Lexikon der Chemie: Heterocyclen
Heterocyclen, ringförmige Kohlenstoffverbindungen, die im Ringsystem neben C-Atomen andere Atome (Heteroatome), vorrangig N-, O- und S-Atome enthalten. H. unterscheiden sich hinsichtlich der Ringgröße, der Anzahl und Kombination der Heteroatome, des Charakters der Anellierung von Ringen und der Bindungsverhältnisse in den Ringen.
Nach der Ringgröße unterscheidet man Dreiring-, Vierring-, Fünfring-, Sechsring- und Siebenringheterocyclen. Daneben gibt es auch größere Ringe und macrocyclische H., z. B. Kronenether, Phthalocyanine und Porphyrine. Die weitaus größte Verbreitung und Bedeutung in Synthese- und Naturstoffchemie haben Fünfring- und Sechsringheterocyclen. Hinsichtlich der Anzahl und der Kombination der Heteroatome, bei denen in zunehmendem Maße weitere Elemente der 5. und 6. Hauptgruppe, wie Phosphor, Arsen, Selen und Tellur, aber auch Elemente anderer Hauptgruppen, z. B. Silicium und Bor, erschlossen werden, gibt es nahezu unbeschränkte Möglichkeiten der Syntheseplanung. Grenzen liegen bei den bisher erschlossenen Synthesemethoden, der Stabilität der H. in Abhängigkeit von der Ringgröße und den Bindungsverhältnissen. Neben einfachen heterocyclischen Systemen (monocyclische H.) gibt es arenanellierte und heterocyclisch anellierte oder kondensierte H. So leiten sich z. B. vom Pyrrol die benzkondensierten Ringsysteme Indol (ein Benzolkern) und Carbazol (zwei Benzolkerne) oder durch Kombination von Imidazol mit Pyrimidin das heterocyclisch kondensierte Ringsystem Purin ab. Neben der Verwendung von durch die IUPAC zugelassenen oder empfohlenen Trivialnamen spielt gerade die nomenklaturgerechte Benennung und Bezifferung komplizierter heterocyclischer Systeme, die aus zwei, drei oder mehreren carbo- oder heterocyclischen Ringen bestehen, eine große Rolle (Nomenklatur, Abschn. C VI). Schließlich unterscheidet man in Analogie zu carbocyclischen Verbindungen gesättigte H., ungesättigte H. und aromatische H. (Heteroaromaten). Letztere sind im Bereich der Fünfring- und Sechsringheterocyclen anzutreffen. Sie sind durch ein π-Elektronensextett stabilisiert und weisen eine hohe Bildungstendenz auf. Daher konnten zahlreiche Synthesen entwickelt werden. Aufgrund des besonderen Reaktionsvermögens unterscheidet man π-Mangel-Heterocyclen und π-Überschuß-Heterocyclen.
Von den H. leiten sich zahlreiche wichtige Naturstoffe ab, z. B. Alkaloide, Vitamine, Coenzyme, Nucleinsäuren, Kohlenhydrate, Naturfarbstoffe und einige Aminosäuren. Außerdem sind H. Bausteine von Pharmaka, synthetischen Farbstoffen und Pestiziden.
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