Lexikon der Biologie: Variation
Variationw [von latein. variatio = Verschiedenheit], 1) die Mannigfaltigkeit unterschiedlicher Ausbildung eines Merkmals bei einer Art (Spezie2}, Population). Sie ist das Ergebnis der Variabilität (im Sinne von Veränderlichkeit) der einzelnen Eigenschaften, die sich im Phänotyp manifestieren. Eine bestimmte Ausprägung einer Eigenschaft bei einem Individuum wird als Variante bezeichnet. Die Variationsbreite (Statistik) gibt das Ausmaß der Variation einer Eigenschaft an (Varianz). Wie bei der Variabilität kann man unterscheiden: a) modifikative (modifikatorisch bedingte) Variation, wenn die Variation durch Außeneinflüsse bedingt ist (Modifikation); b) genetisch bedingte Variation, die auf genetischen Unterschieden beruht; sie kann kontinuierlich und diskontinuierlich sein; c) ontogenetische Variation, wenn unterschiedliche Merkmalsausprägungen zu verschiedenen Zeiten der Individualentwicklung (Ontogenese) auftreten. – Das Ausmaß der genetischen Verschiedenheit in natürlichen Populationen ist groß. Es wird heute vor allem durch Erfassung der unterschiedlichen Isoenzymmuster (Isoenzyme [Farbtafel]) der Individuen mittels Elektrophorese gemessen. Dabei zeigt sich, daß bei Vielzellern im allgemeinen zu ca. 40% der Strukturgene ein oder mehrere (multiple) Allele existieren und daß ca. 12% der Genloci (Genort) eines Individuums heterozygot vorliegen (Heterozygotie). Bei der großen Anzahl von Genen im Genotyp und der Fülle von Allelen sorgt die ständige Rekombination bei zweigeschlechtlichen Organismen dafür, daß kein Individuum einer Art einem anderen völlig gleicht. Jedes Individuum ist daher ein Unikat. Diese enorme genetische Variation liefert eine wesentliche Grundlage für die biologische Evolution durch Selektion und ermöglicht so die genetische Anpassung (Adaptation) von Populationen an ihre Umweltbedingungen (Populationsgenetik). Modifikationen erlauben dagegen nur eine kurzzeitige Anpassung (modifikatorische Adaptation) der Individuen an ihre lokalen Umweltbedingungen (vgl. jedoch Dauermodifikation). Modifikationen sind nur insofern von Bedeutung für die Evolution, als die Selektion am Phänotyp angreift, also nicht zwischen modifikatorisch und genetisch bedingten Merkmalsausprägungen unterscheiden kann. Da es keine „Vererbung erworbener Eigenschaften“ gibt, wie sie der Lamarckismus angenommen hat, können modifizierte Eigenschaften in jeder Generation nur durch die jeweils herrschenden Umweltbedingungen wieder ausgeprägt werden. Als modifizierende Außeneinflüsse wirken dabei besonders Ernährungsbedingungen (Ernährung), Temperatur, Licht, Tageslänge (Photomorphose). Der Anteil der durch Modifikation bedingten Variation an der Gesamtvariation läßt sich an genetisch gleichen Individuen (z.B. eineiigen Zwillingen, Klon), die unter verschiedenen Umweltbedingungen aufwachsen, ermitteln (Zwillingsforschung, Heritabilität). – Nach der Form der Variation der Merkmale kann man unterscheiden: a) kontinuierliche (= fluktuierende)Variation: liegt vor allem bei vielen quantitativen Merkmalen (Länge, Gewicht und ähnlichem) vor und b) diskontinuierliche (= alternative) Variation: hier fehlen fluktuierende Übergänge zwischen den verschiedenen Merkmalsausprägungen, z.B. bei Individuen mit Pelorien bei Arten mit zygomorphen Blüten (dorsiventrale Blüte). – In der Regel zeigt sich Variation bei verschiedenen Individuen (interindividuelle Variation), dagegen liegt intraindividuelle Variation vor, wenn mehrfach auftretende Eigenschaften an einem Individuum unterschiedlich ausgebildet sind, z.B. Blüten unterschiedlicher Farbe oder Kronblattzahl an der gleichen Pflanze. Da hier die genetische Grundlage (in aller Regel; jedoch nicht bei somatischen Mutationen) gleich ist, handelt es sich in diesen Fällen um modifikatorische Variation. Solche Variationen sind häufig kontinuierlich. gametoklonale Variation, Phänokopie, somaklonale Variation. 2)Antigenvariation, Immunglobulin-Gene.
G.O./U.K.
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