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Lexikon der Chemie: Benzin

Benzin, ein Gemisch leichtsiedender Kohlenwasserstoffe, das im wesentlichen aus linearen, Iso- und Cycloalkanen sowie aromatischen Verbindungen des C-Bereiches C5 bis C10 besteht. B. ist eine farblose, brennbare Flüssigkeit, deren Dichte bei 15 °C je nach Zusammensetzung zwischen 0,72 und 0,80 g cm-3 schwankt. B. verdunstet leicht und bildet mit Luft explosible Gasgemische. Hierauf beruht seine Verwendung als Vergaserkraftstoff (Kraftstoffe) in Ottomotoren. Der Heizwert liegt zwischen 41000 und 43000 kJ/kg. B. ist mit Wasser nicht mischbar, in Alkohol, Ether und halogenierten Kohlenwasserstoffen ist es leicht löslich. Das im Bereich von 20 bis 100 °C siedende Leichtbenzin und das von 100 bis 180 °C siedende Schwerbenzin sind die wichtigsten Ausgangsverbindungen für die Herstellung von hochwertigen Vergaserkraftstoffen.

Gewinnung. 1) B. erhält man aus Erdölen durch Destillation (Fraktion 50 bis 200 °C, das straight-run-Benzin). Der Benzingehalt eines Erdöls kann zwischen 5 und 85 % schwanken, er liegt im Durchschnitt bei 10 bis 20 %. Der größte Teil dieses straight-run-Benzins wird durch Verfahren der Erdölverarbeitung zu hochwertigen Vergaserkraftstoffen veredelt. Die direkte Verwendung als Vergaserkraftstoff ist wegen zu niedriger Octanzahl nicht möglich.

2) Aus den "nassen" Erdgasen gewinnt man durch Adsorption an Aktivkohle oder Kieselgel das Naturgasbenzin. Es besteht aus niedrigsiedenden Kohlenwasserstoffen, die zu etwa 90 % unterhalb von 135 °C sieden. Sie besitzen eine hohe Frontoctanzahl und werden deshalb als Beimengung zu B. verwendet, denen der notwendige Gehalt an niedrigsiedenden Kohlenwasserstoffen fehlt.

3) Beim Cracken höherer Erdölfraktionen fällt Crackbenzin an, das eine sehr gute Octanzahl besitzt, da bei dem Crackprozeß, insbesondere dem katalytischen Cracken, Dehydrierungen zu Alkenen, Isomerisierungen zu Isoalkanen und Aromatenbildung auftreten. Der größte Teil der heute im Weltmaßstab erzeugten B. wird durch Cracken gewonnen.

4) Durch Reformieren von straight-run-Benzin wird ein Reformatbenzin mit einer Octanzahl von 85 bis 95 erhalten. Während beim Cracken vorwiegend höhersiedende Erdölfraktionen zu Benzinkomponenten gespalten werden, wird beim Reformieren durch eine tiefgreifende Strukturveränderung, insbesondere durch Bildung von Aromaten, ein hochwertiger Kraftstoff erzeugt.

5) Aus dem Benzinschnitt der flüssigen Pyrolyseprodukte (Pyrolyse), der bei der Erzeugung von Ethen und Propen anfällt, kann ein aromatenreiches Pyrolysebenzin mit einer Octanzahl von etwa 100 isoliert werden. Dazu müssen allerdings die in diesen Fraktionen enthaltenen thermisch instabilen Verbindungen, z. B. Diolefine und Vinylaromaten, durch eine selektive Hydrierung entfernt werden.

6) Bei der Erdölverarbeitung fallen große Mengen Raffineriegas an (bis zu 25 % der eingesetzten Erdölsubstanz). Diese unter Normalbedingungen gasförmigen Kohlenwasserstoffe wurden früher ausschließlich als Heizgas verwendet. Heute dienen sie als Chemierohstoff, bzw. die in diesen Gasen enthaltenen Olefine werden zu Oligomerbenzin (Polymerbenzin) verarbeitet. Für die Herstellung von Oligomerbenzin wird die Propen-Propan-Fraktion (P-P-Fraktion) sowie die Buten-Butan-Fraktion (B-B-Fraktion), die durch destillative Zerlegung des Raffineriegases erhalten werden, verwendet. Die Oligomerisierung bzw. die Mischoligomerisierung des Propens und der C4-Olefine erfolgt an sauren Katalysatoren, z. B. Phosphorsäure auf Kieselgur, saure Ionenaustauscher und Zeolithe, bei einer Reaktionstemperatur von etwa 220 °C und einem Druck von 2 bis 6 MPa.

7) Alkylatbenzin, ein Hochleistungskraftstoff mit einer Octanzahl > 95, wird durch katalytische Alkylierung von Isobutan mit Butenen, Propen oder Ethen erhalten. Als Katalysatoren dienen Fluorwasserstoff oder Schwefelsäure. Die Alkylierung des Isobutens verläuft nach einem Ionenkettenmechanismus. Das für die Alkylierung notwendige Isobutan kann aus linearem Butan durch Isomerisierung gewonnen werden. Als Katalysator dient wasserfreies Aluminiumchlorid in Gegenwart von Chlorwasserstoff. Man arbeitet bei 80 bis 90 °C und etwa 1,5 bis 2 MPa.

