Lexikon der Chemie: Gerbstoffe
Gerbstoffe, Substanzen, mit deren Hilfe tierische Häute in Leder oder Felle in Pelze umgewandeln werden. Man unterscheidet zwischen pflanzlichen, mineralischen (anorganischen) und synthetischen organischen G.
Pflanzliche G. (Tannine) sind Polyhydroxyphenole, die in Wasser, Alkohol und Aceton löslich sind. Sie sind stark adstringierend und bilden mit Eiweißen oder Alkaloiden wasserunlösliche Niederschläge; sie geben mit Eisen(III)-Ionen blau oder grün gefärbte Komplexe. Sie sind in einigen Pflanzenteilen angereichert und wurden bzw. werden aus diesen durch Extraktion gewonnen (Fichtenrinde: 9 %, Eichenrinde: 13 %, Kastanienholz: 10 %, Quebracho-Kernholz: 20 %, Mangroven-Rinde: 15-42 %, Sumach-Blätter: 26-30 %). Durch Kochen mit verdünnten Mineralsäuren gehen die hydrolisierbaren Gerbstoffe (Gallotannine, Ellagitannine) in Lösung; die nichthydrolysierbaren G. bilden dabei einen rötlich-braunen Niederschlag (Phlobaphene).
Zu den mineralischen, anorganischen G. zählen Aluminiumsulfat (Alaungerbung, "Weißgerbung") und Chromalaun (KCr (SO4)2 ·12 H2O) bzw. Chrom(III)-sulfat ("Chromgerbung", "Chromleder").
Zu den synthetischen organischen G. gehören die sog. Syntane bzw. Neradole. Das sind Kondensationsprodukte zwischen Phenol- und Naphthalinsulfonsäuren mit Formaldehyd.
Die pflanzlichen (natürlichen) G. haben gegenüber den mineralischen und synthetischen organischen G. folgende Nachteile:
- schwankende Zusammensetzung
- schwer einstellbare konstante Eigenschaften der Gerblösungen und damit auch des Leders
- geringe Lichtechtheit heller Ledersorten
- Empfindlichkeit gegen Schwermetall-Ionen (z. B. Blaufärbung durch Eisen-Ionen "Eisen-Gallus-Reaktion")
Von Vorteil ist die hohe Dimensionsstabilität der mit pflanzlichen G. hergestellten Ledersorten.
Gewöhnlich werden die natürlichen G. mit Wasser aus dem pflanzlichen Material extrahiert. Die extrahierte Menge an Gerbstoffen, Phlobaphenen und Phenolsäuren läßt sich aber durch eine sulfitierende Extraktion – unter Zusatz von Na2SO3 bzw. NaHSO3-Lösungen – oder durch eine alkalische Extraktion unter Zusatz von NH4OH- bzw. NaOH-Lösungen erheblich steigern (Extraktstoffausbeuten aus Koniferenrinden: 20-50 %).
Die pflanzlichen G. werden neben dem Gerben von Häuten und Fellen auch für die Erzeugung von Tannin-Formaldehyd-Harzen (z. B. für die Holzverleimung), als Zusatzstoffe für Bohrflüssigkeiten, zur Verhinderung von Kesselsteinbildung in Dampferzeugern, in der Pharmazie zur Therapie bei Haut-
erkrankungen u. a. eingesetzt.
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