Lexikon der Biologie: Xiphosura
Xiphosura [von *xipho- , griech. oura = Schwanz], Schwertschwänze, Pfeilschwanzkrebse, Königskrabben, Ordnung der Chelicerata mit nur 4 rezenten, marinen Arten ( vgl. Infobox ); fossil seit dem Silur mit großer Artenfülle bekannt; die heutigen 4 Arten sind lebende Fossilien. Bekanntester rezenter Vertreter ist Limulus polyphemus ( vgl. Abb. ) mit bis ca. 60 cm Länge. Die Xiphosura werden oft mit den Eurypterida zu den Merostomata zusammengefaßt. Nach neuerer Auffassung gelten jedoch die Eurypterida als Schwestergruppe der Arachnida (Spinnentiere; Chelicerata). Schwertschwänze sind Grundbewohner in 10–20 m Tiefe mit abgeflachtem, hufeisenförmigem Körper, die sich räuberisch von Krebschen, Weichtieren, Würmern und anderem ernähren. Körpergliederung: großes ungegliedertes Prosoma, mit breiter Kopfduplikatur, die zum Graben dient; kleines ungegliedertes Opisthosoma mit Pleurotergiten, dessen erste Segmente (1. und Teile des 2.) dem Prosoma angeschmolzen sind. Gelenk zwischen 2. und 3. Opisthosomasegment; letzte Opisthosomasegmente verkleinert, tragen den langen Schwanzstachel (oft Telson genannt). Extremitäten: am Prosoma 1 Paar 3gliedrige Cheliceren, 5 Paar Laufbeine, 4 Paar davon mit Scheren, das letzte mit Stacheln und flachen Borsten, die sich ausbreiten können und zum Abstützen im weichen Substrat dienen („Skistockbein“); das letzte Beinpaar trägt seitlich einen Fortsatz (Flabellum), der eine Rolle beim Abdichten der Kiemenkammer spielt. Alle Prosomaextremitäten tragen stark entwickelte Gnathocoxen, die den Mund umstehen und zum Zerkleinern der Nahrung dienen; Extremitäten des 1. Opisthosomasegments zu den 1gliedrigen Chilaria reduziert, die den Mundraum nach hinten begrenzen; alle anderen Extremitäten flächig entwickelt. Das 1. Paar bildet das Genitaloperculum, auf dem die Geschlechtsorgane münden, die restlichen 5 Paar Blattbeine tragen Kiemen auf der Hinterseite, die aus je etwa 150 Blättchen aufgebaut sind. Skelett:Exoskelett aus kräftiger, nicht verkalkter Cuticula, zusätzlich gut entwickeltes Endoskelett (Endosternit, Entapophysen). Nervensystem und Sinnesorgane:Oberschlundganglion und Unterschlundganglion bilden große Hirnmasse im Prosoma; Sinneshaare auf dem ganzen Körper, 1 Paar Komplexaugen ohne Kristallkegel mit runden Cornealinsen, die zapfenartig nach innen verlängert sind, sternförmiges Rhabdom; 1 Paar Medianaugen; weitere von außen nicht sichtbare modifizierte Medianaugen liegen im Innern; Sinnesgrube vor dem Mundbereich (Frontalaugen, Chemorezeption?). Darmtrakt: Mund zwischen den Gnathocoxen der Prosomaextremitäten, Mundraum wird vorne von Oberlippe, hinten von den Chilaria begrenzt; enger Pharynx, Kaumagen, Mitteldarm mit verzweigten Divertikeln (Mitteldarmdrüse), Enddarm, After an der Basis des Stachels. Nahrung, die beim Durchpflügen des Untergrunds gefunden wird, wird mit Hilfe der Cheliceren und der Scheren an den Beinen vor den Mund gebracht und zerkleinert (auch mit den Gnathocoxen). Im Kaumagen erfolgt eine weitere mechanische Aufbereitung; Sekretion und Resorption in der Mitteldarmdrüse, extra- und intrazellulär. Exkretion: 1 Paar Coxaldrüsen, Mündung zwischen 5. und 6. Beinpaar. Kreislauf und Atmung: schlauchförmiges Herz mit 8 Ostienpaaren, 3 vordere und 4 laterale Arterienpaare, Atmung über Buchkiemen (5 Paar modifizierte, kiementragende Extremitäten). Geschlechtsorgane: paarige Gonaden im Prosoma, getrenntgeschlechtlich, münden auf der Unterseite des Genitaloperculums. Fortpflanzung: die Tiere sammeln sich im Gezeitenbereich an flachen Küsten. Das Männchen hält sich mit dem zum Greiforgan umgebildeten 1. Beinpaar am Prosomarand auf dem Weibchen fest. Bis zu 1000 Eier werden in eine flache Mulde gelegt, besamt (äußere Besamung!) und mit Sand bedeckt. Entwicklung:Furchung total, erstes freilebendes Stadium (sog. Trilobitenlarve) hat schon alle Segmente, aber nur 9 Extremitätenpaare und keinen Schwanz; Geschlechtsreife erst nach ca. 12 Jahren. – Limulus polyphemus ist ein bedeutendes Versuchstier für sinnes- und stoffwechselphysiologische Forschungen. Die Hämolymphzellen agglutinieren spezifisch mit gramnegativen Keimen, was zur Entwicklung des sog. Limulus-Tests (Lysat, LAL-Test) geführt hat. Er dient u.a. zur Bestimmung der mikrobiologischen Qualität von Lebensmitteln, z.B. von Milch. Mesolimulus, Tachyplesine; Chelicerata , lebende Fossilien .
C.G.
Xiphosura
Limulus:a Dorsalansicht, b Ventralansicht. Bk Buchkiemen, Ch Cheliceren, Cl Chilaria, Ge Genitaloperculum, Gn Gnathocoxen, Kd Kopfduplikatur, Ko Komplexauge, Lb Laufbein, Mu Mund, Op Opisthosoma, Pe Pedipalpus, Pr Prosoma, Pu Punktaugen, Sk „Skistockbein“, St Schwanzstachel
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