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Lexikon der Chemie: Eisen

Eisen, lat. Ferrum, Symbol Fe, chem. Element aus der VIII. Nebengruppe des Periodensystems, der Eisengruppe zugehöriges häufigstes und technisch wichtigstes Schwermetall; Z 26, Massenzahlen der natürlichen Isotope 56 (91,66 %), 54 (5,82 %), 57 (2,19 %), 58 (0,33 %), Atommasse 55,847, Wertigkeit meist II, III, seltener IV, V, VI, 0, -II, Härte nach Mohs 4,5, D. 7,873 g cm-3, F. 1539 °C, Kp. 3070 °C, elektrische Leitfähigkeit 10 Sm/mm2, Standardelektrodenpotential (Fe/Fe2+) -0,4402 V.

Eigenschaften. Reines E. ist ein silberweißes, relativ weiches, durch hohe magnetische Suszeptibilität gekennzeichnetes, recht reaktionsfreudiges Metall, das in drei enantiotropen Modifikationen auftritt. Das bis 928 °C stabile α-Eisen (kubisch-raumzentriert, Gitterkonstante 286,6 pm) verliert bei 770 °C seine ferromagnetischen Eigenschaften, wird paramagnetisch und dann zuweilen auch als β-Eisen bezeichnet. Die weiteren Umwandlungen in kubisch-flächenzentriertes γ-Eisen (Gitterkonstante 364,7 pm) und kubisch-raumzentriertes δ-Eisen (Gitterkonstante 293,2 pm) erfolgen bei 928 bzw. 1398 °C. Die physikalischen und chem. Eigenschaften des E. werden durch Zusatz anderer Elemente stark beeinflußt: So hat kohlenstoffhaltiges E. im Gegensatz zu reinem E. permanenten Magnetismus; der Kohlenstoffgehalt des E. bestimmt die Verarbeitbarkeit, Härte und Sprödigkeit des im technischen Maßstab gewonnenen Metalls (Stahl); seine Eigenschaften werden durch Zusatz von Legierungsmetallen (Edelstahl) sehr wesentlich modifiziert. An trockener Luft und im Sauerstoff- und kohlendioxidfreien Wasser verändert sich E. infolge der Existenz einer zusammenhängenden Oxidschicht nicht. Durch konz. Schwefelsäure und konz. Salpetersäure wird E. passiviert, löst sich dagegen in verd. Säuren unter Wasserstoffentwicklung. Feuchte Luft und kohlendioxidhaltiges Wasser greifen E. unter Bildung von Rost, d. i. Eisen(III)-oxid-Hydrat Fe2O3 ·H2O bzw. FeO(OH), an. Da die dabei entstehende Oxidschicht weich und porös ist, kann der Rostvorgang ungehindert fortschreiten (Korrosion). Konz. Natronlauge greift E. auch unter Luftabschluß an, dieses geht dabei unter Hydroxoferrat(II)-Bildung in Lösung. Feinverteiltes E. (pyrophores E.) entzündet sich leicht an der Luft. In der Hitze reduziert E. heißen Wasserdampf zu Wasserstoff: 3 Fe + 4 H2O → Fe3O4 + 4 H2. Trockenes Chlor greift E. im Unterschied zu feuchtem Chlor bei Raumtemperatur nicht an; bei erhöhter Temperatur erfolgt Reaktion zu Eisen(III)-chlorid FeCl3. Auch mit weiteren Nichtmetallen, wie Phosphor, Silicium, Schwefel und Kohlenstoff, reagiert E. bei erhöhter Temperatur. Eisen- und Stahlarten des täglichen Gebrauchs stellen herstellungsbedingt stets Legierungen des E. mit Anteilen dieser Nichtmetalle sowie des Mangans dar. In seinen Verbindungen tritt E. hauptsächlich in den Oxidationsstufen +II und +III auf. E. ist ein guter Komplexbildner, besondere Bedeutung haben oktaedrische Eisen(II)-Komplexe.

E. ist ein außerordentlich wichtiges Bioelement, das in allen lebenden Zellen auftritt. In der Biosphäre ist es an Elektronenübertragungsreaktionen (Ferredoxine) bei wichtigen Prozessen wie Photosynthese und Luftstickstoffbindung, ferner am Atmungsprozeß (Hämoglobine) beteiligt.

Analytisches. Im klassischen Sulfid-Trennungsgang erscheint E. als schwarzer Niederschlag von Eisen(II)-sulfid FeS aus ammoniakalischer Lösung. Als spezifische und empfindliche Nachweisreaktionen für Eisen(II) und Eisen(III) werden die Bildung des tiefroten Dipyridinkomplexes [Fe dipy3]3+oder tiefroter Eisen(III)-thiocyanat-Komplexe [Fe(NCS)n(H2O)6-n]3-n, ebenfalls in Lösung sowie die Fällung von Berliner Blau aus Fe3+und [Fe(CN)6]4- bzw. Fe2+und [Fe(CN)6]3- herangezogen. Gravimetrisch kann E. über die Fällung als Eisen(III)-hydroxid Fe(OH)3 und Verglühen zu Eisen(III)-oxid Fe2O3 erfaßt werden, während es maßanalytisch auf iodometrischem oder manganometrischem Wege bestimmt wird.