8) Die Gewinnung von B. durch Hydrierung von Stein- und Braunkohle, Torf, Pech, Hoch- und Tieftemperaturteeren wurde in den 30er Jahren in Deutschland großtechnisch eingeführt. Wegen des hohen Wasserstoffverbrauches und der teuren Hochdruckanlagen war die Kohlehydrierung schon damals unwirtschaftlich, so daß in den meisten Hydrierwerken Schwelteere bzw. Rückstandsöle der Erdölverarbeitung eingesetzt wurden.

9) Bei der Braunkohlenverschwelung fällt zu 20 % ein Leichtöl (Schwelbenzin) in einem Siedebereich von 30 bis 180 °C an, das seinerseits zu 30 % einen Benzinanteil des Siedebereiches 30 bis 80 °C enthält. Das Schwelbenzin wird nach Abtrennung der in ihm reichlich vorhandenen Phenole und einer sich anschließenden Druckwasserstoffraffination Vergaserkraftstoffen zugesetzt oder als Lösungsmittel verwandt. Das raffinierte Schwelbenzin besitzt einen hohen Aromatengehalt, so daß aus dem Destillationsschnitt 70 bis 80 °C Benzol gewonnen werden kann.

10) Die Herstellung von B. und Dieselkraftstoff nach der Fischer-Tropsch-Synthese wurde vor dem 2. Weltkrieg in Deutschland entwickelt. Als Katalysatoren werden vorwiegend Eisen und Cobalt unter Zusatz von Thorium-, Magnesium-, Calcium- und Aluminiumoxid verwendet. Das Synthesegas reagiert bei 160 bis 200 °C unter einem Druck von 2 bis 3 MPa zu einem Gemisch gesättigter, unverzweigter Kohlenwasserstoffe: n CO + (2n + 1) H2 CnH2n+2 + n H2O. Das B., das nach der Fischer-Tropsch-Synthese gewonnen wird, weist aufgrund seines hohen Anteils an geradkettigem Paraffin eine sehr niedrige Octanzahl auf.

Benzin. Tab.: Siedegrenzen und Verwendung.

Bezeichnung Siedegrenzen °C Verwendung
Petrolether 40 ... 70

65 ... 95
als Extraktionsmittel, Lösungsmittel,
Wundbenzin u.a.
(Petrolether) zur Speiseölextraktion
Extraktionsbenzin 80 ... 95 zu Gummilösungen
80 ... 125 als Extraktionsmittel
Leuchtbenzin 30 ... 85 für Beleuchtungszwecke
Waschbenzin 100 ... 140 in Wäschereien, in der chem. Reinigung,
in der Textilindustrie
Lösungsbenzin 130 ... 180 in der Lack- und Wachstuchindustrie
Testbenzin 140 ... 200 Lösungs- und Verdünnungsmittel in der
Farben- und Lack-
industrie
Terpentinersatz 150 ... 195 zu Schuhcreme und Bohnerwachs
Mineralterpentinöl 140 ... 225 für Lacke und Farben

11) B. aus Methanol. Zunehmende Bedeutung gewinnen Verfahren, nach denen Methanol mit hoher Ausbeute und hoher Selektivität in Benzinkohlenwasserstoffe umgewandelt werden kann (Mobil-Oil-Verfahren, MTG-Verfahren). Aufgrund des hohen Aromatengehaltes besitzt das nach diesem Verfahren hergestellte B. eine Octanzahl von 95.

12) Bei der Erzeugung von Hartbenzin, also von B. in "festem" Zustand, werden winzig kleine Benzintropfen durch einen Emulgierungsprozeß mit einem Kunststoffilm umschlossen. Das dadurch entstandene zähe Gel besteht zu 95 % aus B. und läßt sich zum Verbrauch durch einfaches mechanisches Pressen in B. und Kunststoff trennen.

13) Aus der Erdöl-Leichtbenzin-Fraktion und ähnlich aufgebauten Kohlenwasserstoffgemischen werden durch Destillation und Raffination neben Motortreibstoffen noch die Spezial- oder Siedegrenzbenzine gewonnen. Die Spezialbenzine sollen keine Verunreinigungen enthalten und ganz bestimmte, möglichst rückstandsfreie Verdunstungseigenschaften, angenehmen Geruch und wasserhelle Farben aufweisen. Testbenzine müssen einen Flammpunkt oberhalb 21 °C besitzen.

  • Die Autoren
Dr. Andrea Acker, Leipzig
Prof. Dr. Heinrich Bremer, Berlin
Prof. Dr. Walter Dannecker, Hamburg
Prof. Dr. Hans-Günther Däßler, Freital
Dr. Claus-Stefan Dreier, Hamburg
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Prof. Dr. Hans-Peter Kleber, Leipzig
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Fachkoordination:
Hans-Dieter Jakubke, Ruth Karcher

Redaktion:
Sabine Bartels, Ruth Karcher, Sonja Nagel


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