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Lexikon der Chemie: Ethanol

Ethanol, Ethylalkohol, Weingeist, oft kurz als Alkohol bezeichnet, CH3-CH2-OH, der bekannteste einfache Alkohol, eine farblose, würzig riechende, brennend schmeckende Flüssigkeit; F. -114,5 °C, Kp. 78,3 °C, nD20 1,3614. E. ist brennbar und leicht entflammbar. Mit Wasser, Ether, Benzol und Benzinen ist E. in jedem Verhältnis mischbar. Beim Vermischen mit Wasser tritt unter Erwärmung Volumenkontraktion ein. Mit Wasser bildet E. azeotrope Gemische. So läßt sich z. B. ein Gemisch von 95,6 % E. und 4,4 % Wasser durch fraktionierte Destillation nicht weiter trennen. Absolut wasserfreies E. wird deshalb im Labor durch Destillation über Calciumoxid und anschließende weitere Trocknung mit Calcium, Natrium oder Natriummethylat hergestellt.

Gewinnung. E. wird seit ältesten Zeiten durch alkoholische Gärung aus Kohlenhydraten gewonnen. Sie wird heute gewerblich und technisch zur Erzeugung alkoholischer Getränke wie Bier, Wein, Branntwein oder anderen Destillaten, sowie zur Darstellung von E. als Lösungsmittel oder Ausgangsstoff für organische Synthesen (Alkohole) durchgeführt. Neben Früchten werden Stärke (aus Kartoffeln oder verschiedenen Getreidearten), Melasse und Zuckerrohr eingesetzt.

Für gewerbliche und technische Zwecke wird auch die Synthese aus Ethen durch Hydratisierung bei hohen Drücken und Temperaturen und unter Verwendung von Katalysatoren genutzt.

Allg. und physiologische Eigenschaften. E. ist sehr reaktionsfähig. Oxidation führt zu Acetaldehyd oder Essigsäure, Dehydratisierung zu Ethen oder Diethylether. Mit Carbonsäuren oder Mineralsäuren und ihren Derivaten entstehen Ester, mit Aldehyden und Ketonen erhält man Acetale bzw. Ketale. Zur analytischen Charakterisierung dient der 4-Nitrobenzoesäureester (F. 57 °C) und der 3,5-Dinitrobenzoesäureester (F. 94 °C). E. gibt mit Kalilauge und Iod die Liebensche Iodoformprobe.

Als Genußmittel wirkt Ethanol in geringen Dosen anregend, in größerer Konzentration jedoch enthemmend und toxisch. Auch eingeatmete Dämpfe können Organschäden hervorrufen. Außer von den Schleimhäuten wird E. auch von der Haut resorbiert. Anorganische und organische Giftstoffe sowie Medikamente setzen die Alkoholtoleranz herab bzw. Alkoholgenuß steigert die Empfindlichkeit gegen solche Stoffe. Symptome der akuten Alkoholvergiftung sind zunächst Erregung, Reflexsteigerung und erhöhter Bewegungsdrang, später Lähmung motorischer Zentren, Ermüdung, Muskelerschlaffung, Erschwerung der Sprache, Unsicherheit der Bewegung, in schweren Fällen Narkose. Der akute Alkoholtod tritt durch Lähmung des Atemzentrums ein. Die tödliche Konzentration im Blut liegt bei etwa 5 ‰, das entspricht einer Alkoholmenge von 250 g. Bei tiefen Außentemperaturen besteht auch die Gefahr des Erfrierens, da durch die stark erweiterten Hautgefäße Wärme abgegeben wird und Körpertemperaturen von unter 30 °C zustande kommen. Die chronische Alkoholvergiftung (Alkoholismus) ist gekennzeichnet durch Magen-Darmkanal-Reizungen mit verminderter Nahrungsaufnahme, Verdauungsstörungen, Leber- und Herzmuskelschädigungen sowie Störungen des Zentralnervensystems. Besondere Krankheitsbilder sind z. B. Alkoholhalluzinose oder Delirium tremens. Im Körper wird Ethanol hauptsächlich durch Oxidation zu Kohlendioxid und Wasser abgebaut. Ein Teil wird auch zu Acetaldehyd oxidiert bzw. unverändert durch die Atmung oder über den Harnweg ausgeschieden.
Steigender Alkoholverbrauch und Alkoholmißbrauch bedingen verstärkte Kontrollen im öffentlichen Straßenverkehr (Atemalkoholprüfung und Blutalkoholbestimmung).

Verwendung. Neben den alkoholischen Getränken spielt E. als Lösungsmittel eine bedeutende Rolle, z. B. in der Parfümerie, als Ausgangsstoff für die Synthesechemie (Alkohole) oder in geringerem Umfang als Brennstoff zur Wärmeerzeugung (Brennspiritus).

  • Die Autoren
Dr. Andrea Acker, Leipzig
Prof. Dr. Heinrich Bremer, Berlin
Prof. Dr. Walter Dannecker, Hamburg
Prof. Dr. Hans-Günther Däßler, Freital
Dr. Claus-Stefan Dreier, Hamburg
Dr. Ulrich H. Engelhardt, Braunschweig
Dr. Andreas Fath, Heidelberg
Dr. Lutz-Karsten Finze, Großenhain-Weßnitz
Dr. Rudolf Friedemann, Halle
Dr. Sandra Grande, Heidelberg
Prof. Dr. Carola Griehl, Halle
Prof. Dr. Gerhard Gritzner, Linz
Prof. Dr. Helmut Hartung, Halle
Prof. Dr. Peter Hellmold, Halle
Prof. Dr. Günter Hoffmann, Eberswalde
Prof. Dr. Hans-Dieter Jakubke, Leipzig
Prof. Dr. Thomas M. Klapötke, München
Prof. Dr. Hans-Peter Kleber, Leipzig
Prof. Dr. Reinhard Kramolowsky, Hamburg
Dr. Wolf Eberhard Kraus, Dresden
Dr. Günter Kraus, Halle
Prof. Dr. Ulrich Liebscher, Dresden
Dr. Wolfgang Liebscher, Berlin
Dr. Frank Meyberg, Hamburg
Prof. Dr. Peter Nuhn, Halle
Dr. Hartmut Ploss, Hamburg
Dr. Dr. Manfred Pulst, Leipzig
Dr. Anna Schleitzer, Marktschwaben
Prof. Dr. Harald Schmidt, Linz
Dr. Helmut Schmiers, Freiberg
Prof. Dr. Klaus Schulze, Leipzig
Prof. Dr. Rüdiger Stolz, Jena
Prof. Dr. Rudolf Taube, Merseburg
Dr. Ralf Trapp, Wassenaar, NL
Dr. Martina Venschott, Hannover
Prof. Dr. Rainer Vulpius, Freiberg
Prof. Dr. Günther Wagner, Leipzig
Prof. Dr. Manfred Weißenfels, Dresden
Dr. Klaus-Peter Wendlandt, Merseburg
Prof. Dr. Otto Wienhaus, Tharandt

Fachkoordination:
Hans-Dieter Jakubke, Ruth Karcher

Redaktion:
Sabine Bartels, Ruth Karcher, Sonja Nagel


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