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Lexikon der Chemie: ätherische Öle

ätherische Öle, flüchtige, stark riechende ölige Produkte, die durch Wasserdampfdestillation von Pflanzen oder Pflanzenteilen oder durch Auspressen der äußeren Fruchtschalen einiger Citrus-Arten gewonnen werden. Im Gegensatz zu den ebenfalls aus Pflanzen zu gewinnenden fetten Ölen (z. B. Leinöl und Rapsöl) verdunsten die ä. Ö. vollständig und hinterlassen auf Papier keinen Fettfleck. Die ä. Ö. sind Stoffgemische aus im allg. 5 bis 20 Komponenten. Sie unterscheiden sich nach Anzahl, Art und Mengenverhältnissen der Bestandteile charakteristisch voneinander. Manche ä. Ö. bestehen aber überwiegend aus einer Verbindung, z. B. Wintergrünöl zu 99 % aus Salicylsäuremethylester und Lemongrasöl zu 80 % aus Citral, andere aus über 100 Komponenten, z. B. Mandarinenschalenöl aus 148 Verbindungen. Die prozentuale Zusammensetzung der ä. Ö. schwankt in Abhängigkeit von Standort, Jahr und Jahreszeit der Gewinnung sowie Gewinnungs- und Lagerungsmethode.

Die Bestandteile der ä. Ö. sind überwiegend Terpene und Sesquiterpene. Die duftenden Komponenten sind die Sauerstoffderivate, wie Alkohole, Ether, Aldehyde, Ketone, Ester, Lactone, Epoxide, aber auch einige N- und S-haltige Verbindungen, die meist nur in ganz geringen Mengen vorkommen.

Die Namen der ä. Ö. entsprechen den Pflanzen bzw. den Pflanzenteilen, in denen sie enthalten sind, z. B. Angelikawurzelöl, Zimtblätteröl, Orangenblütenöl, Knoblauchöl, Wacholderbeeröl, Sandelholzöl, Agrumenschalenöl, Muskatnußöl. In einigen Fällen unterscheidet man zwischen den ä. Ö. verschiedener Teile einer Pflanze, so heißen z. B. die ä. Ö. des Pomeranzenbaumes Neroliöl aus den Blüten, Petitgrainöl aus Zweigen und Blättern und Pomeranzenöl aus den Früchten.

Eigenschaften. Die ä. Ö. sind farblos oder farbig, dünn- oder dickflüssig, selten von halbfester, salbenartiger Konsistenz. Sie sind meist leichter als Wasser, selten auch im Vakuum unzersetzt destillierbar und oft deutlich empfindlich gegenüber Luft, Licht und Wärme.

Die Qualitätsbestimmung und der Nachweis von Verfälschungen erfolgt heute vorwiegend durch moderne Trennverfahren (GC, HPLC, Dünnschichtchromatographie) zusammen mit spektroskopischen Methoden.

Vorkommen. Ä. Ö. sind in allen Pflanzen mit riechenden Teilen enthalten. Von den über 3000 bekannten ä. Ö. spielen jedoch nur etwa 150 eine praktische Rolle (z. B. Anisöl, Bergamottöl, Campheröl, Citronellöl, Citrusöle, Eucalyptusöl). Die ä. Ö. finden sich in den Pflanzen als Tropfen in Zellen oder in größeren Hohlräumen, nur in einigen Pflanzen liegen sie als geruchlose Glycoside vor (z. B. Bittermandelöl, Wintergrünöl), aus denen sie beim Einweichen in Wasser durch enzymatische Hydrolyse freigesetzt werden. Interessanterweise enthalten alkaloidreiche Pflanzen weniger oder keine ä. Ö. und umgekehrt. Die Abscheidung der ä. Ö. in den Pflanzen ist irreversibel, d. h., sie werden am Stoffwechsel nicht mehr beteiligt. Sie dienen in den Blüten als Insektenmerkzeichen, in den vegetativen Teilen als Schutzsubstanzen gegen Zerstörung und in den Wurzeln als Abwehrstoffe gegen Mikroorganismen. Eine fungizide und bakterizide Wirkung wurde bei vielen ä. Ö. nachgewiesen.

Gewinnung. Die ä. Ö. gewinnt man durch Wasserdampfdestillation, Extraktion oder Auspressen. Die Wasserdampfdestillation liefert ausschließlich die flüchtigen Bestandteile der Pflanzen, sie läßt sich jedoch nur für relativ beständige ä. Ö. anwenden. Durch Extraktion mit niedrigsiedenden Lösungsmitteln erhält man die konkreten Öle, die noch reichlich Wachse und Paraffine enthalten. Das Ausfällen dieser Öle mit Ethanol und Abdestillieren des Alkohols im Vakuum ergibt die absoluten Öle, die auch für Feinparfüme geeignet sind. Am mildesten ist die Extraktion mit verflüssigten Gasen, z. B. Kohlendioxid, Ammoniak, Ether, im überkritischen Bereich. Man gewinnt so besonders unverfälschte und naturgetreue Blütenöle. Die durch Auspressen gewonnenen ä. Ö. der Citrusfrüchteschalen haben die Zusammensetzung wie in den Schalen und enthalten nur wenig schwer- und nichtflüchtige Verbindungen.

Verwendung. Die ä. Ö. werden in der Parfümindustrie und als Riechstoffe eingesetzt.

  • Die Autoren
Dr. Andrea Acker, Leipzig
Prof. Dr. Heinrich Bremer, Berlin
Prof. Dr. Walter Dannecker, Hamburg
Prof. Dr. Hans-Günther Däßler, Freital
Dr. Claus-Stefan Dreier, Hamburg
Dr. Ulrich H. Engelhardt, Braunschweig
Dr. Andreas Fath, Heidelberg
Dr. Lutz-Karsten Finze, Großenhain-Weßnitz
Dr. Rudolf Friedemann, Halle
Dr. Sandra Grande, Heidelberg
Prof. Dr. Carola Griehl, Halle
Prof. Dr. Gerhard Gritzner, Linz
Prof. Dr. Helmut Hartung, Halle
Prof. Dr. Peter Hellmold, Halle
Prof. Dr. Günter Hoffmann, Eberswalde
Prof. Dr. Hans-Dieter Jakubke, Leipzig
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Prof. Dr. Hans-Peter Kleber, Leipzig
Prof. Dr. Reinhard Kramolowsky, Hamburg
Dr. Wolf Eberhard Kraus, Dresden
Dr. Günter Kraus, Halle
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Dr. Wolfgang Liebscher, Berlin
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Dr. Helmut Schmiers, Freiberg
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Dr. Ralf Trapp, Wassenaar, NL
Dr. Martina Venschott, Hannover
Prof. Dr. Rainer Vulpius, Freiberg
Prof. Dr. Günther Wagner, Leipzig
Prof. Dr. Manfred Weißenfels, Dresden
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Prof. Dr. Otto Wienhaus, Tharandt

Fachkoordination:
Hans-Dieter Jakubke, Ruth Karcher

Redaktion:
Sabine Bartels, Ruth Karcher, Sonja Nagel


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