Vorkommen. E. ist am Aufbau der Erdkruste mit 4,7 % beteiligt und hier das meist verbreitete Schwermetall. Da gediegenes E. etwa 90 % des Erdkernes ausmacht, stellt E. das meistverbreitete Element der Erde dar. Darüber hinaus weisen die zahlreichen Eisenmeteorite darauf hin, daß E. im gesamten Sonnensystem häufig vorkommt. Die auf der Erde weit verbreiteten Eisenerzvorkommen sind vor allem oxidischer und sulfidischer Natur. Die wichtigsten und technisch in großem Umfang genutzten Eisenerze sind Magnetit (Magneteisenstein) Fe3O4,, Hämatit (Roteisenstein, Eisenglanz) Fe2O3, Limonit (Brauneisenstein) Fe2O3 ·H2O (FeO(OH)), Siderit (Spateisenstein) FeCO3, und Pyrit (Schwefelkies, Eisenkies) FeS2. E. ist im Boden weit verbreitet, Eisen(III)-oxid und Eisen(III)-oxid-Hydrate verleihen dem Erdboden die charakteristischen roten, braunen oder gelben Farbtönungen.

Als Bioelement spielt E. eine wichtige Rolle in der Biosphäre. Der menschliche Organismus weist etwa 4 bis 5 g E, davon etwa 75 % in Form von Hämoglobin (O2-Transport im Blut) auf. Weitere E.-Metalloproteine sind Myoglobin (O2-Speicherung im Muskel), Transferrin, Ferritin, Katalase, Peroxidase und Cytochrome. Pflanzen enthalten bis 300 ppm E., Eisenmangel kann bei Pflanzen zu Chlorosen führen, die vielfach durch Festlegung des E. im Boden durch Kalküberschuß verursacht werden. Beim Menschen führt Eisenmangel zu Anämie und Störungen des Immunsystems.

Gewinnung. Die großtechnische Gewinnung des E. durch Reduktion oxidischer Eisenerze mit Koks im Hochofen (Roheisenerzeugung) führt zu Roheisen, das durch einen Kohlenstoffgehalt von etwa 4 % gekennzeichnet ist und zu Stahl (< 1,7 % C) weiterverarbeitet wird (Stahlerzeugung). Auch chemisch reines E. wird gegenwärtig, wenn auch in wesentlich geringerem Umfang, im technischen Maßstab erzeugt, und zwar durch Vakuumbehandlung von Stahl, durch thermische Zersetzung von Eisenpentacarbonyl, durch Reduktion von Eisen(III)-chlorid mit Wasserstoff oder durch kathodische Abscheidung aus wäßriger Lösung unter Verwendung von Weicheisenanoden und Ammoniumeisenoxalat- oder Eisen(II)-chlorid-Elektrolyten. E. sehr hoher Reinheit wird durch Zonenschmelzen aus Elektrolyt- oder Carbonyleisen gewonnen.

Verwendung. Als technisch wichtigstes Gebrauchsmetall wird E. in großem Umfang in Legierungsform (Stahl) eingesetzt. Reines E. wird in der Pulvermetallurgie und Magnettechnik (als Magnetkern) verwendet.

  • Die Autoren
Dr. Andrea Acker, Leipzig
Prof. Dr. Heinrich Bremer, Berlin
Prof. Dr. Walter Dannecker, Hamburg
Prof. Dr. Hans-Günther Däßler, Freital
Dr. Claus-Stefan Dreier, Hamburg
Dr. Ulrich H. Engelhardt, Braunschweig
Dr. Andreas Fath, Heidelberg
Dr. Lutz-Karsten Finze, Großenhain-Weßnitz
Dr. Rudolf Friedemann, Halle
Dr. Sandra Grande, Heidelberg
Prof. Dr. Carola Griehl, Halle
Prof. Dr. Gerhard Gritzner, Linz
Prof. Dr. Helmut Hartung, Halle
Prof. Dr. Peter Hellmold, Halle
Prof. Dr. Günter Hoffmann, Eberswalde
Prof. Dr. Hans-Dieter Jakubke, Leipzig
Prof. Dr. Thomas M. Klapötke, München
Prof. Dr. Hans-Peter Kleber, Leipzig
Prof. Dr. Reinhard Kramolowsky, Hamburg
Dr. Wolf Eberhard Kraus, Dresden
Dr. Günter Kraus, Halle
Prof. Dr. Ulrich Liebscher, Dresden
Dr. Wolfgang Liebscher, Berlin
Dr. Frank Meyberg, Hamburg
Prof. Dr. Peter Nuhn, Halle
Dr. Hartmut Ploss, Hamburg
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Dr. Helmut Schmiers, Freiberg
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Prof. Dr. Rüdiger Stolz, Jena
Prof. Dr. Rudolf Taube, Merseburg
Dr. Ralf Trapp, Wassenaar, NL
Dr. Martina Venschott, Hannover
Prof. Dr. Rainer Vulpius, Freiberg
Prof. Dr. Günther Wagner, Leipzig
Prof. Dr. Manfred Weißenfels, Dresden
Dr. Klaus-Peter Wendlandt, Merseburg
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Fachkoordination:
Hans-Dieter Jakubke, Ruth Karcher

Redaktion:
Sabine Bartels, Ruth Karcher, Sonja Nagel


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