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Lexikon der Chemie: Chloralkalielektrolyse

Chloralkalielektrolyse, das wichtigste Verfahren zur großtechnischen Gewinnung von Chlor und Alkalihydroxiden. Die Elektrolyse der gesättigten Kochsalzlösung (Sole), die sehr rein sein muß, läuft nach folgender Grundgleichung ab: 2 NaCl + 2 H2O → 2 NaOH + Cl2 + H2. Dabei entsteht an der Anode Chlor, an der Kathode Wasserstoff und Natronlauge. Da sich das Chlor im Elektrolyten geringfügig löst, ist es notwendig, den Kathodenraum vom Anodenraum zu trennen, um eine Reaktion des Chlors mit der Natronlauge unter Rückbildung von NaCl und von NaOCl (Natriumhypochlorit) möglichst gering zu halten. Je nach Art der Trennung von Anoden- und Kathodenraum unterscheidet man drei Verfahren, das Diaphragmenverfahren und das Quecksilberverfahren (Amalgamverfahren), deren Grundlagen und erste Anwendungen bereits im 19. Jahrhundert entwickelt wurden, sowie das in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts entwickelte Membranverfahren. Ein Problem bei allen Verfahren stellte das geeignete Anodenmaterial dar, da das im schwach sauren Elektrolyten an der Elektrode gebildete Chlor sehr aggressiv ist. Lange Zeit wurde Graphit verwendet. Da sich neben Chlor auch geringe Mengen Sauerstoff an der Anode bilden, kam es zur Reaktion des Sauerstoffes mit dem Graphit und damit zum Verbrauch des Elektrodenmaterials. Beim Quecksilberverfahren wurden die Graphitanoden nachjustiert, um den Spannungsabfall zwischen den Kathoden und Anoden annähernd konstant und klein zu halten. Beim Diaphragmenverfahren mußten die Zellen nach einiger Zeit zerlegt und neu bestückt werden. Ende der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts wurden die dimensionsstabilen Anoden (DSA) entwickelt, die darauf beruhen, daß man die nichtleitende Oxidschicht auf Titan durch Dotieren mit Oxiden aus der Gruppe der Platinmetalle, vorwiegend mit Rutheniumoxid, elektrisch leitend macht. DSA werden heute weitestgehend bei allen drei Verfahren eingesetzt. Sie müssen nach einiger Zeit neu beschichtet werden.

1) Das Diaphragmenverfahren wurde 1884 vom Breuer entwickelt und trennt den Anodenraum vom Kathodenraum mittels eines Diaphragmas, das zwar den Massetransport zuläßt, eine Mischung des Chlors mit der Natronlauge jedoch stark reduziert. Als Diaphragmenmaterial steht Asbest oder mit Fasern aus Fluorkohlenstoffpolymeren modifizierter Asbest im Einsatz. Die Kathoden sind Netze oder perforierte Bleche aus Eisen oder Stahl, die mit dem Diaphragma überzogen sind. Die gesättigte Kochsalzlösung wird in den Anodenraum eingebracht, fließt durch das Diaphragma und verläßt die Zelle nach dem Kathodenraum. Der Elektrolyt enthält neben rund 8-12 % Natronlauge noch etwa 12-18 % Kochsalz. In mehrstufigen Eindampfschritten in Nickelverdampfern wird dann 50 %ige NaOH gewonnen, die noch geringe Restmengen an NaCl enthält, die jedoch durch Fäll- oder Extraktionsschritte entfernt werden können. Das bei der Eindampfung anfallende NaCl wird zur Aufkonzentrierung von Salzlösungen verwendet. Das D. kann daher natürlich vorkommende Salzsolen nach entsprechender Reinigung verarbeiten.

