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Lexikon der Chemie: Biogas

Biogas, Sumpfgas, Faulgas, Klärgas, bei der Lagerung cellulosehaltiger Abfälle (insbesondere von Stalldung, Gülle, Klärschlamm) in geschlossenen luftdichten Behältern durch bakterielle Zersetzung entstehendes Gasgemisch, das aus 50 bis 75 % Methan, 25 bis 50 % Kohlendioxid, bis zu 1 % Wasserstoff und Schwefelwasserstoff besteht. Der zur Biogasbildung führende natürliche Vorgang ist seit Jahrhunderten bekannt (Helmont 1639). Überall dort, wo organische Substanz unter Luftabschluß gerät, wird sie durch kooperative Wirkung verschiedener Bakterienspezies abgebaut. Acidogene Bakterien hydrolysieren die Biopolymeren in kleinere Bausteine und vergären sie zu Fettsäuren, Essigsäure, Wasserstoff und Kohlendioxid. Acetogene Bakterien bauen die höheren Fettsäuren zu Essigsäure, Wasserstoff und Kohlendioxid ab, und Methanbakterien schließlich wandeln Essigsäure bzw. Kohlendioxid in Methan um; vgl Methangärung (s. Tab. 1).

Biogas. Tab. 1: Biogasbildung aus verschiedenen Ausgangssubstanzen.

organische
Ausgangssubstanz
Gasmenge in l je
kg Trockenmasse
% Methan
Stalldung 250 60
Gülle 200 ... 600 60 ... 75
Hausmüll 200 ... 400 65 ... 70
Klärschlamm 300 ... 400 65 ... 70
Kartoffelkraut 420 60

Diese natürlichen Vorgänge laufen bevorzugt unter Temperaturen von 10 bis 15 °C und 30 bis 35 °C ab. Je nach Zusammensetzung des Gasgemisches beträgt der Heizwert des B. zwischen 18 und 25 MJ/m3.

Biogas. Tab. 2: Erzeugung von Biogas aus Gülle, die in Anlagen der Tierproduktion anfällt.

Tierart Anzahl
der Tiere
Exkre-
mente

l/Tag
Biogas-
menge

m3/Tag
Erzeugbare
Elektro-
energie
kWh
Milchkuh
(500 kg)
1 45 2,1 4,2
Mastrind
(350 kg)
1 31 1,3 2,6
Mastschwein
(70 kg)
10 56 2,0 4,0
Legehennen
(1,7 kg)
100 18 1,3 2,6

In landwirtschaftlichen Großbetrieben (s. Tab. 2) und in Abwasserreinigungsanlagen wird B. in Biogasreaktoren gewonnen. Gülle, organische Abfallstoffe oder Klärschlamm werden in die Anlage gepumpt und unter anaeroben Bedingungen innerhalb von 8 bis 20 Tagen vergoren. Je m3 Reaktorvolumen gewinnt man täglich 0,5 bis 3 m3 B. Bei der wirtschaftlichen Bewertung ist zu berücksichtigen, daß die Biogasanlage selbst einen beachtlichen Eigenbedarf hat, wofür üblicherweise ein Teil des gewonnenen B. direkt zum Einsatz gelangt. Weiterhin ist bei der Bewertung zu beachten, daß B. im allg. territorial nur sehr begrenzt verteilt werden kann. In der Regel wird das B. unmittelbar am Ort zur Wärme- und Elektroenergieerzeugung eingesetzt.

  • Die Autoren
Dr. Andrea Acker, Leipzig
Prof. Dr. Heinrich Bremer, Berlin
Prof. Dr. Walter Dannecker, Hamburg
Prof. Dr. Hans-Günther Däßler, Freital
Dr. Claus-Stefan Dreier, Hamburg
Dr. Ulrich H. Engelhardt, Braunschweig
Dr. Andreas Fath, Heidelberg
Dr. Lutz-Karsten Finze, Großenhain-Weßnitz
Dr. Rudolf Friedemann, Halle
Dr. Sandra Grande, Heidelberg
Prof. Dr. Carola Griehl, Halle
Prof. Dr. Gerhard Gritzner, Linz
Prof. Dr. Helmut Hartung, Halle
Prof. Dr. Peter Hellmold, Halle
Prof. Dr. Günter Hoffmann, Eberswalde
Prof. Dr. Hans-Dieter Jakubke, Leipzig
Prof. Dr. Thomas M. Klapötke, München
Prof. Dr. Hans-Peter Kleber, Leipzig
Prof. Dr. Reinhard Kramolowsky, Hamburg
Dr. Wolf Eberhard Kraus, Dresden
Dr. Günter Kraus, Halle
Prof. Dr. Ulrich Liebscher, Dresden
Dr. Wolfgang Liebscher, Berlin
Dr. Frank Meyberg, Hamburg
Prof. Dr. Peter Nuhn, Halle
Dr. Hartmut Ploss, Hamburg
Dr. Dr. Manfred Pulst, Leipzig
Dr. Anna Schleitzer, Marktschwaben
Prof. Dr. Harald Schmidt, Linz
Dr. Helmut Schmiers, Freiberg
Prof. Dr. Klaus Schulze, Leipzig
Prof. Dr. Rüdiger Stolz, Jena
Prof. Dr. Rudolf Taube, Merseburg
Dr. Ralf Trapp, Wassenaar, NL
Dr. Martina Venschott, Hannover
Prof. Dr. Rainer Vulpius, Freiberg
Prof. Dr. Günther Wagner, Leipzig
Prof. Dr. Manfred Weißenfels, Dresden
Dr. Klaus-Peter Wendlandt, Merseburg
Prof. Dr. Otto Wienhaus, Tharandt

Fachkoordination:
Hans-Dieter Jakubke, Ruth Karcher

Redaktion:
Sabine Bartels, Ruth Karcher, Sonja Nagel


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