Lexikon der Biologie: Wasserkäfer
Wasserkäfer, Wasserfreunde, Hydrophilidae, Familie der polyphagen Käfer aus der Gruppe der Hydrophiloidea oder Palpicornia, die unabhängig von den echten Schwimmkäfern innerhalb der Käfer den Lebensraum Wasser mit einem Teil ihrer Arten erobert haben. Hierher werden oft auch die Hydraenidae (bei uns über 65 Arten) und Spercheidae (1 Art) gerechnet. Die artenreiche Familie umfaßt bei uns über 70 Arten. Gewölbte, selten flachere Arten von 1–50 mm Länge, von rundlichem oder ovalem geschlossenem Umriß, meist schwarz oder bräunlich glänzend, gelegentlich eine Fleckenzeichnung auf den Elytren. Fühler kurz, mit einer locker gegliederten, dreigliedrigen Keule, die bei den im Wasser lebenden Arten als Atemschnorchel verwendet werden kann. Deren Tastfunktion haben die meist erheblich längeren Maxillentaster übernommen. Die Unterfamilie Sphaeridiinae enthält Arten, die überwiegend an Land im Dung, faulendem Pflanzenmaterial oder Pilzen vorkommen. Häufig sind hier die 4–7 mm großen, mit je 2 großen roten Flecken auf jeder Elytre ausgestatteten Arten Sphaeridium bipustulatum und Sphaeridium scarabaeoides, die im frischen Kuhmist vorkommen. Dort leben sie oft mit den kleinen kugeligen Cercyon-Arten zusammen Die eigentlichen Wasserkäfer (Unterfamilie Hydrophilinae) sind ausschließlich Wasserbewohner. Die Imagines sind Pflanzenfresser, ihre Larven oft Räuber. Die Fortbewegung erfolgt über alternierende Paddelschläge der Beine. Atemluft wird mit Hilfe der Fühler beschafft, indem die für Wasser unbenetzbare Fühlerkeule auf die Wasseroberfläche gelegt und anschließend leicht wieder nach unten gezogen wird. Dadurch bildet sich entlang des Fühlers ein Luftkanal, durch den durch Fühlerbewegung Luft in einer Rinne auf die Unterseite des Halsschilds geleitet wird, von wo sie sich auf die gesamte Bauchseite verteilt und als Luftvorrat mit unter Wasser genommen wird (Antenne [Abb.]). Kleinere Arten schwimmen dadurch mit der silbrig glänzenden Bauchseite nach oben. Dieser Luftfilm fungiert oft als physikalische Kieme (Atmungsorgane, Kiemen, Plastron). Der so aufgenommene Sauerstoff gelangt unter die Elytren (Deckflügel) zu den dort befindlichen Stigmen (Tracheensystem). Viele Arten betreiben Brutfürsorge, indem sie ihre Eier in einem Ei-Kokon einspinnen. Das Gespinst wird aus Anhangsdrüsen der Geschlechtsorgane gebildet. Dieser Kokon wird entweder an Wasserpflanzen schwimmend befestigt (Enochrus-Arten), an oder in ein Blatt gesponnen (Hydrous, Hydrophilus) oder gar auf der Bauchseite des Weibchens mit dem Eivorrat festgeheftet und stets mitgeführt (Berosus, Spercheus). Der schwimmende Kokon (Eischiff), der beim Großen Kolbenwasserkäfer (Hydrous) 2 cm lang und 1 cm hoch ist, hat gelegentlich einen „Schornstein“, einen bis 3 cm langen Luftschnorchel. Bekannt sind bei uns die Kolbenwasserkäfer, von denen die 2, in Deutschland im Bestand stark gefährdeten Arten der Gattung Hydrous (Hydrous piceus, der schwarze Große Kolbenwasserkäfer – er steht in Deutschland unter Naturschutz – und Hydrous aterrimus; ä vgl. Abb. ) mit über 5 cm Körperlänge zu den größten heimischen Käfern gehören. Sie leben in Teichen und kleineren Seen. Der Kleine Kolbenwasserkäfer oder Stachelwasserkäfer (Hydrophilus caraboides, 14–20 mm; ä vgl. Abb. ) ist weit verbreitet. Die Larven der aquatilen Wasserkäfer leben räuberisch. Sie machen extraintestinale Verdauung und halten dazu ihre Beute oft über Wasser, damit die Verdauungssäfte nicht verdünnt werden. Kopfform und Kopfhaltung (hypergnath) sind an diesen Freßmodus angepaßt.
H.P.
Wasserkäfer
1a Schwarzer Großer Kolbenwasserkäfer (Hydrous piceus);1b Eischiffchen (Gespinstkokon, im Schnitt) von Hydrous aterrimus;2 Stachelwasserkäfer (Hydrophilus caraboides)
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