2) Das Quecksilberverfahren (Amalgamverfahren) wurde 1892 unabhängig von Castner und Kellner entwickelt. Beim Quecksilberverfahren wird an einer Quecksilberkathode Natriumamalgam gebildet, während an der Anode Chlor entsteht. Die Kochsalzlösung wird im Kreislauf geführt und extern mit festem Kochsalz wieder aufkonzentriert. Die Bildung von Natriumamalgam ist wegen der hohen Überspannung für die Wasserstoffabscheidung an Quecksilber möglich. Das Natriumamalgam wird aus der Elektrolysezelle abgezogen und in einem weiteren Reaktor (Zersetzer) mit Wasser in Quecksilber, das in die Elektrolysezelle rückgeführt wird, 50 %ige Natronlauge und Wasserstoff zersetzt. Das Quecksilberverfahren unterliegt strengen Auflagen, um Quecksilberemissionen wo weit wie möglich zu verhindern. Es ist die bevorzugte Methode, Kaliumhydroxid herzustellen.

3) Das Membranverfahren wurde durch die Entwicklung von Ionenaustauschmembranen, die den korrosiven Bedingungen einer Chloralkalielektrolyse standhalten, ermöglicht. Diese Membranen, die aus durchfluorierten Carboxylat-Polymeren mit -SO3Hoder -COOH Gruppen bestehen, lassen den Transport von Na+-Ionen vom Anodenraum in den Kathodenraum zu, während der Vermischung der Flüssigkeiten im Kathodenraum (Katholyt) und im Anodenraum (Anolyt) weitestgehend verhindert wird. Als Kathoden werden bevorzugt Nickel oder auch Stahl, manchmal mit aktivierten Oberflächen, als Anoden DSA eingesetzt. Der Anolyt wird im Kreislauf geführt und extern mit Kochsalz aufkonzentriert. Der Katholyt wird getrennt ebenfalls im Kreislauf geführt, wobei ein Teil der gebildeten Natronlauge entnommen und Wasser zugeführt wird. Der Bedarf an elektrischer Energie liegt je nach Verfahren zwischen 2700 und 3600 kWh, der Gesamtenergiebedarf einschließlich der Konzentration auf 50 %ige NaOH zwischen 2700 und 4000 kWh.

  • Die Autoren
Dr. Andrea Acker, Leipzig
Prof. Dr. Heinrich Bremer, Berlin
Prof. Dr. Walter Dannecker, Hamburg
Prof. Dr. Hans-Günther Däßler, Freital
Dr. Claus-Stefan Dreier, Hamburg
Dr. Ulrich H. Engelhardt, Braunschweig
Dr. Andreas Fath, Heidelberg
Dr. Lutz-Karsten Finze, Großenhain-Weßnitz
Dr. Rudolf Friedemann, Halle
Dr. Sandra Grande, Heidelberg
Prof. Dr. Carola Griehl, Halle
Prof. Dr. Gerhard Gritzner, Linz
Prof. Dr. Helmut Hartung, Halle
Prof. Dr. Peter Hellmold, Halle
Prof. Dr. Günter Hoffmann, Eberswalde
Prof. Dr. Hans-Dieter Jakubke, Leipzig
Prof. Dr. Thomas M. Klapötke, München
Prof. Dr. Hans-Peter Kleber, Leipzig
Prof. Dr. Reinhard Kramolowsky, Hamburg
Dr. Wolf Eberhard Kraus, Dresden
Dr. Günter Kraus, Halle
Prof. Dr. Ulrich Liebscher, Dresden
Dr. Wolfgang Liebscher, Berlin
Dr. Frank Meyberg, Hamburg
Prof. Dr. Peter Nuhn, Halle
Dr. Hartmut Ploss, Hamburg
Dr. Dr. Manfred Pulst, Leipzig
Dr. Anna Schleitzer, Marktschwaben
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Dr. Helmut Schmiers, Freiberg
Prof. Dr. Klaus Schulze, Leipzig
Prof. Dr. Rüdiger Stolz, Jena
Prof. Dr. Rudolf Taube, Merseburg
Dr. Ralf Trapp, Wassenaar, NL
Dr. Martina Venschott, Hannover
Prof. Dr. Rainer Vulpius, Freiberg
Prof. Dr. Günther Wagner, Leipzig
Prof. Dr. Manfred Weißenfels, Dresden
Dr. Klaus-Peter Wendlandt, Merseburg
Prof. Dr. Otto Wienhaus, Tharandt

Fachkoordination:
Hans-Dieter Jakubke, Ruth Karcher

Redaktion:
Sabine Bartels, Ruth Karcher, Sonja Nagel


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