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Lexikon der Chemie: Harnstoff

Harnstoff, Carbamid, Kohlensäurediamid, Carbamidsäureamid, H2N-CO-NH2, prismenförmige, farb- und geruchlose Kristalle; F. 132,7 °C. H. ist in Wasser und Ethanol löslich, in Ether und Chloroform unlöslich. Wäßrige Harnstofflösungen reagieren neutral. H. bildet mit einigen Säuren z. T. schwer lösliche Salze, z. B. Harnstoffnitrat und -oxalat. Diese Reaktionen dienen auch zum qualitativen Nachweis von H. Mit vielen Substanzen, z. B. Alkanen mit mehr als 5 C-Atomen oder auch substituierten Alkanen, bildet H. Kristallgitter-Einschlußverbindungen. Beim Erhitzen wäßriger Harnstofflösungen entsteht Ammoniumcarbonat, in Gegenwart von Säuren oder Laugen wird H. hydrolytisch in Ammoniak und Kohlendioxid gespalten. Durch bestimmte Enzyme kann diese Spaltung auch unter physiologischen Bedingungen ablaufen. Durch langsames Erhitzen über den Schmelzpunkt wird H. in Biuret umgewandelt. Durch Einwirkung von Alkoholen auf H. entstehen Urethane, Umsetzungen mit Carbonsäurederivaten führen zu Ureiden und aus Hydrazin und H. entstehen Semicarbazide.

H. ist das wichtigste Endprodukt des Eiweißstoffwechsels des menschlichen und tierischen Organismus und wird im Harn ausgeschieden. Ein erwachsener Mensch sondert täglich 29 bis 30 g H. ab. Im Pflanzenreich kommt er nur in geringen Mengen in einigen höheren Pflanzen und in Pilzen vor.

Synthetisch kann H. aus Cyanamid und Wasser hergestellt werden: H2N-C≡N + H2O → O=C(NH2)2. Weiterhin kann H. aus Ammoniak und Kohlensäureestern bzw. Phosgen sowie aus Ammoniumisocyanat synthetisiert werden. Technisch wird H. aus Ammoniak und Kohlendioxid unter Druck (10 bis 20 MPa) und bei 150 bis 200 °C über Ammoniumcarbamat hergestellt:

2 NH3 + CO2

H2N-CO-O- NH4+RH = -126 kJ/ mol)

H2N-CO-NH2 + H2O (ΔRH = +33 kJ/mol).

Über 85 % des in der Welt hergestellten H. wird als hochwertiger Stickstoffdünger verwendet. In steigendem Maße wird H. als Eiweißfuttermittel für Wiederkäuer sowie für die Herstellung von Harnstoff-Formaldehyd-Harzen eingesetzt. Darüber hinaus wird H. als Zwischenprodukt für die Herstellung von Arzneimitteln, Farbstoffen, Leimen, Kosmetika, Textilhilfsmitteln, Herbiziden (Harnstoffherbizide) und als Stabilisator verwendet.

  • Die Autoren
Dr. Andrea Acker, Leipzig
Prof. Dr. Heinrich Bremer, Berlin
Prof. Dr. Walter Dannecker, Hamburg
Prof. Dr. Hans-Günther Däßler, Freital
Dr. Claus-Stefan Dreier, Hamburg
Dr. Ulrich H. Engelhardt, Braunschweig
Dr. Andreas Fath, Heidelberg
Dr. Lutz-Karsten Finze, Großenhain-Weßnitz
Dr. Rudolf Friedemann, Halle
Dr. Sandra Grande, Heidelberg
Prof. Dr. Carola Griehl, Halle
Prof. Dr. Gerhard Gritzner, Linz
Prof. Dr. Helmut Hartung, Halle
Prof. Dr. Peter Hellmold, Halle
Prof. Dr. Günter Hoffmann, Eberswalde
Prof. Dr. Hans-Dieter Jakubke, Leipzig
Prof. Dr. Thomas M. Klapötke, München
Prof. Dr. Hans-Peter Kleber, Leipzig
Prof. Dr. Reinhard Kramolowsky, Hamburg
Dr. Wolf Eberhard Kraus, Dresden
Dr. Günter Kraus, Halle
Prof. Dr. Ulrich Liebscher, Dresden
Dr. Wolfgang Liebscher, Berlin
Dr. Frank Meyberg, Hamburg
Prof. Dr. Peter Nuhn, Halle
Dr. Hartmut Ploss, Hamburg
Dr. Dr. Manfred Pulst, Leipzig
Dr. Anna Schleitzer, Marktschwaben
Prof. Dr. Harald Schmidt, Linz
Dr. Helmut Schmiers, Freiberg
Prof. Dr. Klaus Schulze, Leipzig
Prof. Dr. Rüdiger Stolz, Jena
Prof. Dr. Rudolf Taube, Merseburg
Dr. Ralf Trapp, Wassenaar, NL
Dr. Martina Venschott, Hannover
Prof. Dr. Rainer Vulpius, Freiberg
Prof. Dr. Günther Wagner, Leipzig
Prof. Dr. Manfred Weißenfels, Dresden
Dr. Klaus-Peter Wendlandt, Merseburg
Prof. Dr. Otto Wienhaus, Tharandt

Fachkoordination:
Hans-Dieter Jakubke, Ruth Karcher

Redaktion:
Sabine Bartels, Ruth Karcher, Sonja Nagel


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