht aus Pro- und Epicuticula und wird meist als Intima (Endotrachea) bezeichnet. Um ein Kollabieren der Tracheenröhre zu verhindern, sind innen Spiralfäden oder Taenidien ausgebildet – sklerotisierte exocuticulare Leisten. Diese können auch gegabelt, einfach ringförmig oder gitterartig angeordnet sein. Bei höher entwickelten Formen (Insekten) verzweigt sich eine Trachee in immer feinere Äste ( vgl. Abb. ) und endet schließlich in einer Tracheenendzelle (Transitionszelle), die eine differenzierte Matrixzelle ist. Diese dringt mit fingerförmigen Fortsätzen an oder zwischen das Gewebe, um über weniger als 1 μm im Durchmesser betragende Tracheenkapillaren (Tracheolen) den Sauerstoff u.a. per Diffusion ( vgl. Infobox ) abzuliefern. Die Öffnungen der Tracheen nach außen sind die Stigmen. Das Stigma (Atemloch, Trema, Peritrema, Spiraculum;vgl. Abb. ) ist primär eine einfache Öffnung, die vielfach komplexe Schutzvorrichtungen und Verschlußmechanismen entwickelt hat. Bei Insekten werden primär 10 Stigmenpaare angelegt. Diese befinden sich in den Pleuren (Pleura). Kopf und Prothorax tragen nie Stigmen. (Sekundär am Kopf allerdings gibt es Stigmen bei manchen Springschwänzen und Wenigfüßern.) Diese Teile werden von Tracheenästen anderer Segmente versorgt. Der Hinterleib trägt ursprünglich 8 Stigmenpaare. Bei wenigen Vertretern gibt es auch zusätzliche Stigmen (Japyx;Doppelschwänze); sie werden dann als Hyperpneustia bezeichnet. Viele Insektengruppen verschließen oder reduzieren Stigmen, besonders, wenn sie wasserlebend oder sehr klein sind. Hemipneustia sind solche Insekten, die zwar zunächst alle Stigmen anlegen, später aber wieder verschließen. Je nachdem, welche Stigmen verschlossen werden, gibt es eine Reihe von Gruppenbildungen ( vgl. Tab. ). Sonderbildungen des Tracheensystems finden sich bei Wasserinsekten. Ein reiches Tracheensystem im Enddarm befähigt zum Gasaustausch unter Wasser (Larven von Libellen); viele Larven haben Tracheenkiemen. – Tracheen sind innerhalb der Gliederfüßer mehrfach unabhängig „erfunden“ worden. Bei den Stummelfüßern gibt es pro Segment bis zu 70 Stigmen, von denen jeweils dichte Büschel von nicht anastomosierenden Tracheenästchen ausgehen. Bei Tausendfüßern als Teilgruppe der Tracheata sind möglicherweise Tracheen ebenfalls unabhängig von denen der Insekten evolviert (Gruppen Notostigmophora und Pleurostigmophora der Hundertfüßer). Nach den neuen molekularen Stammbaumergebnissen sind die Krebstiere und nicht die Tausendfüßer die Schwestergruppe der Insekten. Dann sind die Tracheen der Tausendfüßer ganz sicher von denen der Insekten unabhängig entstanden. Bei Spinnentieren finden sich als Atmungsorgane neben sog. Fächerlungen (fälschlich oft auch Fächertracheen genannt) auch Röhrentracheen. Diese treten in Form von Siebtracheen (bei einigen Webspinnen, bei Pseudoskorpionen und Kapuzenspinnen) oder einfachen, unverzweigten Luftröhren auf (einige Webspinnen, Milben). Bei den Siebtracheen handelt es sich sozusagen um Fächerlungen mit röhrenförmigen Atemtaschen. Bei Weberknechten und Walzenspinnen sind schließlich den Insekten vergleichbare Tracheensysteme ausgebildet, indem alle Tracheenäste anastomosieren (Anastomose). Meist gehen hier die Röhrentracheen vom Hinterkörper aus, wo ihre Stigmen (1–3 Paare) in der Intersegmentalhaut der Sternite liegen. Selten gibt es auch Stigmen am Vorderkörper (alle Walzenspinnen, Kapuzenspinnen und viele Milben) oder gar auf Laufbeinen (Weberknechte). Insekten (Abb.); Atmungsorgane IAtmungsorgane II , üß Gliederfüßer II .
H.P./M.L.
Tracheensystem
1 Tracheensystem (Grundschema) im Insektenkörper, a eines primär flügellosen Insekts (Campodea; von der Bauchseite), b eines geflügelten Insekts; 2 Tracheenstamm mit Abzweigungen; 3 Stigma (schematisch), unten rasterelektronenmikroskopische Aufnahme eines Stigmas von Drosophila.
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